Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
hatte überrumpeln lassen. Und er hoffte verzweifelt darauf, dass es Fi, Amabilia und möglichst vielen Hexen gelungen war, den Magiern zu entkommen. Immerhin, das taube Gefühl, das ihn nach der Löschung des Brückenbrandes befallen hatte, war vollständig vergangen. Jetzt brauchte er nur noch auf die richtige Gelegenheit zum Zuschlagen zu warten. Unglücklicherweise hatten sich rechts und links der Zimmertür die beiden muskulösen Trolle aus dem Luftschiff aufgebaut, seine Hände waren gefesselt, sein Zauberstab war fort und vor ihm saß einer der mächtigsten Zauberer des Kontinents.
»Und, Junge, beschäftigst du dich noch immer mit Fluchtgedanken?« Aureus von Falkenhain sah unerwartet von einem Pergament auf und musterte ihn eindringlich. »Ich will endlich wissen, was mit Magister Eulertin geschehen ist«, platzte es wütend aus Kai heraus.
Die Augen des Stadtmagisters verengten sich. Er beschrieb eine Zaubergeste, und wie schon bei seiner Gefangennahme hatte Kai das Gefühl, als würde sich eine unsichtbare Würgeschlange um seinen Körper pressen. Pfeifend wurde die Luft aus seinen Lungen gedrückt.
»Ich habe es dir schon einmal gesagt, Junge. Respektlosigkeit dulde ich nicht!« Der Erzmagus ließ den Zauber von Kai abfallen und nickte ihm mit falscher Freundlichkeit zu. »Ich schlage vor, wir versuchen es noch einmal.«
Kai rang verzweifelt nach Luft. Er musste sich seine Worte diesmal besser überlegen, obwohl er sich nur schwer beherrschen konnte. »Ich würde gern wissen, was mit Magister Eulertin geschehen ist, Erzmagus.«
»Ah, geht doch.« Seine Magnifizenz fuhr sich zufrieden über den Vollbart und ließ sich mit der Antwort Zeit. »All diese aufmüpfigen Doktoren und Magister, die diesem Hermetischen Orden von den vier Elementen angehörten, wurden ihrer verdienten Strafe zugeführt. Wir haben sie versteinert!«
Entsetzt riss Kai die Augen auf.
»Du kennst das ja sicherlich«, fuhr von Falkenhain ruhig fort. »Dein geschätzter Magister Eulertin verfuhr damals bei Morbus Finsterkrähe auf die gleiche Weise. So bestrafen wir Magier alle Abtrünnigen, Verräter und Schattenverschwörer. Was Eulertin selbst angeht, nun, sagen wir es so: So klein er auch ist, lebend nützt er uns derzeit mehr. Für ihn haben wir ein anderes Schicksal vorgesehen. Allerdings befürchte ich, dass auch er dabei sein winziges Leben verlieren wird.«
Kai biss wütend die Zähne zusammen. Hauptsache, Magister Eulertin lebte noch. Doch bei dem Gedanken an das Schicksal der anderen Magier wurde ihm flau zumute. »Die Kollegen werden uns natürlich bei unserem Kampf gegen Morgoya fehlen«, fuhr der Erzmagus mit leisem Bedauern fort, »doch leider waren mir die Hände gebunden. Die Verbündeten benötigen eine strenge Hand, die sie führt. Lasse ich Verstöße gegen die bestehende Ordnung zu, ist dies bereits der erste Schritt, um uns alle in die Finsternis zu treiben.«
»Bei allen Moorgeistern, wovon sprecht Ihr, Erzmagus?«, presste Kai ungläubig hervor. Vergeblich zerrte er an seinen Fesseln. »Da draußen überrennen die Heerscharen Morgoyas den Kontinent. Ihr solltet lieber versuchen, so viele Verbündete wie möglich um Euch zu scharen, statt sie kaltblütig umzubringen.«
Wider Erwarten verzichtete von Falkenhain darauf, Kai für seine Anmaßung zu bestrafen. Stattdessen sah er ihn mitleidig an. »Aus deinen Worten sprechen der Schmerz und die Unbekümmertheit der Jugend. Du hältst mich für einen Unmenschen? Nun, das ist dein gutes Recht. Doch wisse, auch ich habe Frau und Kinder, die ich nur ungern in einer Welt aufwachsen sähe, über die die Nebelkönigin von Albion herrscht. Ich will dir deine Beleidigung also noch einmal nachsehen. Aber ich verspreche dir, es war das letzte Mal.«
Der Stadtmagister grub zwischen den Papieren nach einem schmalen Buch und wechselte das Thema. »Wir beide haben heute noch viel zu tun, daher bitte ich dich um deine Mitarbeit. Wie uns von vielen Seiten berichtet wurde, pflegst du Umgang mit einer Elfe. Sie hat hier in Colona großes Aufsehen erregt. Weilt diese noch in der Stadt?«
Das konnte nur eines bedeuten: Fi war entkommen.
Um sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen, blickte Kai kurz hinüber zu den beiden Trollen an der Tür. Beide waren so groß, dass sie ihre Köpfe einziehen mussten, um nicht gegen die Decke zu stoßen. Ihre muskulösen Arme ruhten auf mächtigen Äxten und ihr Blick war irgendwie hoffnungslos. Ihm fiel auf, dass die beiden Hünen
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