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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Er erwiderte Hadros’ Blick und nickte unmerklich. Der Engel ging fort von ihm, aber sie verloren sich nicht. Sie hatten einander angesehen, und sie waren ein Teil voneinander geworden, für immer.
    Das Lächeln auf Hadros’ Lippen war frei, als er nun den Kopf in den Nacken legte. Der Wind stob von den Bergen hinab, ergriff seinen Körper und den seiner Frau und wühlte das Bild in flirrenden Farben auf, die heller wurden – so hell, dass Nando geblendet die Hand vor Augen heben musste. Aber er hörte das Lachen des Engelskriegers, laut und durchdringend nahm es jeden Schmerz mit sich, und als das Bild mit dem Schrei eines Falken zerbarst, fielen die Splitter wie Sternfunken auf das Wasser des Sees nieder.
    Erst als das Lied der Mönche verklungen war, erloschen sie. Nur ein einzelner Funken glomm noch einmal auf, im letzten Augenblick, ehe er die Wasseroberfläche erreichte. Er färbte ihr Gold mit einem glühenden Schimmer und traf jeden Einzelnen am Ufer wie eine zärtliche Berührung an der Stirn. Es war wie ein Segen, den Hadros über sie legte, und Nando spürte noch einmal mit aller Kraft den Glauben dieses Kriegers an das Licht, das er ihnen schenkte und das auch in ihnen lag, stark und unzerstörbar, solange sie nicht verlernten, seiner Stimme zuzuhören. Wie verzaubert fuhr er sich an die Stirn und sah zu, wie der Funke in den Fluten versank.
    Dann wurde es finster. Doch Nando spürte den Schimmer noch, als er längst mit den anderen den Weg hinauf zur letzten Schlacht angetreten hatte, jener Schlacht, in der er zurückerlangen würde, was ihm gehörte. Denn dieser Schimmer war friedlich, golden und warm – warm wie das Licht der Sonne.

41
    Die Stille roch nach Rauch und schwarzem Blut. Sie hatte jede Nische des Klosters angefüllt und war durch die Mauern abwärtsgekrochen, bis tief hinein in die Kammern des einstigen Magistrats. Nur schwach drang der Duft von Wein durch den Gestank, und Avartos konnte sie fühlen: die dunkle, klebrige Grausamkeit, die danach trachtete, jede Erinnerung an früheres Leben in diesem Gemäuer auszulöschen.
    Gemessenen Schrittes folgte er Carmenya durch die Gänge. Die Brüder des Lichts hinter ihnen verursachten keinerlei Geräusch. Sie hatten sich dazu entschieden, Hadros’ Weg auch nach dessen Tod weiterzugehen und dem Sohn des Teufels in dieser Schlacht beizustehen. Nur einige wenige hatten das Kloster bereits verlassen und sich zu anderen Orten des Lichts aufgemacht. Sie würden Nando und seine Gefährten nicht verraten, doch sie wollten auch nicht an seiner Seite stehen. Dafür waren sie zu lange den Weg der Kälte gegangen.
    Erst als sie in den oberen Bereich des Klosters kamen, hörte Avartos ein Atemholen hinter sich. Nando und Noemi hatten sich erfolgreich bemüht, ebenso lautlos zu schleichen wie die Engel, doch bei dem Anblick, der sich ihnen nun bot, hielten sie kurz inne. Die Wände wurden wie zu Askramars Zeiten von blutroter Glut durchzogen, und die Leiber unzähliger Dämonen standen vor ihnen. Hadros’ Zauber hatte eine Eisschicht über sie gelegt, aber Avartos fühlte die Glut der Schatten, die in ihnen schwelte, und wusste nur zu gut, dass sie keinesfalls besiegt waren. Sie warteten nur darauf, dass ihre Herrin den Bann des Lichts von ihnen nehmen würde. Er wandte sich zu Nando und Noemi um.
    Vorsicht , raunte er in Gedanken. Kymbra wurde geschwächt, aber ihre Kraft ist noch immer gewaltig, und sie steckt in jedem dieser verfluchten Krieger, deren schiere Masse jedem stehenden Heer der Engel gefährlich werden könnte. Sie gieren nach dem Leben, das in uns steckt, denn darin liegt der Schlüssel zu ihrer Befreiung. Eine einzige Berührung durch uns genügt, um den Bann von ihnen zu nehmen und die gesamte Mission an den Rand des Abgrunds zu führen.
    Er schwieg, als Kaya auf Nandos Schulter die Hände um ihren Leib zog, als befürchtete sie, im Reflex gegen eine entstellte Fratze zu schlagen. Er konnte es ihr nicht verdenken. Am liebsten hätte er die Dämonen kurz und klein geschlagen. Doch er riss sich zusammen. Ohnehin war ihr Plan waghalsig. Sie mussten schnell sein und so rasch wie möglich wieder verschwinden. Nando erwiderte seinen Blick, kalte Entschlossenheit stand in seinen Augen. Der Sohn der Hölle war gekommen, um der Finsternis das Schwert aus den Klauen zu reißen, das nie das ihre gewesen war – und nichts anderes würde er tun.
    Sie setzten ihren Weg fort und erreichten den Hauptsaal. Er hatte sich in ein düsteres

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