Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
Mond strahlte hell vom wolkenlosen Himmel und tauchte alles in ein sanftes Licht.
»Worüber wolltet Ihr mit mir sprechen, Majestät?«, fragte der Paladin neugierig.
»Darüber, wer Ihr wirklich seid«, sagte König Jorgan ruhig.
»Wer ich bin?« Tharador schaute ihn verwirrt an.
Höfische Ränke
Khalldeg und Faeron blieben einige Schritt hinter den beiden zurück, doch der Elf verstand jedes Wort so deutlich, als würde er direkt neben Tharador gehen. Was er hörte, überraschte ihn allerdings.
»Ich hege eine Vermutung und bitte Euch, mir eine ehrliche Antwort zu geben«, hörte er König Jorgan sagen.
»Ich habe nichts vor Euch zu verbergen«, war Tharadors offene Antwort.
Jorgan sah ihm lange prüfend in die Augen. »Ja, diese Antwort hatte ich erwartet«, überlegte er schließlich laut und blickte wieder vor sich auf den Weg. »Sagt mir, seid Ihr Throndimars Nachfahre?«
Die Frage traf Tharador wie ein Blitz.
Woher wusste der König Bescheid? Und was viel wichtiger war, wie viele Leute wussten sonst noch davon?
»Ihr müsst nicht antworten«, sagte König Jorgan sanft, »ich konnte es in Euren Augen sehen.«
»Aber woher wisst Ihr von Throndimar?«, fragte Tharador verblüfft.
Der König lächelte freundlich: »Folgt mir, ich werde es Euch zeigen.« Der König geleitete sie alle in einen Teil des Palastes, den sie zuvor noch nicht betreten hatten. »Hier stehen die heiligsten Statuen des Landes«, versicherte der König seinen Gästen.
Tharador erstarrte und legte dem König unabsichtlich die Hand auf die Schulter, als er erkannte, was ihm gezeigt wurde. In der Mitte eines kleinen Raumes, der zweifellos die private Kapelle des Königs darstellte, stand die goldene Statue eines Mannes. Er hielt ein langes Schwert, dessen Klinge sich in der Mitte verjüngte und zur Spitze hin wieder verbreiterte, senkrecht empor und hatte den Kopf in Richtung Tür gewandt. Es schien ganz so, als würde er jeden der die Kapelle betrat, ansehen und über ihn befinden.
Tharador allerdings hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu blicken. Vor ihm stand die Statue des Kriegers, den er bereits in seinen Träumen gesehen hatte. Die Statue des Kriegers, von dem ihm Gordan erzählt hatte.
»Throndimar«, sagte der Paladin mit zitternder Stimme.
König Jorgan berührte beruhigend Tharadors Hand, die sich noch immer an der Schulter des Königs festhielt. »Throndimar hatte den Norden unter der Flagge vereint, die man auf unseren Schiffen und allen Türmen heute noch wieder findet. Throndimar besiegte das Dunkel und führte uns in eine bessere Zukunft. Doch er verschwand eines Tages, und niemand wusste wohin. Als er schließlich nach zehn Jahren noch nicht zurückgekehrt war, bestieg der ranghöchste Offizier den Thron. Das war einer meiner Vorfahren. Doch wir wussten, dass wir nur bis zu dem Tag regieren würden, an dem der rechtmäßige Herrscher zurückkehren würde. Mit der Zeit aber zerbrach das einst blühende Reich in das, was heute davon übrig ist: ein Haufen kleiner Ländereien, die sich gegenseitig bekämpfen. Berenth ist das größte der verbliebenen Reiche. Ihr seid ein Nachkomme Throndimars und habt Anspruch auf den Thron dieses Landes, so wie auf alle Reiche hier im Norden.«
Tharador wusste nicht, was er sagen sollte. Wieso erzählte der König ihm das alles? Es wäre so viel einfacher gewesen, es zu verschweigen und alles so zu belassen wie bisher. Nun wurde alles nur noch komplizierter.
König Jorgan sprach weiter und riss den Paladin wieder aus seinen Gedanken. »Ich wusste sofort, dass Ihr der Nachfahre Throndimars seid, als ich Euch auf meinen Thron zukommen sah. Ihr strahlt dieselbe Erhabenheit aus, wie es über ihn geschrieben steht, Ihr seid der wahre König Berenths. Übernehmt Euer Erbe, jedoch bitte ich Euch um eines, lasst uns nicht um den Thron kämpfen. Dafür bin ich bei Weitem zu alt.«
»Ich werde nicht gegen Euch kämpfen. Und noch viel weniger will ich Euren Thron besteigen. Throndimar gründete ein Reich, das nicht mehr existiert. Und so wie das Reich zerbrach, verging auch mein Anspruch auf den Thron. Ihr seid der rechtmäßige König von Berenth. Daran werde ich nichts ändern«, unterbrach ihn Tharador bestimmt.
Der König blickte ihn verwundert an. »Aber wollt Ihr denn nicht Euer Geburtsrecht einfordern? Euer Recht einer langen Reihe von Vorfahren?«
»Die Reihe ist kürzer, als Ihr glaubt, Majestät«, sagte Tharador und blickte dem König vielsagend in die Augen.
Dessen Blicke
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