Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
Schultern. »Also gut.« Sie neigte den Kopf zur Seite und lächelte. »Aber es ist schade, Savil. Ich denke, wir hätten Spaß haben können. Falls du es dir noch anders überlegen solltest«, fügte sie hinzu und setzte dazu an zu gehen, »dann weißt du, wo ich zu finden bin.«
»Moment mal, Melyor!«, rief er in einem Ton, der sie erstarren ließ. »Ich kann dich leider nicht gehen lassen.« Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Ich kann dir als Partnerin nicht trauen, aber nach dieser Nacht, nachdem ich dich hier gesehen habe und weiß, dass du einen meiner begabtesten Männer besiegt hast, kann ich mir auch nicht erlauben, dich zum Feind zu haben.« Er sah sie eindringlich an. »Du verstehst sicher, dass ich dich jetzt töten muss.«
Melyor nickte. »Ich verstehe, Savil. In deiner Situation würde ich dasselbe tun.« Aber noch während dieser Worte, während sie sozusagen ihrem eigenen Tod zustimmte, spürte sie, wie die vertraute Ruhe über sie kam, sie zu diesem stillen Punkt tief in ihrem Inneren trug, den sie im Lauf der Jahre so gut kennen gelernt hatte. Savil sprach wieder, sagte etwas darüber, wie enttäuscht er war, dass sie nun doch nicht zu seiner Wohnung gingen. Aber sie hörte ihn kaum. Und als er seinen Werfer hob, hatte sie bereits begonnen, sich zu bewegen.
Sie duckte sich, als die roten Flammen aus seiner Waffe zischten und über ihre Schulter hinwegschossen, dann drehte sie sich auf dem rechte Fuß und schwang den Linken in einem weiten, schnellen, harten Bogen. Auch Savil hatte begonnen, sich zu bewegen, und sich gedreht, um das zu schützen, was er für Melyors offensichtlichstes Ziel hielt. Sie hatte mit dieser Bewegung gerechnet. Und daher veränderte sie mitten in der Drehung ein wenig ihre Richtung - gerade genug, um ihn mit der Fußspitze hart in die Nieren zu treffen. Der Nal-Lord ging mit einem würgenden Keuchen in die Knie, die Augen fest zugedrückt, und die Waffe flog ihm aus der Hand und landete klappernd auf dem nassen Straßenpflaster. Savil konnte sich kaum mehr aufrecht halten und strengte sich verzweifelt an, das Messer aus der Scheide an seinem Oberschenkel zu ziehen. Aber noch bevor er das tun konnte, hatte Melyor wieder zugeschlagen und ihm mit einem Hieb an die Kehle die Luftröhre zerrissen. Der schlanke, hellhaarige Mann fiel auf den Rücken, rang mit einem schrecklichen, krächzenden Geräusch nach Luft und starrte sie aus großen, entsetzten Augen an. »Du hattest Recht, Savil«, sagte Melyor, als sie seinen Werfer aufhob. »Ich hatte tatsächlich von Anfang an vor, dich heute Abend zu töten. Cedrych wäre vermutlich wirklich so dumm gewesen, dich nach Tobyn-Ser zu schicken, und du hättest versagt, genau wie dein Vetter. Es ist nicht deine Schuld. Aber diese Aufgabe verlangt nach geistigen Fähigkeiten, über die du nicht verfügst.« Sie lächelte. »Es tut mir Leid.« Der Nal-Lord versuchte vergeblich, auf die Beine zu kommen, und sie ging näher zu ihm hin und sah ihn mitleidig und ein wenig verächtlich an. »Es gibt noch etwas, was ich dir gerne sagen möchte, bevor ich dich töte; es ist ein Geheimnis. Ich habe es schon anderen erzählt, aber nur, bevor sie sterben - auf diese Weise ist es ein Geheimnis geblieben. Du kannst es als eine Art Tradition betrachten.« Sie hielt inne, holte tief Luft, und dann sprach sie die Worte, wie sie es schon so oft zuvor getan hatte. Und es gefiel ihr zu sehen, wie seine Augen größer wurden, als sie es sagte; es gefiel ihr so sehr, dass sie ihn sogar rasch tötete, mit einer einzigen Salve direkt ins Herz, und seinen Tod nicht länger ausdehnte, wie sie es manchmal mit jenen tat, die sie erzürnt hatten.
Danach ging es nur noch darum, Savils Bezirk so schnell wie möglich zu verlassen und in ihre sichere Wohnung zurückzukehren. Dort nahm sie die blauen Linsen aus den Augen, entledigte sich der Tücher, wusch die Locken und die Farbe weg und fiel schließlich erschöpft ins Bett. Sie war zufrieden damit, wie der Abend verlaufen war. Wahrscheinlich werde ich schon morgen von Cedrych hören, dachte sie. Spätestens übermorgen. Sie lächelte ins Dunkel, schloss die Augen und gestattete sich, auf den Schlaf zuzudriften. Und erst jetzt fiel ihr mit gewissem Bedauern wieder ein, dass sie vergessen hatte, den Dolch mitzunehmen.
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B ei meinen Gesprächen mit Baram haben wir ein weites Feld von Themen berührt, und ich habe viel über Lon-Ser, seine riesigen Städte oder Nals, wie Baram sie nennt, und den verblüffenden
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