Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
gestanden hatte, wurde er unglaublich müde und wäre fast im Stehen eingenickt.
»Das ist gar nicht gut«, brummte er verärgert und fing an, vorsichtig zwischen den Bäumen auf und ab zu gehen, um wach zu bleiben. Es hatte den ganzen Tag lang weitergeschneit, sodass das Land inzwischen unter einer dicken Schneedecke lag. Die Abenddämmerung setzte langsam ein, und Will überlegte, ob es nicht besser war, sich in das Waldstück nördlich der Burg zurückzuziehen. Wenn die Skotten in der Dunkelheit die Burg verließen, war es möglich, dass Will sie erst zu spät entdeckte.
Natürlich nahm er nur an, dass sie heute Abend noch über die Grenze wollten. Vielleicht würde Keren sie mit einem Bankett in der Burg bewirten und sie
blieben länger. Aber irgendwie bezweifelte Will das. Er hatte das Gesicht des Generals aus der Nähe betrachten können, und er hatte nicht nach der Sorte Mann ausgesehen, die ihre Zeit bei Banketten vergeudete.
Will nahm sich einige Minuten Zeit, um sich vorzubereiten, beobachtete den natürlichen Rhythmus des Landes um sich herum genau – die Bewegung des fallenden Schnees und wie der Wind sanft durch die Büsche und Baumwipfel fuhr. Sobald er dann das Gefühl hatte, sich darauf eingestimmt zu haben, huschte er im Dämmerlicht am Waldrand entlang.
Aus einer Entfernung von einigen Pferdelängen schien er mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Bei größerer Entfernung, wie von der Burg aus, wäre er überhaupt nicht zu sehen.
Zurück in der Lichtung des Heilers, wie sie inzwischen genannt wurde, sahen Orman und Malcolm zu, wie Horace den kleinen Trupp Nordländer in den Wald führte. Es war bemerkenswert, dachte Orman, wie rasch der junge Ritter von den kampferprobten Nordländern als Anführer anerkannt wurde. Malcolm schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben.
»Ihr habt Glück, die beiden auf Eurer Seite zu haben«, sagte er, und Orman wusste, er meinte Will und Horace. »Sie sind sehr gut ausgebildete junge Männer.«
Orman nickte. »Sie geben wirklich ein ausgezeichnetes
Gespann ab.« Dann warf er dem schmächtigen Heiler einen Blick von der Seite zu. »Ich habe den Eindruck, dass ich mit allen meinen neuen Verbündeten großes Glück hatte.«
Malcolm erwiderte seinen Blick und zuckte verlegen mit den Schultern. Doch Orman hatte das Gefühl, dass es Zeit war, die Sache anzusprechen.
»Schließlich«, fuhr er fort, »schuldet Ihr mir nichts. Ihr habt Euch vor Jahren dafür entschieden, Euch in diesen Wald zurückzuziehen und jeglichen Umgang mit der Außenwelt abzubrechen.« Er seufzte schwer. »Ich kann nicht behaupten, dass man Euch daraus einen Vorwurf machen könnte.«
»Ich war hier ganz zufrieden«, antwortete Malcolm.
»Und jetzt setzt Ihr alles aufs Spiel«, stellte Orman fest.
Malcolm verzog das Gesicht. »Tue ich das?« Der Gedanke schien ihm bisher noch gar nicht gekommen zu sein. »Möglicherweise ist das so«, stimmte er dann zu.
»Eure Schutzvorrichtungen wurden als Täuschungsmanöver enthüllt. Wir wissen jetzt zum Beispiel, dass der Krieger der Nacht auch dazugehörte.«
»Habt Ihr etwa vor, das der ganzen Welt mitzuteilen?« , fragte Malcolm mit einem Lächeln.
Orman schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Aber sobald ein Geheimnis einmal enthüllt ist, dringt meist irgendwie etwas nach draußen. Eure Leute könnten wieder in Gefahr sein.«
Malcolms Lächeln schwand. »Ich weiß«, seufzte er. »Aber mir blieb keine andere Wahl. Will und Euer Sekretär brachten Euch mehr tot als lebendig hierher. Was hätte ich tun sollen?«
»Ihr hättet uns abweisen können«, sagte Orman.
Malcolm schüttelte den Kopf, noch bevor Orman den Satz beendet hatte.
»Ich bin ein Heiler«, erklärte er schlicht. »Ich habe geschworen, mein Leben der Heilkunst zu widmen. Wie hätte ich Euch da abweisen können?« Ein wehmütiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ihr hattet mich in eine ausweglose Lage gebracht.«
Orman nickte. Genau deshalb hatte er das Thema auch angeschnitten.
»Ja. Und deshalb sollt Ihr wissen, dass die Dinge zukünftig anders sein werden. Ihr werdet unter dem Schutz der Burg Macindaw stehen.«
Malcolm dachte darüber ein paar Sekunden nach. »Ich weiß Euer Angebot zu schätzen«, sagte er. »Aber nehmt es mir bitte nicht übel, wenn ich hier im Wald bleibe. Ich habe mich an diese Umgebung gewöhnt und ich würde meine Leute niemals im Stich lassen.«
»Das erwarte ich auch nicht von Euch«, antwortete Orman. »Ihr sollt nur wissen, dass
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