Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
der Nauraka erkannte eine ätherische Frau mit hüftlangen tiefschwarzen Haaren und schwarzblauen Augen, deren Pupillen einen unwirklich goldenen Glanz hatten. Sie trug ein dunkelgrünes Gewand, das in der schmalen Taille von einem kunstvoll geflochtenen, schwarzen Gürtel mit langen Bändern gehalten wurde, an dem mehrere Beutel und Utensilien hingen. In den Händen hielt sie eine gläserne Schale mit duftendem Wasser, in dem Rosenblätter und Orchideen schwammen.
» åna farú do halum-mĕ, dan-meso āngmór «, sprach sie mit glockenheller Stimme und reichte dem Visionenritter mit einer Verbeugung die Schale. Rowarn kannte die Sprache nicht, aber sie klang wunderschön und seltsam vertraut. Die Frau wiederholte höflich den Satz in der Hochsprache Waldsees: »Sei willkommen in meinem Heim, ehrenwerter Meister Angmor.«
Der Visionenritter verbeugte sich ebenfalls, zog den rechten Handschuh aus, tauchte die Finger ins Wasser und benetzte damit die Stirn seiner Maske. Eine zeremonielle Geste, die Rowarn mehr als alles andere erstaunte, weil Angmor sie einfach annahm und erwiderte. » dene ă danu do círa fārnheĩm, årlyněvī «, antwortete er. »Ich entbiete meinen Gruß Arlyn, der edlen Herrin von Farnheim.«
Die Edelfrau hielt nun dem völlig verdatterten Rowarn die Schale hin, und er tat es Angmor gleich, verbeugte sich (viel zu schnell und ungeschickt, wie er fand), benetzte seine Stirn mit dem Wasser (wobei er die Hälfte versehentlich in seine Augen spritzte), und fühlte augenblicklich eine wohltuende Kühle, die zugleich wärmte, seinen Verstand klärte und jede Erschöpfung nahm. Er entspannte sich und atmete tief ein, sein Gesicht nahm einen erstaunten Ausdruck an. Mit der Nase sog er den herrlichen Duft ein, und plötzlich schien die Welt näher zu rücken, er sah die Farben intensiver, und ein Glücksgefühl breitete sich in ihm aus.
»Ich danke Euch, edle Herrin«, sagte er scheu. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, kam sich schäbig und ungelenk, tollpatschig und dumm vor und trat deshalb wieder einen Schritt zurück. Einer Frau von solchem Adel war er noch nie begegnet. In seinem Inneren brauste die Wut über Angmor, weil der ihm nicht gesagt hatte, was ihn erwartete. Rowarn hatte geglaubt, auf alles gefasst zu sein, nach dem, was er gehört hatte und sich zusammenreimen konnte – aber nicht darauf. Eine wunderschöne junge Frau, die nach Rosen und Orchideen duftete, weich und warm wirkte, und ...
Er blinzelte und senkte den Blick, als er sah, wie ihr Mundwinkel leicht zuckte.
Dann ging sie an Windstürmer vorbei, der mit weit geblähten Nüstern die Luft einsog, prustete und ihr mit glänzenden Augen nachblickte. Vor der Trage hielt sie an. »Tamron, der Unsterbliche«, sagte sie. »Ich hörte bereits davon, dass er bei euch ist.« Sie benetzte ihre Finger und strich sanft über die Stirn des Bewusstlosen. »Ich werde sehen, was ich für ihn tun kann.« Sie hob leicht den Arm, und zwei Helfer kamen wie aus dem Nichts herbei. Sie hoben den Unsterblichen von der Trage und brachten ihn in eines der kleinen Häuser.
Zwei andere junge Männer holten mit höflicher Verbeugung die Pferde, und Aschteufel ging brav mit, als ihm ein Apfel vor die schnuppernden Nüstern gehalten wurde.
Die Herrin Arlyn wandte sich wieder Angmor zu, ergriff seine rechte Hand und schloss kurz die Augen. »Auch du benötigst dringend Hilfe«, stellte sie fest. »Du wirst sie erhalten.«
Sie ging dann leicht in die Knie und streichelte den Kopf des Schattenluchses, der sich schnurrend und mit geschlossenen Augen an sie schmiegte. »Graum. Keiner ist treuer als du, mein Wunderschöner.«
Zuletzt trat sie noch einmal an Rowarn heran, berührte mit den Fingerspitzen seine Stirn und strich ihm über die Wangen. Ihre Berührung durchfloss ihn wie ein Gletscherbach, der nach der Schneeschmelze ins frühlingserwachende Tal floss. Sie war ihm unerwartet nahe, und ihn überflutete unverfälscht ihr Duft nach Nachtglöckchen und Flieder und Birkenmoos, vermischt mit den Rosen und Orchideen aus der Schale, die wie ein Teil von ihr schienen. Halb betäubt, konnte er sie nur einatmen, und die Sanftheit ihrer zarten Finger brachte seine Seele zum Klingen. Sein Herzschlag verlangsamte sich, die Zeit schien stillzustehen, und er konnte nichts tun, als sie ansehen. Noch nie hatte er solche Augen gesehen, so tief und doch so klar, strahlend in einem unglaublichen Licht und voller Wärme.
Die Sonne schien noch einmal
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