Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
die Splitter erschuf. Dubhan, die Lichtlose, ist das Gegenstück zu dem Tempel im Meer, in dem das Tabernakel ursprünglich aufbewahrt wurde. Wir sind von purer Magie umgeben, und was an Magie in uns ruht, verbindet sich soeben mit dem Turm. Ich glaube, wir befinden uns jetzt nicht mehr auf Waldsee, sondern in den Sphären, sogar noch jenseits des Reiches der Dämonenfrauen. Dadurch, dass wir den Mosaikboden betreten haben, wurden wir entrückt. Wir sind für die anderen jetzt nicht mehr erreichbar. Und Femris ist hier, überall, nicht nur versteinert dort auf dem Altar.«
»Verlier nicht den Verstand, Junge«, mahnte der bodenständige Schattenluchs, der zurück zum Portal ging und sich dort aufbaute.
»Aber Rowarn hat recht«, erwiderte Arlyn. »Ich kann Femris auch spüren. Warum zeigt sich sein Aurenkörper nicht? Kannst du ihn nicht sehen, Angmor?«
»Nein. Wie immer.«
»Aber warum sollten wir in die Sphären versetzt worden sein?«, rief Graum ratlos.
»Weil hier göttliche Kräfte am Werk sind«, wisperte Rowarn. Er steckte Luvian, das Schwert von Sonne und Mond, ein. »Uns erwartet kein Kampf. Entspanne dich, Graum, wir werden nicht angegriffen. Nun erfüllt sich die Bestimmung. Darum ist auch kein Wächter mehr hier, weder im Saal noch draußen in den Burggängen.«
»Aber was, wenn Femris ...«
»Was kann er uns tun? Er ist verwundet. Wenn ich ihn jetzt heile, braucht er all seine Kräfte, um seinen Körper wieder tragen zu können.«
Der Visionenritter wandte sich zu Rowarn um. »Bist du bereit dafür?«, fragte er ruhig. »Ist der Zeitpunkt gekommen? Nur du kannst es wissen, Rowarn, ich sehe dies klar. Und ich sehe auch, dass du recht hast. Wir werden hier nicht angegriffen, und wir sind in den Sphären, außerhalb des weltlichen Geschehens.«
»Wenn ich das geahnt hätte!«, rief Graum. »Und werden wir zurückkehren, Herr?«
»Das weiß ich nicht, Graum.«
»Aber ...«
»Hier bin ich kein Dämon, nur ein Visionenritter. Gebunden an das Tabernakel. Selbst wenn ich wollte, ich könnte diesen Ort nicht mehr verlassen. Genauso wenig wie Femris und Rowarn.«
»Und ich«, fügte Arlyn hinzu. »Ich spüre ebenfalls, dass ich nicht mehr fortgehen kann. Es beginnt bereits.«
Zum ersten Mal wirkte der Schattenluchs erschüttert. »Aber was wird aus mir?«, flüsterte er.
Rowarn lächelte. »Du bist das Bindeglied. Der Dämon zwischen den Sphären, die Verbindung zur Welt. Durch dich können wir zurückkehren. Es ist alles so, wie es sein muss.« Er atmete tief durch. »Ich bin froh, dass es jetzt endet, und ... ich lege mein Leben in Erenatars Hände. Ich wünsche mir nur noch, das Richtige zu tun.«
Arlyn begleitete Rowarn zum Altar. »Ich bin die Heilerin. Ich werde das Schwert aus ihm ziehen und ihn ins Leben zurückrufen.«
Er nickte. »Ich nehme die Splitter an mich, sobald die Versteinerung aufgelöst ist.«
Einen kurzen Moment sahen sie sich in die Augen. Dann griff Arlyn nach dem Schwert. Über dem Altar bildete sich plötzlich eine schwarze Wolke, und ein Blitz zuckte daraus hervor und schlug in den Schwertgriff ein. Arlyn lockerte ihre Umklammerung nicht. Ihre Aura erstrahlte in hellem Licht, als sie ihre gesamten Heilkräfte einsetzte. Langsam zog sie an dem Schwert. Weitere Blitze zuckten aus der Wolke, schlugen überall auf dem Altar ein. Zoll für Zoll zog die Heilerin die Klinge aus dem reglosen Leib, während ein Gewitter durch den Tempel tobte. Nach und nach löste sich die Versteinerung des Zwiegespaltenen. Überall, wo die Blitze nun einschlugen, wandelte sich Stein zu atmendem Fleisch. Farbe kehrte in den Körper zurück, Kleidung wurde wieder zu Stoff und Leder, Konturen vertieften sich in dem starren Gesicht.
Als die Hände frei wurden, griff Rowarn zu, entriss den immer noch halb steifen Fingern die drei Splitter und presste sie an seine Brust. Er stieß einen Schrei aus und fiel auf die Knie. Ein Sturm brach aus ihm heraus, als die sechs Bruchstücke zum ersten Mal wieder beieinander waren. Rowarn konnte das heftige Ziehen nicht mehr ertragen, er zerrte seine eigenen Tonscherben unter der Rüstung hervor und barg alle Teile in seinen zitternden Händen. Die Finger krampften sich um das Tabernakel, ein grelles Leuchten drang zwischen ihnen hindurch.
»Bei den Vulkanen von Xhy«, stieß Angmor betroffen hervor. »Es zerstört die Welt. Sie kann so viel Macht nicht in sich aufnehmen, obwohl wir hier oben sind.«
Seine visionären Augen glühten heller denn je, und die
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