Die Chronistin
nüchterner Stimme, »man überreicht ihnen das Krönungsgewand – den violetten Mantel, der mit Hermelin eingefasst ist. Im Inneren erschallt das ›Te Deum‹. Philippes Sohn Louis sitzt in der ersten Reihe, und auch der angevinische Prinz Arthur, Neffe des verhassten Richard Plantagenet und herangezüchtet, um dereinst dem Onkel den Thron streitig zu machen. Alles geschieht, wie’s vorgesehen ist. Der König wiederholt sein Thronversprechen: Wir, König von Frankreich, erklärt er, versprechen der Kirche vor Gott, ihre Rechte zu wahren und zu schützen. Der Bischof von Reims fragt, ob das Volk von Frankreich bereit ist, Philippe II. als seinen König zu akzeptieren.«
»Und dann hat Isambour zu schreien begonnen?«, fiel Sophia ihm ins Wort. Ihr fiel nichts anderes ein, als dass der Aufbruch der Dänen und ihre Furcht vor den Franzosen mit dem unbotmäßigen Verhalten der Prinzessin zu tun haben könnte. Abel aber schüttelte den Kopf.
»Über die Lippen von Prinzessin Isambour... von Königin Isambour kam fortwährend kein einziger Laut.«
»Ja, aber...«
»Gott, wir müssen uns sputen!«, rief Eski dazwischen. »Sie werden uns ohne Isambour nicht gehen lassen!«
»Der König verspricht im Namen Christi, den Frieden mit der Kirche zu wahren, das Volk Frankreichs zu schützen, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu wahren, die Erde von Häretikern zu befreien, die von der Kirche verdammt werden«, fuhr Abel ungerührt fort, »...und Ihr, Eski von Roskilde, zeigt mehr Beherrschung – was sollen sie denn tun: Isambour auf eines unserer Pferde binden? Uns ins Verließ werfen?«
»Aber König Knut wird das tun, wenn wir mit seiner entehrten Schwester wiederkehren.«
»Und genau darum werden wir das verhindern!«, bestätigte Thöger wild. »Wir müssen sie hier lassen – ganz gleich, was ihr dann blüht.«
»Meiner Seel’, als ob dieser Tag nicht schon genug Unruhe stiftet. Nun besänftigt Euch und macht nicht obendrein die Pferde scheu!«, schimpfte Abel finster und wandte sich wieder Sophias fragendem Blick zu. »Der Bischof von Reims will den König salben – schon tritt er mit der Ampulle vor, welche das heilige Öl von Reims enthält. Zwei der Bischöfe nehmen ihm den Krönungsmantel ab, damit er vortreten kann... Aber dann...«
Das Stimmengewirr wurde lauter. Hölzern klang die dänische Sprache ob der geschmeidigeren französischen Laute, die sich darein mischten.
»Was dann?«, fragte Sophia.
Eski und Thöger von Roskilde schwangen sich aufs Pferd.
»Dann ist das Seltsamste geschehen, dessen ich jemals Zeuge wurde«, bekannte Abel schlicht.
»Ihr habt gesagt, Ihr werdet die Sache in Ordnung bringen«, klagte Sophia. »Ihr habt gesagt, der König tue stets, was Ihr ihm ratet. Und jetzt vernehme ich, dass er in der Kirche laut erklärt habe, Isambour sei nicht sein rechtmäßiges Weib und die Dänen verpflichtet, sie zurück zu König Knut zu bringen.«
Frère Guérin versuchte sich steif zu geben wie immer, aber es zuckte nicht nur sein rechter Fuß, sondern ebenso flackernd seine Augenlider. Der starre Blick, mit dem er die Welt betrachtete, schien nicht länger von einem bedächtigen Geist gelenkt, sondern von Verwirrung.
Jene war nach dem schrecklichen Skandal in der Kirche an allen Orten zu wittern. Die Dänen waren überstürzt abgereist und hatten einzig die Frauen bei Isambour belassen. Die Prinzessin selbst (oder war sie nun Königin?) hockte in ihrem Gemach und ward einzig von Gret nicht allein gelassen. Der König hatte sich mit seinen engsten Beratern über Stunden eingeschlossen und dort erklärt, dass Isambour ein verhextes Weib sei, von einem bösen Dämon besessen und nicht wert, seine Gattin zu sein.
Schon in der Kirche hatte er Gleiches vor dem ganzen Volk bekundet – nicht nur mit Worten, sondern mit einem Anfall, welcher denen der Prinzessin glich: Zu Boden war er gefallen, hatte dort gezuckt und weißen Schaum gespieen. Obgleich tuschelnd erzählt wurde, dass der König an Ähnlichem schon öfter gelitten habe – zumindest seit dem Fieber, das ihn im Heiligen Land befallen hatte –, wollte niemand an dem offenkundigen Zeichen zweifeln, dass die wohl bösartige Braut ihn mit einem Fluch belegt habe...
»Ich weiß nicht, was in dieser Nacht passiert ist«, erklärte Frère Guérin nun an Sophia gewandt, »fest steht jedoch, dass der König diese Ehe lösen will. Allein die Erwähnung ihres Namens bewirkt in ihm tiefen Ärger und Furcht.«
Sprechend ging er auf und ab,
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