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Die Chronistin

Die Chronistin

Titel: Die Chronistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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auch kaum mehr weh. Wisst Ihr, was er besonders liebte?«
    »Ma Dame!«, wandte Sophia ein und wünschte einzig zu entkommen. »Es ist nicht sittlich, solcherart zu sprechen!«
    Agnèse lachte zischend auf, und Speichel spritzte von den Lippen.
    »Ist es das nicht?«, klang es höhnend. »Aber mich zu verstoßen – dies soll rechtens sein? Oh ja, gewiss, ich weiß, ich bin eine Sünderin, und mein Glück ist auf ihrem schrecklichen Geschick gebaut. Aber wenn sie ihm nicht gehorcht hat wie ich – so ist es denn nicht mein Verfehlen, ihren Rang einzunehmen! Hab ich denn eine Wahl gehabt? Ließ mein Vater mit sich handeln, als er entschied, mich dem König zu geben? Mitnichten! Ach, hört mir zu, wenn Ihr denn schon bei mir weilen müsst, da all die Feiglinge mir nicht in die Augen sehen können und schon gar nicht der König. Wenn ich weinte und klagte, hat er stets vorgegeben, sich vor meinem fetten Leib zu ekeln. Aber das tat er nicht – er hat mich immer begehrt, und sei’s, weil er sich solcherart an... ihr rächen konnte. Am liebsten war ihm, schaute ich nicht in sein Gesicht. Auf dem Bauch sollte ich liegen, worunter er mir ein Kissen schob. Sodann stellte er sich hinter mich, spreizte mein Gesäß und nahm mich so, wie’s der Rüde bei der läufigen Hündin tut, den schnaufenden, spuckenden, heißen Mund in meinen Nacken gepresst. Wie Tiere trieben wir’s – und ihm gefiel’s, ja, selbst mir, nachdem ich mich daran gewöhnt hatte. Dies sollt Ihr wissen, ma Dame: Vielleicht hat mir der Teufel, eben weil er mich in seinen Fängen wusste, noch Lust geschenkt, um mein Vergehen zu vergrößern. Denn die Lust kommt vom Teufel, das ist gewiss. Als Adam und Eva sich – noch im Zustand der Unschuld – im Paradies begatteten, fühlten sie nichts dabei... so sagen es die Priester. Und noch Schlimmeres trieben wir: Ich war mit unserem Sohn kaum niedergekommen, meine Scham blutete noch – da wollte er mich wieder kosten, und ich gewährte es ihm und wurde feucht, solange ich nicht in sein Gesicht schauen musste. Und dabei wussten doch er und ich, wie schädlich das Blut einer Gebärenden ist und dass der Mann damit nicht in Berührung kommen darf: Wo ein Tropfen davon hinfällt, können Früchte nicht keimen, Blüten verwelken, Eisen rostet und Erz wird schwarz. Man sagt sogar, dass Hunde, die es schmecken, die Tollwut kriegen.«
    Sophia verhärtete sich, indessen der Kopf der anderen auf ihre Brust gesenkt war. Heiß wurde es dort von Agnèse’ Atem, und wie jene fortredete, so kroch die Hitze wie ein langsamer, beharrlicher Wurm nach unten zwischen ihre Beine und wand sich dort auf sonderliche Weise.
    Heftiger als zuvor suchte Sophia die andere von sich zu stemmen – und mochte dennoch nicht leugnen, deren Worte zu erwarten. Verboten war es, sie zu hören, ekelhaft – und ein wenig lustvoll.
    Agnèse aber sprach nicht länger von den nächtlichen Umarmungen in ihrer Kemenate.
    »Ich weiß um meine Sünden«, fuhr sie fort. »Nie hätte ich meiner Tage froh sein dürfen, wo es doch sie gab, nicht mein Glück auf das Fehlen von dem ihren bauen, nicht meine Kinder herzen im Wissen, dass es ihre hätten sein sollen. Und wisst Ihr, was das Schlimmste war?«
    Um Zustimmung heischend blickte sie Sophia an.
    »Bitte«, versuchte diese zu mäßigen. »Ihr müsst auch wissen – Isambour ist nicht, wie andere Frauen sind. Auch wenn der König sie nicht verstoßen hätte, nie wäre sie ihm eine Gattin gewesen, die...«
    »Ich habe sie gehasst!«, unterbrach Agnèse sie unwirsch. »Ich dachte, wenn sie nur stürbe, wäre alles leichter – ich würde nicht länger in Sünde leben und dürfte die Lust des Königs genießen. Und selbst jetzt, da der Kirchenbann über Frankreich gelegt, der König sich dem Papst beugt und alle Welt meine Ehe als verflucht erklärt, kann ich nicht aufhören, sie zu hassen. Oh ja, ich hasse sie, ich hasse sie – und solcherart vergrößere ich die Zahl meiner Sünden, anstatt sie abzubüßen. Sagt mir, ma Dame, wie ich dies vermaledeite Leben jemals wieder heil machen soll?«
    Endlich löste sie sich von Sophia – und jene kühlte aus. Der schwammige Körper sank auf das Bett. Die glasigen Augen wurden geschlossen, wenngleich seitwärts davon eine Träne hinabfloss.
    »Es wird eine Synode in Soissons abgehalten«, erklärte Sophia und versuchte, nüchtern zu klingen. »Die Bischöfe werden Isambour zu Philippes rechtmäßigem Weib erklären – und zu Frankreichs Königin.«
    Agnèse

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