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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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unwahrscheinlich – oder sie glauben, ich bin Leie.
    Der Gedanke, so zu tun, als wäre sie ihre Schwester, war Maia auch durch den Kopf gegangen. Aber es war ihr zu offensichtlich vorgekommen, zu riskant. Alle stratoinischen Kinder, Klone und Vars, lernten, die subtilsten Unterschiede zwischen ›identischen‹ Frauen zu erkennen. Zweifellos trug Leie ihr Haar anders, hatte andere Narben und würde mit tausend verschiedenen Hinweisen deutlich machen, daß sie diese Frauen kannte, während sie für Maia ja vollkommen fremd waren. Außerdem – was sollte sie tun, wenn die echte Leie auftauchte?
    Schließlich hatte Maia beschlossen, diese Ausflucht nur zu wählen, wenn alles andere fehlschlug. Aber jetzt hatte sie keine Wahl. Sie mußte versuchen, es durchzustehen.
    »Dieses verdammte Loch ist so groß wie ’ne ganze bescheuerte Stadt!« flüsterte eine kleine, rauh wirkende Var aus der Gruppe Maia zu, als sie durch den breiten, bröckelnden Säulengang schritten und schließlich zu den großen Toren gelangten. »Wir haben bestimmt schon in mindestens hundert Räumen rumgeschnüffelt. Kann’s dir echt nich’ verdenken, daß du dich weggeschlichen hast, um ein Nickerchen zu machen.«
    Maia zuckte die Achseln wie ein unbelehrbares Schulkind, das beim Schwänzen erwischt worden ist, und meinte im gleichen brummigen Ton wie ihre Weggenossin: »Das kannste laut sagen. Ich hab mich nie für diese ganze Rumrennerei gemeldet. Schon Glück gehabt?«
    »Nee. Hab weder Bart noch Schwanz von der elenden Männerkreatur gesehen seit dem Wachwechsel, trotz der Belohnung, die Togay ausgesetzt hat.«
    Damit war Maias Verdacht bestätigt. Sie suchen jemanden. Ihr Herz begann zu pochen. Renna. Mühsam unterdrückte sie ihre aufwallenden Gefühle. Du kannst noch nicht sicher sein. Es könnte auch ein anderer Gefangener sein. Einer von der Manitou-Besatzung beispielsweise.
    Der Eingang zeigte Spuren des Kampfes, der Jellicoe vor langer Zeit mit Explosionen aus dem Weltraum erschüttert hatte. Ein grob behauenes, behelfsmäßiges Portal aus kaum geglätteten und unregelmäßig gemauerten Steinen führte von der Treppe in einen Vorraum, der mit seinen spitz zulaufenden Pfeilern vielleicht irgendwann einmal schön gewesen war, jetzt aber eine Unzahl von Rissen und Spalten aufwies. Schlampige Reparaturen mit Zement hatten den Angriffen von salziger Luft und dem Zahn der Zeit wenig entgegenzusetzen.
    Während die Gruppe tiefer in das Reservat hineinschritt, wurden die Zeichen der Zerstörung weniger, denn die dicken Wände hatten das großartige Eingangsfoyer geschützt. Von hier erstreckten sich breite Korridore nach Norden, Süden und Osten. Schwache elektrische Glühbirnen, die von einem zischenden Kohlegenerator gespeist wurden, sorgten etwa alle zehn Meter für Lichtinseln. Jenseits von ihnen versanken die Gänge in geheimnisvolle Dunkelheit, hie und da durchbrochen von schaukelnden Laternen. Ferne Rufe zeugten von fieberhafter Aktivität, wurden aber von den düsteren, kalten Hallen fast verschluckt.
    Auf den ersten Blick erinnerte die Umgebung Maia an ihren ersten Gefängnisaufenthalt, an das kleinere und neuere Reservat in Long Valley – ebenfalls eine Zitadelle mit in den Felsen gemeißelten Gängen und hohen Pfeilern. Nur hing hier der Geruch des Alters in der Luft. Rußstreifen und überstrichene Sprüche an Wänden und Decken zeugten von zahllosen Besuchern, von Einsiedlern bis zu Schatzjägern, die alle im Lauf der Jahrhunderte hier durchgekommen waren. Im Vergleich zu ihnen waren die Piraten gut organisiert und ausgerüstet.
    Und es gab noch einen anderen Unterschied. Hier waren die Wände etwa auf Augenhöhe mit einem tief eingeschnittenen, horizontal verlaufenden Fries verkleidet. Soweit Maia sehen konnte, zog er sich alle Korridore entlang, in jeden Raum hinein und wieder heraus, und bestand ausschließlich aus Buchstabenfolgen des achtzehnsymbolischen liturgischen Alphabets.
    Maias Gruppe nahm den mittleren Gang und passierte eine stattliche Halle, wo in einer großen, ausgemeißelten Feuerstelle unter einem gotischen Gewölbe ein prasselndes Feuer brannte. Es gab keine Möbel, nur ein paar Teppiche auf dem Boden. Flaschen, Krüge und Glücksspielzubehör lagen herum, alles offensichtlich in aller Eile verlassen. »Ist ja ’ne Menge Aufregung«, versuchte Maia eine Unterhaltung mit der kleinen Var anzufangen, die sie angesprochen hatte. »Vermutlich hat noch keine vorgeschlagen, daß wir einfach Segel setzen und den Kerl

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