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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Wider ab. Aus der Küche des Restaurants war zu hören, wie einer der chinesischen Köche einen anderen schrill auf Mandarin anschrie. Schließlich kam der Amerikaner zu einem Entschluss. Falls Langley ihren dicken Fisch aus irgendeinem Grund nicht haben wollte, konnten sie Fet ja immer noch zurück in den Teich schmeißen. »Schnell, steigen Sie ein«, sagte er zu Fet.
    Sekunden später donnerten die beiden Chevrolets vom Parkplatz in die Saddar Road und fuhren mit hoher Geschwindigkeit durch die Stadt zum festungsähnlichen amerikanischen Konsulat.
     
    Eingewickelt in eine Schaffelljacke, ein Sindhi-Tuch wie einen Schal um den Hals gewickelt, saß Maria Shaath über den groben Holztisch gebeugt und kritzelte im schimmernden Licht der einzigen Kerze neben sich Fragen auf einen Notizblick. Ab und zu blickte sie auf und starrte in die gelbblaue Flamme, während sie sich geistesabwesend mit dem Radiergummi des Bleistifts sanft über die Oberlippe strich. Sobald ihr neue Fragen einfielen, beugte sie sich über den Block und schrieb weiter.
    Anthony und Maria waren am Vormittag über das Gelände geschlendert, als Ibrahim aus seinem Haus gekommen war. Die Luft war schneidend, in den Bergen schneite es, was eine erhebliche Sichtbeeinträchtigung für die russischen Hubschrauber bedeutete, die sich angeblich durch das Labyrinth von Tälern kämpften. In der kleinen Siedlung weiter unten zogen zwei hagere Jungen eine bucklige Kuh einen Sandweg entlang. Einige fundamentalistische Kämpfer, die von einer Drei-Tage-Patrouille zurückkehrten, die langen Hemden, die langen Bärte und die pelzgefütterten Jacken staubbedeckt, kamen hintereinander die Straße hochmarschiert, die Kalaschnikows locker über die Schulter gelegt. Aus einem versteckten Steinbruch, in dem Schießübungen stattfanden, hallte der Klang von hohlen metallischen Trommelschlägen. Vor dem großen Tor, das das Grundstück sicherte und tagsüber geöffnet war, saß ein alter Mann mit einer Plastiksonnenbrille zum Schutz gegen Funken und schliff Messer an einem Steinrad, das von einer in eine Burka gehüllten Frau gedreht wurde.
    »Sie sind ein bemerkenswerter Mann«, hatte Maria zu Ibrahim gesagt und ihn eindringlich angesehen. »Ich würde gern ein Interview mit Ihnen machen.«
    »Ein Interview?«
    »Na ja, das ist mein Beruf. Sie haben doch hier alle möglichen Geräte – Sie könnten doch bestimmt auch eine Fernsehkamera auftreiben.«
    Ibrahim wirkte interessiert. »Und was für Fragen würden Sie mir stellen wollen? Um welche Themen würde es in dem Interview gehen?«
    »Zum Beispiel, wo Sie herkommen und wo Sie hinwollen. Ich würde Sie nach Ihrer Religion, Ihren Freunden, Ihren Feinden fragen. Ich würde Sie fragen, warum Sie gegen die Russen kämpfen und was Ihr nächster Dschihad sein wird, wenn die Russen abgezogen sind.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass es wieder einen Dschihad geben wird?«
    »Sie lieben den heiligen Krieg, Kommandant Ibrahim. Das steht Ihnen ins Gesicht geschrieben. Waffenruhe, Frieden – so etwas langweilt Sie. Ich kenne Leute wie Sie. Sie ziehen von einem Krieg in den nächsten, bis sie haben, was sie sich wünschen –«
    »Da Sie mich so gut kennen, was wünsche ich mir denn ihrer Meinung nach?«
    »Sie wollen ein Märtyrer werden.«
    Marias Worte hatten Ibrahim amüsiert. »Und was haben Sie mit der Aufnahme vor, wenn ich mich zu einem Interview bereit erkläre?«, hatte Ibrahim gefragt.
    »Sie könnten das Band in meine Redaktion in Peschawar schicken lassen. Innerhalb von höchstens vierundzwanzig Stunden würde es dann in New York ausgestrahlt – und in null Komma nichts würde es um die ganze Welt gehen.«
    »Ich werde drüber nachdenken«, hatte Ibrahim gesagt. Und mit seinem Leibwächter zwei Schritte hinter sich war er an dem Messerschleifer vorbei vom Grundstück gegangen und in Richtung der Baracken am Rande der Siedlung verschwunden.
    Maria hatte zu Anthony gesagt: »Immerhin, er hat nicht Nein gesagt, stimmt’s?«
    Bei Einbruch der Dunkelheit hatte Ibrahim Maria ausrichten lassen, er sei zu dem Interview bereit, das um Mitternacht auf dem Dachboden stattfinden sollte. Er hatte ihr ebenfalls bestellen lassen, worüber er auf keinen Fall sprechen würde: Fragen zu seiner wahren Identität und seiner Vergangenheit waren e benso tabu wie alles, was Hinweise zum Standort seines Lagers oben in den Bergen enthalten könnte. Als Maria und Anthony kurz vor Mitternacht die Leiter hinunterkletterten, war die

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