Die Comtessa
endlich das Schwert, damit wir es ausfechten«, rief er mutiger, als er sich in Wahrheit fühlte.
Der andere trat grinsend zu einer der Wachen und ließ sich dessen schweren Speer geben. »Wozu ein Schwert?«, höhnte er. »Für das Borstenvieh auf deiner Brust genügt ein Saustecher!«
Grölendes Gelächter in der Halle war die Antwort. Arnaut wurde wider Willen rot, Zorn flackerte erneut in ihm auf. Die Söldner bildeten einen Kreis, um Platz zu schaffen. Auch der Edelmann am Kamin hatte sich umgedreht und wartete mit herablassendem Lächeln auf den Verlauf der Dinge.
Arnauts Gegner packte den Speer mit beiden Fäusten. Er eröffnete mit einer kleinen Finte, dann folgte ein kurzer Speerstoß, dem Arnaut behende auswich.
»Gut, mein Junge, gut machst du das.« Der Kerl lachte ausgelassen. Er schien überhaupt ein Spaßvogel zu sein, trotz seines beeindruckenden Äußeren. »Na komm. Jetzt probier du es mal.«
Während Arnaut fieberhaft überlegte, wie er den Kampf ehrenvoll und ohne Blutvergießen beenden konnte, ließ sich eine tiefe Stimme hinter ihm vernehmen.
»Was geht hier vor, Joan?«
Eine hochgewachsene Gestalt stand im Eingang. Das Gegenlicht ließ die Gesichtszüge nur schwer erkennen, doch Arnaut war sich sicher, dies war der Graf von Tolosa. Mit Joan war wohl sein Widersacher gemeint, denn der trat sofort zurück, richtete sich respektvoll auf und legte die rechte Hand auf die Brust.
»Nur ein wenig Kurzweil,
Dominus!
«, sagte er mit leichter Verbeugung.
»Du weißt, ich dulde keine Zweikämpfe.«
»Wir alle wissen das,
Mossenher!
«, erwiderte Joan de Berzi. »Aber nicht der junge Bursche hier. Er glaubte, mich fordern zu müssen. Also war eine kleine Lektion angesagt, nicht wahr, Jungs?« Er blickte um Zustimmung heischend in die Runde. Doch die umwölkte Stirn des Fürsten ließ ahnen, dass ihn die Erklärung wenig überzeugte.
Arnaut hatte inzwischen das Schwert in die Scheide gleiten lassen und war gebeugten Hauptes auf sein Knie gefallen. Alfons wandte sich ihm zu und trat näher. Er war ein reifer Mann, aufwendig gekleidet und trug nach Normannenart die dichten, dunklen Haare kurzgeschnitten. Auf seinen glattrasierten Wangen lag ein bläulicher Schimmer. Er musste nach der spanischen Seite der Familie kommen, denn seine Mutter war Elvira von Kastilien, dritte Frau seines Vaters Raimon Sant Gille, Held des Kreuzzugs und Befreier Jerusalems.
Er heftete den Blick auf den jungen Ritter vor ihm. Dabei hielt er das Kinn leicht angehoben, die Unterlippe nachdenklich vorgeschoben, während seine dunklen, etwas hervorstehenden Augen unter den schweren Lidern betrübt auf Arnaut herabsahen.
»Ist das wahr?«, fragte er.
»Nun …« Arnaut fehlten die Worte. Dann entschloss er sich, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. »Ich kam, um Euch zu dienen,
Mossenher.
«
Der Fürst sah ihn einen Augenblick lang aufmerksam an. »Ich kann keine Raufbolde gebrauchen«, antwortete er und begann, sich abzuwenden.
»Ihr habt recht,
Senher,
und es tut mir leid«, stieß Arnaut schnell hervor. Und dann kamen ihm die Worte, die er sich auf dem Weg hierher zurechtgelegt hatte. »Bedenkt,
Dominus,
mein Großvater war
castelan
der Burg Eures Vaters in Tripolis, als Ihr noch ein Kind wart. Er erinnert sich gut an Euch und lässt Euch grüßen.«
Dies schien flüchtig Alfons’ Aufmerksamkeit zu erregen. Er wandte sich noch einmal um. Seine Stirn runzelte sich, als wolle er Erinnerungen zurückrufen. »Nach meines Vaters Tod?«
»So ist es. Zuvor hatte er ihn in allen Schlachten begleitet.«
»Und wie ist dein … Name, junger Mann?«
Arnaut fiel auf, dass Alfons bei einigen Worten ein wenig Schwierigkeiten mit der Zungenfertigkeit zu haben schien. Nur ein kaum merkliches Zögern, als brauche er eine winzige Atempause, bevor er sie aussprach.
»Arnaut de Montalban«, erwiderte Arnaut hoffnungsvoll. »Aus Rocafort in der Corbieras.«
Dies schien Alfons leider wenig zu sagen.
»Mein Vater ist Berenguer de Peirapertusa«, fügte er deshalb rasch hinzu.
»Ah, Peirapertusa«, sagte Alfons gedehnt und dachte nach. »Aber die stehen doch eher auf der Seite der Katalanen, oder?«
Arnaut schluckte. In der Tat. Die Familie seines Vaters hatte dem verstorbenen Aimeric von Narbona die Treue geschworen und wenig für Tolosa übriggehabt. Aimeric selbst war durch enge Blutsbande immer den Katalanen verbunden gewesen. Wie dumm, das zu vergessen!
»Es ist so, dass …«
»Genug jetzt«, unterbrach ihn Alfons.
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