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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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immer darauf besinnt, ist mir nicht bange.«
    Ermengarda dachte darüber nach. »Ich will es mir merken«, sagte sie.
    Adela bürstete ihr schweigend das Haar und flocht dann hauchdünne, bunte Seidenbändchen hinein. Zuletzt setzte sie ihr einen feinen Goldreif auf die Stirn und hielt ihr lächelnd den Spiegel vor.
    »Nun seht Ihr aus wie eine Königin«, sagte sie.
    »Wem gehört der Reif? Ist es Euer?«
    »Er gehörte Berta, der Frau meines Vaters. Seiner wirklichen Frau. Ich bin ja nur ein Bastardkind.« Sie lachte über Ermengardas verlegenes Gesicht. »Mein Vater hat nie einen Unterschied gemacht. Er hat beide Frauen geliebt und uns Kinder ebenso. Die arme Berta musste vierzehn Jahre lang auf ihn warten, während er sich im Heiligen Land herumgetrieben hat. Mich hat er von dort mitgebracht, und Berta ist meine zweite Mutter geworden. Ich war sehr traurig, als sie starb.«
    »Es gibt also auch gute Stiefmütter?«, fragte Ermengarda mit einem bitteren Lächeln.
    »Natürlich.«
    »Es heißt, meine Mutter habe meinen Vater vergöttert, wie alle, die ihn kannten. Ob er sie jedoch geliebt hat, weiß ich nicht. Nach ihrem Tod hat er jedenfalls gleich Ermessenda geheiratet, die damals noch sehr jung war. Sie hatte schon immer eine Gabe, Männer zu verführen. An meine eigene Mutter kann ich mich kaum noch erinnern. Ein verschwommenes Gesicht, Wärme, eine sanfte Stimme, mehr weiß ich nicht. Dies hier ist alles, was ich von ihr habe. Alles andere hat Ermessenda verschenkt oder vernichtet.« Sie hob den Rubin ans Licht, den sie an seiner dünnen Kette auf der Brust trug.
    »Oh, was für ein herrlicher Stein!«
    Adela betrachtete eingehend das Schmuckstück.
    »Nicht sehr groß, aber ich liebe ihn.«
    »Wie wenig einem doch meist von den geliebten Menschen bleibt«, sagte Adela. »Von meiner Mutter Noura habe ich ein Amulett, das eine Haarlocke enthält. Seltsam, es wird nie grau und ist immer noch so schön und glänzend, wie ich es in Erinnerung habe. Und dann ist da noch ein altes, abgewetztes Madonnenfigürchen. Auch das ist mir ein heiliges Andenken, denn sie pflegte täglich zur Jungfrau Maria zu beten.«
    Ermengarda lächelte. »Ganz wie Arnaut.«
    Adela warf ihr einen überraschten Blick zu. »Ihr habt es bemerkt?«
    »Immer bei Sonnenuntergang.«
    »Es ist eine Familiengewohnheit.«
    »Wie war Eure Mutter?«
    »Sie war klug und sehr gelehrt. Aus einer reichen armenischen Familie. Ich musste lesen und schreiben bei ihr lernen, Latein und Griechisch. Da konnte sie recht streng sein.«
    »Und wie ist
Senher
Jaufré ihr begegnet?«
    »Bei der Eroberung von Antiochia. Es war ein unvorstellbares Gemetzel. Er hat sie in den Trümmern ihres Hauses gefunden und vor den Plünderern beschützt. Ihre gesamte Familie ist damals umgekommen.«
    »Oh, wie schrecklich.«
    »Ja, es muss schlimm gewesen sein. Oft hab ich sie später noch weinen sehen. Die kleine Madonna stammte aus ihrer Kindheit und war das Einzige, was ihr aus Antiochia geblieben war. Nein, ich vergaß, da war auch noch ein goldener Leuchter. Damit hat sie ihren eigenen kleinen Altar geschmückt. Ein gesticktes Tuch, die Madonna, ein Hauch von Weihrauch. Abends zündete sie die Kerzen an, und wir beteten. Meist für meinen Vater, denn der war damals für die Tolosaner an vielen Kriegshandlungen und Raubzügen beteiligt. Vor allem während der Belagerung von Tripolis. Aber mit ihm hat sie glückliche Jahre verbracht. Wir besaßen ein Anwesen in den Hügeln über Tripolis, und meine größte Freude war es, über die blühenden Felder zu galoppieren. Ich war schon immer ein Pferdenarr. Eines Tages kamen türkische Krieger. Ich selbst bin nur durch Zufall entkommen. Sie haben alle auf dem Gut umgebracht, alles Wertvolle mitgenommen, auch den Leuchter. Meine Mutter hat noch versucht, sich zu verteidigen, aber …«
    Adelas Lippen bebten, so überwältigt war sie von den alten Erinnerungen.
    Ermengarda stand auf und legte ihre Arme um sie. Einen Augenblick lang hielten sie sich fest umschlungen.
    Da stürmte Ada ins Gemach. »Was ist mit euch?«
    »Nichts, mein Engel. Komm her und setz dich zu uns.«
    Ada trat zu ihrer Mutter, die sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, und besah sich Ermengarda im spärlichen Licht, das durch die kleinen Fenster des Frauengemachs fiel. »Herr im Himmel, wie bist du schön«, platzte sie heraus.
    »Man sagt: Wie schön Ihr seid,
Midomna
«, verbesserte Adela wieder lächelnd. »Es wird Zeit, dass du höfische Manieren lernst.

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