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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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über den Marktplatz stolziert, als wollte er la Bela geradezu herausfordern.
    »Schlag mich doch tot, wenn du den Mut hast«, schrie er und schleuderte Tibaut Hass und Verachtung ins Gesicht. »Na los, du Feigling.«
    Der Wachmann hob die Faust, aber Tibaut winkte ab.
    »Wo kommen diese fremden Ritter her?«, fragte er scharf.
    »Ritter?« Davon wusste Felipe nichts. »Bist du irre, Mann?«, murmelte er und fühlte mit der Zunge nach dem Zahn. »Was für Ritter?«
    Tibaut war verwirrt und deshalb besonders gereizt. Er hasste es, wenn er nicht den Durchblick hatte und die Dinge aus dem Ruder zu laufen schienen. Vor Tagen war sein Mann aufgeregt heimgekehrt, um von den neuesten Entwicklungen zu berichten. Für einen Anschlag auf Ermengarda sei es leider zu gefährlich gewesen. Von Rittern hatte er gefaselt, zweihundert Mann aus Catalonha angeblich. Eine kleine Schar, nicht genug, um sich darüber zu beunruhigen. Und dennoch. Wieso tauchte plötzlich diese Reitertruppe aus dem Süden auf? Ermengarda war doch gar nicht bis Barcelona gekommen. Woher wussten die von ihr und wo sie zu finden war? Irgendetwas entging ihm hier, und das nagte an ihm.
    Außerdem sah es aus, als ob die Sache la Bela über den Kopf zu wachsen drohte. Jeden Tag wurde sie unruhiger und ihm gegenüber gehässiger. Anscheinend waren ihr verspätet Gewissensbisse gekommen.
    Jedenfalls hatte er sie nur mit Mühe davon abbringen können, Alfons eine Nachricht über das Auftauchen dieser Reitertruppe zu senden. Wenn der Graf von Ermengardas Aufenthaltsort erführe und sich einmischte, wäre ihnen jede Möglichkeit genommen, eigenständig zu handeln und das Mädel endlich auszulöschen. Die hatte schon genug Unruhe gestiftet. La Belas Machterhalt lag ihm genauso am Herzen wie ihr selbst, wenn nicht mehr, denn er hatte sich im Laufe der Jahre viele Feinde geschaffen. Ohne ihre vizegräfliche Hand über ihm war er Freiwild. Man würde ihn wie einen Hund davonjagen, besonders wenn man von den dreckigen Geschäften erfuhr, von denen selbst Ermessenda keine Ahnung hatte.
    Er musterte Felipe. Wer von beiden mochte die Flucht angezettelt haben? Kaum vorstellbar, aber konnte es sein, dass Ermengarda selbst der Kopf der jungen Ausreißer war?
    »Warum hast du deine Herzallerliebste verlassen?«
    Felipe zuckte verächtlich mit den Schultern. »Sie ist nicht meine Herzallerliebste.«
    »Was hat das Früchtchen vor? Sprich endlich!«
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Will sie nach Barcelona?« Felipe antwortete nicht, stierte ihn nur schweigend an. »Oder nach Carcassona? Will sie mit den lächerlichen zweihundert Mann den Krieg gewinnen?« Tibaut packte Felipe am Kragen und schüttelte ihn. »
Filh da puta.
Nun rede schon, du Hurensohn.«
    Felipe grinste und nickte wie ein Besoffener.
    »Klar. Den Krieg gewinnen. Wer will das nicht?«
    »Alfons steht schon vor Carcassona. Und wo will sie dann hinrennen? Vielleicht nach Paris?« Er lachte gehässig.
    »Weiß nicht«, stieß Felipe zwischen geschwollenen Lippen hervor. »Geht mich einen Scheißdreck an.«
    Der Wachmann holte aus, um ihn wieder zu schlagen, aber Tibaut schüttelte den Kopf. »Genug jetzt. Wasch ihm das Blut ab.«
    Ginge es nach ihm, hätte er das edle Muttersöhnchen noch härter angefasst, aber la Bela hatte darauf bestanden, den
filius
ihres ehemaligen Liebhabers nur mit Samthandschuhen anzufassen. Dabei wäre es besser, ihn als Mitwisser gleich ganz aus dem Weg zu räumen, spätestens sobald er ihn zum Sprechen gebracht hatte.
    Er beobachtete, wie der Wachmann sich den Holzeimer mit dem Trinkwasser des Gefangenen griff und Felipe den Inhalt über den Kopf goss. Gleich morgen früh würde er seinen Mann wieder nach Rocafort schicken, um den Auftrag endlich zu erledigen.
    »Es ist noch nicht zu Ende,
mon gartz
«, sagte Tibaut. »Dreimal ist dein Liebchen mir entkommen. Aber
fortuna
wird ihr nicht ewig lächeln.«
    Felipe nahm kaum wahr, wie die eiserne Zellentür ins Schloss fiel und abgeschlossen wurde. Ihm dröhnte der Schädel, als hätte ihn ein Pferdehuf getroffen. Sein Gesicht fühlte sich wie Brei an. Stöhnend hob er den Arm und wischte sich mit dem Ärmel Blut und Wasser ab.
    »Merda«,
flüsterte er und betastete vorsichtig die Nase.
    Zwei Tage lang hatten sie ihn hier im Turm schmoren lassen. Wahrscheinlich, um seinen Mut zu brechen. Nun dies. Und es würde nicht das letzte Mal sein, dass Tibaut ihn peinigte, das war ihm klar.
    Dann dachte er an Serrabona. Noch benebelt von den Schlägen,

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