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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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er. »Du kommst ja hoch hinaus in der Welt.«
    »Du auch«, lachte Arnaut.
    »Wieso ich?«
    »Wenn, dann nur wir beide, hab ich ihm gesagt.«
    ***
    Obwohl der Weg von seinem Palast bis zur Residenz des Erzbischofs nur kurz war, ließ Alfons es sich nicht nehmen, die Strecke mit umfangreichem Gefolge zu bestreiten. Zum einen, um dem Volk seine Macht zu zeigen, zum anderen, um seine eigene Person zu sichern. Man konnte nie wissen.
    Und so ritt er langsam und hoch zu Ross über die Brücke, zehn seiner Ritter voraus, von denen einer sein Banner hochhielt, zehn weitere folgten. Zu beiden Seiten war er von seiner berittenen Leibwache umgeben. Er blickte weder nach rechts noch nach links und nahm die Menschen nicht wahr, die fluchtartig vor seinen Männern den Weg räumten, bemerkte auch nicht die beredte Stille, die dem Zug vorauseilte, noch sah er die hasserfüllten Blicke, die ihm folgten.
    Im Hof des erzbischöflichen Palastes saß er ab und wunderte sich, dass der alte Fuchs ihn nicht persönlich und in allen Ehren an der Pforte empfing, obwohl er seine Ankunft durch einen Boten hatte melden lassen. Eine Frechheit war das. Immer musste der Mann zeigen, dass er sich nicht vor einem Grafen von Tolosa zu bücken hatte. Dabei, ohne Tolosas Schutz könnte er nicht so großspurig auftreten.
    »
Mossenher l’Avesque
ist noch beschäftigt,
Dominus.
« Domdechant Peire de Montbrun, von Dienern und zwei Domherren begleitet, war seinem Prälaten vorausgeeilt, um Alfons ehrfurchtsvoll zu begrüßen. »Er bittet, Euch einen kleinen Augenblick zu gedulden.«
    »So. Beschäftigt ist er«, murrte Alfons und zog sich die Handschuhe von den Fingern. Dann ließ er ärgerlich den Domdechant stehen und marschierte würdevoll, von seinen Leibwachen begleitet, durch den Hof, betrat die Kathedrale durch einen Seiteneingang und ließ sich auf einer der Bänke für die Gläubigen nieder.
    Dort blieb er sitzen und starrte auf den Altar und das Kreuz, das darüber hing. Als sich jemand räusperte, hallte es unnatürlich laut. Seltsam, wie jedes Geräusch, auch das geringste, in dem gewaltigen Kirchenschiff durch ein sanftes Echo verstärkt und zurückgeworfen wurde, so als bliebe nichts unbemerkt in der Gegenwart des Herrn. Alfons schloss die Augen und ruhte still und in sich gekehrt, wie im Gebet. Domdechant Peire de Montbrun, der ihm peinlich berührt bis in die Kathedrale gefolgt war, blieb in respektvoller Entfernung stehen. Er war angewiesen worden, dem Grafen Erfrischungen bringen zu lassen und ihm mit angenehmem Gespräch die Zeit zu verkürzen. Nun wusste er nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Sich zurückzuziehen wäre unhöflich gewesen, aber im Gebet stören durfte er den Grafen auf keinen Fall. Er flüsterte einem Diener zu, eiligst den Erzbischof zu rufen. Die Leibwachen indessen standen unbeweglich wie eiserne Statuen und warteten auf ihren Herrn.
    In Wahrheit betete Alfons nicht, sondern nutzte die Zeit, um seine Gedanken zu ordnen, denn es gab Wichtiges zu besprechen. Die Stille des Gotteshauses half ihm dabei. Er spürte das Unbehagen des Domdechants, und es belustigte ihn. Durch sein Verhalten hatte er den Erzbischof ins Unrecht gesetzt, und nun blieb Leveson nichts anderes übrig, als zu ihm in die Kirche zu kommen und nicht umgekehrt.
    Ein kindisches Spiel, wenn man es recht bedachte, aber sie waren sich nicht immer grün, er und Leveson. Trotz allem waren sie seit Ewigkeiten Verbündete, denn eines war Alfons heilig. Er vergaß nie solche, die ihm geholfen hatten, und dazu gehörte der Erzbischof. In jenen unruhigen Tagen, nachdem die Bürger von Tolosa sich erhoben und die Herrschaft der Aquitanier abgeschüttelt hatten, war Leveson, damals Legat des Papstes, hilfreich eingesprungen, um dem erst sechzehnjährigen Alfons den Weg zu ebnen. Als Statthalter von Tolosa hatte der Kirchenmann die Wogen geglättet und Alfons’ Rückkehr als Fürst von Tolosa vorbereitet. Dafür hatte ihn der Tolosaner Einfluss ein Jahr später auf den Stuhl des Erzbischofs gehoben. Was sie verband, war vielleicht nur eine Zweckgemeinschaft, die sich aber in den Jahren durchaus bezahlt gemacht hatte.
    Hinter sich hörte er leise Schritte und ein Getuschel. Kurz darauf räusperte sich der Domdechant neben ihm.
    »Dominus, perdona me«,
flüsterte der Mann.
    Alfons ließ ihn warten, als müsse er erst sein Gebet beenden. Dann bekreuzigte er sich. »Was ist?«, brummte er schließlich.
    »Der Erzbischof entschuldigt sich, aber wenn Ihr bereit

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