Die Comtessa
seid, Herr, erwartet er Euch gleich hier im Garten des Kreuzgangs.«
Alfons seufzte gequält und erhob sich umständlich. Der Domdechant verbeugte sich und wies ihm beflissentlich den Weg.
»Spar dir die Mühe. Ich kenne mich aus.«
Alfons betrat den Säulengang des viereckigen Kreuzgangs, in dessen Mitte sich ein kleiner, liebevoll gepflegter Garten befand. Auf einer steinernen Bank, noch aus Römertagen, erwartete ihn der Erzbischof, sorgfältig in die kostbaren Gewänder seines Amtes gekleidet. Er erhob sich, als Alfons zu ihm trat, und streckte ihm beide Hände entgegen. Sie bildeten ein ungleiches Paar. Der kleine, schmächtige Geistliche neben dem hochgewachsenen, fleischigen Fürsten.
»Tut mir leid«, murmelte Leveson mit einem dünnen Lächeln auf den blutleeren Lippen. »Unaufschiebbare Verpflichtungen …«
Alfons vermied es, den ihm dargebotenen Bischofsring zu küssen, und setzte sich stattdessen. »Vermutlich konntest du dich nicht von deinen hübschen Chorknaben losreißen«, knurrte er bissig, denn er hatte so seinen Verdacht, wo die Vorlieben des Alten lagen.
Leveson hob ergeben die Augen gen Himmel, als bitte er um Gottes Nachsicht gegenüber solchen Gehässigkeiten, und nahm ebenfalls Platz.
»Du warst in der Kirche,
mon filh
«, sagte er milde. »Solange du die Demut vor dem Herrn und das Beten nicht verlernst, besteht Hoffnung für dich.«
»Ich habe nicht gebetet«, erwiderte Alfons patzig. Der hochtrabende Ton missfiel ihm gründlich. »Was nützt mir Beten? Du solltest lieber darauf sehen, dass du dein Ver…« Er verhaspelte sich an dem Wort und musste einen neuen Anlauf nehmen. »Dass du endlich dein Versprechen einhältst.«
»Wie kann ich dir Narbona geben, wenn du alles wieder einreißt, was ich aufbaue.«
»Was soll ich eingerissen haben?«
»Wir hatten vereinbart, dass deine Männer sich im Hintergrund halten, nicht, dass sie Leute umbringen!«
Leveson mochte alt sein, aber seine Augen sprühten jetzt vor solchem Zorn, dass Alfons unwillkürlich zurückwich.
»Nichts als Gesindel war das«, verteidigte er sich. »Die haben es nicht besser verdient.«
»Wir sind nicht auf einem deiner Güter, wo du deine zerlumpten Bauern straflos niederreiten kannst. Dies hier ist eine ehrbare Stadt. Die Bürger haben Rechte. Der Rat der Konsuln ist wütend, und dies verständlicherweise. Sie verlangen eine Untersuchung, wie ich höre.«
»Anmaßendes Pack!«, antwortete Alfons trotzig. Eine Untersuchung. Allein der Gedanke war schon lächerlich.
»Nun, so weit wird es wohl nicht kommen«, sagte der Erzbischof etwas ruhiger. »Aber muss ich dich daran erinnern, wie wichtig der Handel für uns geworden ist?«
»Kein Grund, sich nach den niederen Ständen zu richten.«
»Ohne die Steuern, die wir den Kaufleuten abnehmen, kannst du dein Heer nicht bezahlen.«
»Sie haben sich dem Willen des Fürsten zu beugen.«
»Das mag sein, aber lass es dir nicht geschehen wie Guilhem von Montpelher.«
Alfons machte eine verächtliche Handbewegung. Dieser Guilhem, Fürst von Montpelher, war ein Schwachkopf. Erst kürzlich hatten seine Bürger sich erhoben und ihn verjagt, den Furz. Und statt sich an Alfons oder einen anderen Fürsten zu wenden, hatte der Mann sich ausgerechnet mit den Genuesen verbündet, um seine Herrschaft wiederherzustellen. Das war, als würde man den Wolf rufen, um den Fuchs zu vertreiben, denn für ihre Hilfe hatten die Genuesen nun ihrerseits Handelszugeständnisse und Sonderrechte gefordert.
»Wo käme die Welt hin, wenn jetzt überall … Krämer und Geldwechsler herrschen wollten? Die Stärke des Fürsten sind seine Ritter und Kastellane.«
»Das sagst gerade du? Wo waren denn deine Kastellane, als du sie brauchtest?«
Alfons zog ein mürrisches Gesicht, denn es war nicht von der Hand zu weisen, dass die Tolosaner Bürger und ihre
militia urbana
in den Jahren mehr für ihn getan hatten als alle seine unzuverlässigen Vasallen und Kastellane. Die Dinge waren nicht mehr so wie früher. Sein Vater Raimon, der alte Haudegen, musste nur winken, und schon waren sie herbeigeeilt, um an seiner Seite zu kämpfen. Zwanzigtausend Mann waren ihm nach Outremer gefolgt.
»Warum reden wir eigentlich hier im Kreuzgang?«
»Hier kann uns niemand belauschen.«
Unwillkürlich schaute Alfons sich um. Es war niemand zu sehen, außer den Vögeln, die sich in den sorgfältig beschnittenen Büschen vergnügten. Doch dann entdeckte er einen Diener, der halb versteckt mit beladenem Tablett
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