Die Comtessa
unwillkürlich einen Schauer den Rücken hinabjagte, und setzte ihr Reittier in Bewegung.
Später, als sie wieder die Via Domitia erreicht hatten, ließ Felipe sich zurückfallen und gesellte sich zu ihm.
»Das ging ja besser als erwartet«, grinste er.
»Bis auf mein loses Maul.«
»Nein, nein! Auch das gefiel ihr. Ich soll dir sagen, sie fühle sich geehrt, wenn du ihr dienen wollest.«
***
La Bela schäumte so unbändig vor Wut, dass sie zitterte.
Rastlos irrte sie mit geballter Faust in ihrem Empfangssaal umher, hätte am liebsten laut geschrien oder den nächstbesten Gegenstand zertrümmert, so sehr hatte die gelbe Galle des Zorns sie im Griff.
»Verfluchter Pfaffe! Wie kannst du mir das antun?«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Das Schlimmste war, dass sie sich in Gegenwart dieses heuchlerischen Priesters auch noch hatte beherrschen müssen, anstatt ihm an die Gurgel zu gehen. »Eines Tages werde ich dich zermalmen. Das verspreche ich dir!«
Auf dem Tisch, vor dem sie einen Augenblick lang stehen geblieben war, lag noch die Abschrift ihres Lieblingsliedes. Wie rasend zerriss sie das feine Pergament und warf die Fetzen ins Kaminfeuer, wo sie augenblicklich entflammten und vergingen. Nach dieser so kurzen wie unsinnigen Befriedigung nahm sie ihre rastlose Wanderung wieder auf, wütend vor sich hin murmelnd.
Die Ursache ihres Zorns war der Besuch des Erzbischofs. Besser gesagt, die unverblümte Erpressung, mit der er sie gezwungen hatte, nach seinem Willen zu verfahren. Es war schon ungewöhnlich genug, ihn plötzlich und ohne Ankündigung in ihren Gemächern zu empfangen, hatte er doch seit Jahren den vizegräflichen Palast nicht mehr betreten. Nach einer Begrüßung, so knapp, dass es fast schon an grobe Unhöflichkeit grenzte, war er vor der Statue der Göttin Diana stehen geblieben.
»Ist das die Hexengöttin, mit deren Hilfe Ihr Eure Ränke schmiedet?«, hatte er bissig gefragt.
»Was soll das?«, war sie aufgefahren. »Mein Gott ist derselbe wie der Eure.«
Seine Antwort war ein gehässiges Lachen gewesen.
»Ich mache es kurz und ohne Vorrede, la Bela. Am Sonntag in einer Woche wird sich Alfons Jordan, Graf von Tolosa, mit deiner Stieftochter Ermengarda von Narbona in meiner Kathedrale vermählen. Und du, meine Schöne, wirst mit einem Lächeln danebenstehen und das Paar beglückwünschen!«
Wie vom Donner gerührt war sie gewesen. Lange hatte es ihr die Sprache verschlagen, während Leveson sie kalt lächelnd beobachtete. Dann hatte sie sich gefasst.
Natürlich. Es lag doch auf der Hand. In ihren Absichten, den Graf für sich selbst einzunehmen und zu verführen, war sie nicht auf das Nächstliegende gekommen. Vielleicht, weil sie erst vor Tagen vom Tod seiner Frau erfahren hatte. Oder weil sie ihre Stieftochter immer noch als Kind hatte sehen wollen. Ohne Zweifel war aber dieses Kind jetzt alt genug, das Blut des Grafen von Tolosa zu erhitzen. Wie einst Aimeric sich in sie vernarrt hatte. Aber er kennt sie doch gar nicht. Wer hat ihm von ihr geflüstert? Dieser Priester natürlich. Da war ihr auf einmal alles klar. Es ging nur um das Erbe. Bei einer Eheschließung würde Alfons die Vizegrafschaft ganz von selbst in den Schoß fallen. Sie hätte also ausgedient, man würde sie nicht mehr brauchen. Und dieser Feigling Alfons hatte den Pfaffen vorgeschickt, anstatt es ihr selbst zu sagen.
»Kommt gar nicht in Frage, alter Mann«, hatte sie trotzig dagegengehalten. »Ermengarda ist immer noch mein Mündel, vergiss das nicht. Und mein Einverständnis werdet ihr nie bekommen.«
»Welch bessere Verbindung könnte es geben, als eine Heirat mit Tolosa? Wenn du klug bist, wirst du zustimmen.«
»Niemals!«
Da hatte er sie angefahren: »Also gut, du kleine Schlampe. In Wahrheit hast du keine Wahl, denn mir ist alles bekannt, was ihr beide, du und dein gewissenloser
fornicator,
getrieben habt.«
Für einen Augenblick verschlug es ihr die Sprache. Wie konnte er wagen, so mit ihr zu reden?
»Dass Menerba mir freundschaftlich verbunden ist, weiß doch wohl ganz Narbona«, zischte sie zurück. »Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig.« Ins Gesicht gelacht hatte sie ihm dabei. Aber nicht für lange, denn die nächsten Worte trafen sie bis ins Mark.
»Es steht außer Frage, dass deine Hurerei für niemanden ein Geheimnis ist. Ich aber spreche von ganz anderen Dingen, für die du dich zu verantworten hast.« Boshaft hatte er sie aus zusammengekniffenen Augen angestarrt.
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