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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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freundliches Gesicht wurde plötzlich zornig, und seine Augen blitzten gefährlich.
    »Willst du nun fliehen, oder tust du nur so?«, herrschte er sie an. »Am besten stellst du dich gleich den Reitern da drüben. Sie werden dich heimbringen in deinen schönen Palast. Wir dagegen verstecken uns, wo Jori gesagt hat. Ich hoffe nur, du verrätst uns nicht.«
    Damit machte er kehrt und bahnte sich seinen Weg über die Trümmer in Richtung der Hütten. Jori blickte sie verlegen an, zuckte dann bedauernd mit den Schultern und folgte ihm.
    Sie war wütend und ängstlich zugleich. Was für ein grober Kerl. Sie hatte Lust, ihm einen Stein an den Kopf zu werfen. Dann fiel ihr Blick auf die Reiter. Auch sie erkannte, dass sie näher gekommen waren. Arnaut hatte recht. Sie konnte zu ihnen hinübergehen und sich aufgeben. Ihr würde nichts geschehen. Im Gegenteil. Man würde sie erleichtert heimführen. Sie kaute unschlüssig auf der Lippe.
    Aber dann sah sie Alfons’ Gesicht vor sich. War das ihre Zukunft? Und sie dachte an
Domna
Anhes, die alles gewagt hatte, um ihr zu helfen. Ihr Vater wäre stolz auf sie, hatte sie gesagt. Plötzlich schämte Ermengarda sich für ihre Feigheit.
    »Wartet!«, rief sie den beiden hinterher und stolperte unsicher über die verwitterten Steine der Arena. Eine Dornenranke ritzte ihr Gesicht, und als sie sich die Wange rieb, war Blut auf der Hand. Still vor sich hin fluchend, kämpfte sie sich durch die Ruinen. Wer denkt er eigentlich, wer er ist? Meint er, er hat Mut und Tapferkeit für sich allein gepachtet?
    ***
    Joan de Berzi war äußerst schlechter Laune.
    Anstatt mit seinen Männern zu fressen und zu saufen und gebührend die Hochzeit seines Lehnsherrn zu feiern, mussten sie nun bei einbrechender Dunkelheit die Gegend nach der flüchtigen Braut durchkämmen.
    Eines musste er ihr lassen, das Mädel hatte Schneid. Obwohl, es hieß, sie war entführt worden. Doch da hatte er seine Zweifel. Die hatte mit Sicherheit einen
domnejant,
einen Liebhaber, das kleine Luder. An der Nase herum hatte sie alle geführt, besonders seinen Herrn.
    Die Gärten oberhalb der Vorstadt hatten die hundert Mann, die er gesammelt hatte, schon allesamt durchstöbert, sehr zum Leidwesen der Bauern, denen sie das letzte Gemüse des Jahres zertrampelten. Hier im Ödland voller Disteln und Gestrüpp hatte er die Flüchtenden eher erwartet, aber bisher war nicht ein Zipfel von ihnen zu sehen gewesen. Hundeführer hätte man mitnehmen sollen. Aber in der Eile war daran nicht gedacht worden.
    Gellend pfiff er durch die Finger und machte seinen Männern missmutig Zeichen, zu der Ruine zu reiten. Dort, wenn überhaupt, mochten sie vielleicht sein. Bei zunehmender Dunkelheit würde es in jedem Fall schwierig werden, die kleine Ausreißerin zu fassen. Er hatte seine Männer gewarnt, dass sie in Begleitung bewaffneter Kerle war. Es musste ja nicht sein, dass sich einer seiner Jungs auch noch verletzte.
    Am Rande der römischen Arena angekommen, ließ er den Blick über das Innere der verfallenen Anlage schweifen. Nichts Auffälliges zu sehen, aber da unten war genug an Baum und Strauch, um eine halbe Hundertschaft zu verstecken. Er wies seine Leute an, die Arena zu umzingeln, damit niemand entkommen konnte, sollten sich die Flüchtenden hier befinden. Dann ließ er zwanzig Mann absitzen und die Sohle der Mulde von einem Ende bis zum anderen sorgfältig durchsuchen. Mit gezogenen Schwertern arbeiteten sie sich langsam in einer Reihe vor, aber außer einem verschreckten Fuchs und ein paar lärmenden Krähen scheuchten sie nichts aus den Büschen.
    Joan zog geräuschvoll den Schleim durch die Nase und spuckte, was immer er zutage gefördert hatte, angewidert aus. Zeitverschwendung das Ganze. Da bemerkte er die elenden Bretterbuden, die ein Stück weit von der Ruine entfernt lagen. Er gab seinem Pferd die Sporen und winkte den Männern, ihm zu folgen.
    Die aneinandergelehnten Hütten, ein halbes Dutzend an der Zahl, waren aus verwitterten Holzresten, mit Lehm verschmiertem Weidengeflecht, Strohmatten und kaputten Dachziegeln zusammengeflickt und sahen aus, als genüge ein kräftiger Windstoß, um sie hinwegzuwehen. Dahinter ein dürftiger Gemüsegarten mit zur Hälfte geernteten Steckrüben und zwei Reihen Kohlköpfe. Hühner stoben gackernd davon, als die Reiter sich näherten, und eine magere Ziege zerrte an ihrem Pflock. Ansonsten war niemand zu sehen.
    »Ola!«,
rief Joan de Berzi. »Wer lebt hier?«
    Am Eingang der größten

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