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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und zum Aufbruch bereit.
    Severin teilte Brot, Trockenfleisch und Käse aus. Jori hatte bereits die letzte Glut des Lagerfeuers zertreten, den Topf am Bach ausgewaschen und Wasserschläuche und Kalebassen aufgefüllt, die er jedem an den Sattelknauf hängte. Dann hockte auch er sich nieder und nahm seinen Anteil entgegen.
    Fraire
Aimar faltete die Hände, forderte mit einem Blick in die Runde, es ihm gleichzutun, und stimmte wie jeden Morgen ein kurzes Gebet an.
    »Herr im Himmel, wir danken Dir für Deine Gaben und bitten Dich, uns zu behüten auf all unseren Wegen. Amen.«
    »Amen!«, murmelten auch die anderen im Chor und bekreuzigten sich, bevor sie sich über ihr Morgenmahl hermachten.
    Arnaut streifte mit der Messerspitze eine Ameise von seinem Brot und beobachtete verstohlen die Gefährten, während er kaute. Severin war wie immer guter Laune und nicht aus der Ruhe zu bringen, und Jori, schon vorher ein keckes Bürschchen, schien in diesen Tagen wahrhaftig aufzublühen. Mit dem alten Maultier, das sich als erstaunlich zäh und ausdauernd erwiesen hatte, kam er immer besser zurecht. Er genoss ganz offensichtlich den Ritt durch die Wälder, die unbekümmerten Scherze unter den jungen Männern, an denen er sich großspurig und vorlaut beteiligte, ganz als sei er ihnen ebenbürtig. Doch bei jeder noch so kleinen Aufmerksamkeit, die ihm Ermengarda schenkte, stieg ihm das Blut in die Wangen, und dann machte er ein Gesicht wie ein glücklicher junger Hund, dem man den Bauch kitzelte.
    Nein, Jori ging es bestens, dachte Arnaut. Wer ihm Sorgen machte, das war Peire Raimon. Obwohl der sich nichts anmerken ließ, war er bleich, und der Arm schien ihm bei jeder Bewegung zu schmerzen. Leider konnten sie auf dem Weg kaum hoffen, einen
medicus
anzutreffen, höchstens eine kundige Kräuterfrau in einem der Dörfer, wenn sie nur erst einmal aus diesem wilden Gelände kamen.
    Bisher waren sie von niemandem belästigt worden, obwohl durchaus dunkle Gestalten ihren Weg gekreuzt hatten, bewaffnete Schmuggler zumeist, die eine Reihe bepackter Maultiere mit sich führten, oder zerlumpte und verlauste Kerle mit finsteren Mienen. Zweifellos Gesetzlose, die im Wald hausten. Arnaut war überzeugt, dass nur der Anblick von vier schwerbewaffneten Reitern sie zurückgehalten hatte.
    Ähnlich wie Jori schien auch Ermengarda der Ritt durch die Wildnis gutzutun, trotz anfänglicher Klagen über dieses oder jenes. Inzwischen murrte sie nicht mehr, lachte häufiger, leistete bereitwilliger ihren Anteil wie jeder andere.
    Seit einiger Zeit hatte Arnaut bemerkt, dass Felipe entschlossen war, den
domnejant
zu spielen, Ermengarda wie ein Schürzenjäger den Hof zu machen, und bemüht, ihr bei jeder Gelegenheit Liebesdienste zu erweisen. Er hielt ihr den Steigbügel, wenn sie aufbrachen, reichte ihr die besten Stücke von der Wegzehrung, bot ihr bei jeder Gelegenheit seinen Wasserschlauch an und ließ es nicht zu, dass am Abend jemand anders als er allein ihr Zelt und Lager richtete. Und jedes Mal dankte sie es ihm mit strahlendem Lächeln. Wie die Turteltauben benahmen sie sich.
    Plötzlich gab es einen Tumult unter den Pferden. Arnauts Hengst Amir keilte aus und biss nach den Hälsen der anderen Tiere. Besonders ihr Packtier hatte es ihm mal wieder angetan. Arnaut sprang auf und ging dazwischen, zog Amir am Zügel zur Seite und beruhigte ihn.
    »Bring das verdammte Maultier weg«, zischte er Severin wütend an. »Du weißt, das gibt nur Ärger.«
    Severins Augen funkelten zornig. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?« Dann fuhr er zu Jori herum und schnauzte ebenfalls los. »Na mach schon! Du hast es gehört,
putan!
Binde das Viech woanders an. Immer nur Ärger mit dieser
bestia.
«
    »Beruhigt euch, ihr beiden«, mahnte
Fraire
Aimar lächelnd. »Kein Fluchen am Tag des Herrn!«
    »Ein bisschen Fluchen wird Ihn schon nicht beleidigen«, kicherte Severin. Seine gute Laune war wieder zurückgekehrt.
    »Ist heute nicht der Gedenktag von Chrysanthius und Daria?«, fragte Ermengarda. »Eigentlich hätte heute meine Vermählung stattfinden sollen. Der Erzbischof fand es passend, mich am Tag der Liebenden an Alfons Jordan zu ketten. Aber dann haben sie den Hochzeitstag vorgezogen, und jetzt nützen ihnen auch die Heiligen nichts mehr.«
    Das hatte sie mit einem schadenfreudigen Grinsen gesagt. Lebendig begraben hatte man Chrysanthius und Daria, weil sie lieber gemeinsam hatten sterben wollen, als ihren Glauben aufzugeben. Neben Alfons

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