Die Corleones
nicht mal seine Richter könnten ihm dann noch helfen. Er ist dumm, aber so dumm dann doch nicht. Nein, an der Parade können wir teilnehmen.«
»Das sehe ich auch so. Allerdings sollten wir sicherheitshalber unsere Leute auf dem Gehsteig mitlaufen lassen.« Als Vito zustimmend nickte, umarmte Genco ihn und verließ das Büro.
Nachdem Genco zwischen den Kisten im Zwielicht des Lagerhauses verschwunden war, trat Sonny ins Büro und schloss die Tür. »Pa«, sagte er, ich muss mit dir reden.«
Vito ließ sich auf seinen Stuhl fallen und sah ihn an. »Bist du eigentlich noch ganz bei Verstand? Mit einem Ehrenmann wiePentangeli so zu reden, als wäre er ein Niemand? Gegenüber einem solchen Mann erhebst du die Stimme und deutest mit dem Finger auf ihn?«
»Tut mir leid, Pa. Ich hab die Beherrschung verloren.«
»Du hast die Beherrschung verloren«, wiederholte Vito und wandte sich mit einem Seufzer von Sonny ab. Er ließ den Blick über die Klappstühle und leeren Wände schweifen. Irgendwo draußen polterte ein Lastwagen vorbei, das Ächzen seines Motors über dem Hintergrundmurmeln des Verkehrs deutlich hörbar. Im Lagerhaus gingen Türen auf und zu, und Stimmen hallten gedämpft und unverständlich zu ihnen herein. Vito berührte den Knoten seiner Krawatte und löste ihn dann ein wenig. Als er sich wieder an Sonny wandte, sagte er: »Du wolltest bei deinem Vater ins Geschäft einsteigen? Nun, das ist dir gelungen.« Er hob den Finger, um Sonny zu bedeuten, er solle ihm genau zuhören. »Du wirst in keinem unserer Treffen jemals wieder ein Wort sagen, bis ich es dir erlaube oder bis ich dich direkt dazu auffordere. Hast du verstanden?«
»Himmel, Pa …«
Vito sprang auf und packte Sonny am Kragen. »Widersprich mir nicht! Ich habe dich gefragt, ob du mich verstanden hast?«
»Himmel, Pa – ja, ich hab verstanden.« Sonny wich einen Schritt zurück und strich sein Hemd glatt.
»Verschwinde«, sagte Vito und wies zur Tür. »Los.«
Sonny zögerte einen Moment und griff dann nach dem Türknauf, drehte sich aber wieder um. Sein Vater starrte ihn noch immer wütend an. »Pa«, sagte er, als wäre nichts geschehen – als hätte er in der kurzen Zeit, während deren er sich von Vito ab- und ihm wieder zugewandt hatte, vergessen, wie zornig sein Vater war. »Ich wollte dir etwas erzählen. Ich habe um Sandras Hand angehalten.«
In dem langen Schweigen, das daraufhin folgte, starrte Vito ihn weiterhin an, doch sein Blick wirkte weniger wütend als neugierig. Schließlich sagte er: »Jetzt wirst du also für eine Frau sorgen müssen und bald auch für Kinder.« Vito klang, als würde er mit sichselbst sprechen und nicht mit Sonny. »Vielleicht lernst du von deiner Frau zuzuhören. Vielleicht lehren dich deine Kinder Geduld.«
»Wer weiß.« Sonny lachte. »Alles ist möglich.«
Vito musterte seinen Sohn eingehend. »Komm her«, sagte er schließlich und breitete die Arme aus.
Sonny drückte seinen Vater an sich und trat dann einen Schritt zurück. »Ich bin noch jung«, sagte er, als würde das alles entschuldigen, was Vitos Zorn erregte. »Aber ich kann lernen, Pa. Ich kann von dir lernen. Und jetzt werde ich heiraten … und meine eigene Familie haben.«
Vito packte Sonny im Nacken und grub seine Finger in den dichten Haarschopf. »Vor einem solchen Krieg wollte ich dich beschützen …«, sagte er, blickte Sonny in die Augen und küsste ihn dann. »Aber es ist mir nicht gelungen, und das muss ich akzeptieren.« Er tätschelte Sonny sanft die Wange. »Jetzt habe ich wenigstens eine gute Nachricht, die ich deiner Mutter erzählen kann, um ihre Angst vor dem kommenden Krieg auszugleichen.«
»Muss Mama überhaupt etwas davon erfahren?«, wollte Sonny wissen. Er ging zum Garderobenständer hinüber und holte Vitos Hut, Mantel und Schal.
Vito seufzte angesichts der dummen Frage seines Sohnes. »Wir werden zusammen mit den anderen Männern auf Long Island wohnen«, sagte er. »Fahr mich jetzt nach Hause, damit wir packen können.«
»Also, Pa«, sagte Sonny, nachdem er Vito in den Mantel geholfen und ihm die Tür aufgehalten hatte. »Möchtest du immer noch, dass ich den Mund halte, wenn ich bei einem Treffen anwesend bin?«
»Ich möchte kein einziges Wort von dir hören«, erwiderte Vito, »außer ich fordere dich ausdrücklich dazu auf.«
»In Ordnung, Pa.« Sonny öffnete die Händflächen, um zu signalisieren, dass er das hinnahm. »Wenn du das so willst.«
Vito zögerte und betrachtete Sonny, als
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