Die Corleones
Reihe von Lampen, die an der Decke hingen, nur schwach erleuchtet. Die Wände waren von einander überlappenden Schatten bedeckt. Luca sah, wie sich auf der anderen Seite des Gebäudes eine Tür öffnete und mehrere Mündungsblitze durch die Dunkelheit zuckten. Das Feuer wurde von den Laufstegen an den Seitenwänden der Halle erwidert. Luca lief zu der Leiter, und als Rick seinem Bruder von der anderen Seite des Gebäudes eine Warnung zurief, hatte er schon den halben Weg zu dem Kistenstapel zurückgelegt,hinter dem sich einer der Donnellys verbarg. Billy gelang es, noch zweimal zu schießen, und der zweite Schuss traf Luca diekt über dem Herzen in die Brust. Es fühlte sich an, als hätte ein großer Mann ihn mit einem gezielten Faustschlag erwischt, aber es reichte nicht aus, um ihn von den Füßen zu holen, und dann war er schon bei Billy. Er schlug ihm die Pistole aus der Hand und legte ihm den Arm um den Hals, so dass er außer einem panischen Röcheln keinen Ton mehr zustande brachte. Luca ließ sich einen Moment Zeit, um wieder zu Atem zu kommen, wobei er Billy wie einen Schild vor sich hielt.
»Billy!«, rief Rick von der anderen Seite der Halle.
JoJo und die anderen hatten sich wieder auf die Straße zurückgezogen. Im Schlachthof herrschte Stille, und außer Billys Keuchen war nur ein leises Summen zu hören, dessen Ursprung Luca nicht ausmachen konnte.
»Deinem Bruder geht’s gut«, brüllte Luca. Mit dem freien Arm stieß er den Kistenstapel beiseite, und einige davon fielen die etwa sieben Meter bis auf den Boden hinunter. »Komm raus …. Rick.« Er drückte Billy vor sich gegen das Geländer, den einen Arm noch immer um Billys Hals, den anderen mit dem Revolver an der Seite. Als Rick nicht antwortete und sich nicht zeigte, sagte Luca: »Jumpin’ Joe will … dich sehen. Er will mit … dir und Billy reden.«
»Du bist ein verlogenes Arschloch«, erwiderte Rick. Er sprach, als würde ihm Luca an einem Tisch gegenübersitzen. Wäre ihm nicht anzuhören gewesen, wie entsetzlich müde er war, hätte er sogar belustigt geklungen.
Luca spürte, wie Billy sich ein wenig entspannte, und lockerte seinen Griff, damit der Junge leichter atmen konnte. »Komm jetzt da raus«, rief er zu Rick hinüber. »Ich möchte deinen Bruder … nicht erschießen. Giuseppe will nur … mit euch reden.«
»Du lügst«, sagte Rick hinter den Kisten hervor. »Alle wissen, dass du jetzt für die Corleones arbeitest.
»Ich arbeite nur für mich«, erwiderte Luca. »Ihr Iren … solltet das verstehen.«
Billy wand sich in Lucas Griff und brüllte: »Er lügt, Rick. Erschieß den Bastard!«
»Na schön, mein Junge«, flüsterte Luca ihm ins Ohr. Er zerrte Billy über das Geländer und ließ ihn schreiend und zappelnd über dem Abgrund baumeln. Zu Rick sagte er: »Verabschiede dich … von deinem kleinen Bruder.« Im selben Moment stieß Rick ein paar Kisten um und trat mit den Händen über dem Kopf einen Schritt vor.
»Gut«, sagte Luca. Er ließ Billy fallen, hob den Revolver und feuerte Rick in Brust und Bauch, bis die Trommel leer war. Rick zuckte erst zurück, kippte schließlich vornüber über das Geländer und landete auf einem Fließband.
Billy, der unter Luca auf dem Betonboden lag, versuchte mit einem Stöhnen aufzustehen, aber er hatte sich das Bein gebrochen – aus seinem Oberschenkel ragte ein Knochen. Er übergab sich und verlor das Bewusstsein.
»Steckt sie in Zementschuhe«, sagte Luca, als Jojo, gefolgt von Paulie und Vinnie, die Halle betrat. »Und werft sie in den Fluss«, fügte er auf dem Weg zur Leiter hinzu. Er war müde und freute sich darauf, endlich schlafen zu können.
Vor dem Hauseingang der Romeros unterhielten sich etwa ein halbes Dutzend Männer in billigen dunklen Anzügen mit zwei jungen Frauen in Glockenhüten und enganliegenden Kleidern, die für ein Begräbnis eher unpassend waren. Wahrscheinlich waren das die einzigen besseren Kleider, die sie besaßen, dachte Sonny bei sich. Er hatte um die Ecke geparkt und die Straße eine halbe Stunde lang beobachtet, bevor er entschied, dass es ungefährlich war, sich bei Vinnies Totenfeier sehen zu lassen. Die Corleones hatten einen Kranz in die Leichenhalle geschickt, und Sonny hatte einen fetten Umschlag mit fünftausend Dollar in der Tasche, den er persönlich übergeben wollte, obwohl ihm befohlen worden war, den Beerdigungen fernzubleiben, vor allem Vinnies Beerdigung. Genco zufolge war es Mariposa durchaus zuzutrauen, ihm bei einer
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