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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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Totenfeier aufzulauern. Sonny holtetief Luft und spürte dabei den beruhigenden Druck seines Schulterhalfters.
    Bevor er den Eingang erreichte, bemerkten ihn die beiden Mädchen und verschwanden eilig im Haus. Als er die Stufen hinaufstieg und durch den Flur zur Treppe ging, die zur Wohnung der Romeros im zweiten Stock führte, erwarteten ihn Angelo Romero und Nico Angelopoulos bereits auf dem ersten Absatz. Im Halbdunkel des Treppenhauses wirkte Angelo um zehn Jahre gealtert. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Lider gerötet, und unter den Augen hatte er dunkle Ringe. Er sah aus, als hätte er seit der Parade nicht mehr geschlafen. Die leisen Gespräche der Trauergäste hallten zu ihnen herab. »Angelo«, sagte Sonny, doch dann stockte ihm die Stimme, und er brachte kein Wort mehr heraus. Bisher hatte er jeden Gedanken an Vinnie verdrängt. Wenn er überhaupt an seinen Tod dachte, dann wie an ein Häkchen auf einer Liste. Vinnie ist tot. Abgehakt. Aber mehr war da nicht, mehr ließ er nicht zu. Doch kaum hatte er Angelos Namen ausgesprochen, setzte sich etwas in seinem Hals fest, und er verstummte.
    »Du solltest nicht hier sein.« Angelo rieb sich so fest die Augen, dass es aussah, als wollte er sie zerquetschen. »Ich bin müde«, erklärte er überflüssigerweise. »Ich hab nicht viel geschlafen.«
    »Er träumt schlecht«, sagte Nico und legte Angelo die Hand auf die Schulter. »Die Albträume halten ihn wach.«
    Sonny brachte ein »Angelo, es tut mir leid« zustande, aber auch das kostete ihn große Anstrengung.
    »Yeah«, erwiderte Angelo. »Aber du solltest nicht hier sein.«
    Sonny schluckte trocken und blickte die Treppe hinab – durch ein Fenster in der Haustür war die Straße zu sehen. Ihm fiel es leichter, über das Geschäft nachzudenken, über Einzelheiten. »Ich hab mich umgeschaut, bevor ich hierhergekommen bin. Da draußen wartet niemand auf mich. Macht euch keine Sorgen.«
    »Das hab ich nicht gemeint«, sagte Angelo. »Meine Familie möchte nicht, dass du hier bist. Du bist auf der Totenfeier nicht willkommen. Meine Eltern werden dich nicht reinlassen.«
    Sonny benötigte einen Moment, bis das in sein Bewusstsein gedrungen war. »Ich hab euch das hier mitgebracht.« Er zog den Umschlag aus der Jacketttasche. »Immerhin etwas«, sagte er und hielt ihn Angelo hin.
    Angelo verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich werde nicht mehr für deine Familie arbeiten. Bekomme ich deshalb Schwierigkeiten?«
    »Nein.« Sonny ließ den Umschlag sinken. »Wie kommst du darauf? Mein Vater wird das verstehen.«
    »Gut.« Angelo trat dichter an Sonny heran. Erst sah es so aus, als wollte er ihn umarmen, doch dann hielt er inne. »Was haben wir uns nur gedacht?«, fragte er in flehentlichem Tonfall. »Dass wir uns in einem Comic befinden und niemand etwas passieren kann?« Er wartete, als hoffte er wirklich, Sonny hätte eine Antwort parat. Als Sonny schwieg, fuhr er fort. »Ich muss geträumt haben – so fühlt es sich jedenfalls an. Wir müssen alle geträumt haben, nichts könnte uns etwas anhaben. Aber …« Er seufzte leise, und ein wenig klang es wie ein Stöhnen, während er langsam ausatmete und dabei versuchte sich einzugestehen, dass Vinnie tot war. Dann ging er die Treppe hinauf, den Blick noch immer auf Sonny gerichtet. »Ich verfluche den Tag, an dem ich dich kennengelernt habe«, sagte er in ruhigem Tonfall und ohne jede Böswilligkeit oder Zorn. Damit verschwand er im oberen Stockwerk.
    »Er meint das nicht so«, sagte Nico, als Angelo außer Hörweite war. »Er ist völlig verzweifelt, Sonny. Du weißt, wie nahe sich die beiden standen. Die waren wie Schatten aneinandergeklebt. Himmel, Sonny!«
    »Schon klar.« Sonny reichte Nico den Umschlag. »Sag ihm, dass ich ihn verstehe. Und dass meine Familie für ihn und seine Familie da sein wird, wann immer sie etwas brauchen. Machst du das, Nico?«
    »Das weiß er.« Nico steckte den Umschlag ein. »Ich werde mich darum kümmern, dass sie das bekommen.«
    Sonny tätschelte Nico die Schulter und wandte sich um.
    »Ich bring dich zum Wagen«, sagte Nico und folgte ihm. Auf der Straße angekommen, fragte er: »Was ist jetzt mit Bobby? Ich hab gehört, dass er sich versteckt hält.«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Sonny, und seinem Tonfall war anzuhören, dass er nicht über Bobby sprechen wollte.
    »Hör mal, ich muss dir unbedingt was erzählen.« Nico nahm Sonny am Arm, und sie blieben auf dem Gehsteig stehen. »Angelo und ich haben das bequatscht,

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