Die Corleones
Messer!«
»Weiß er, dass ihr hier seid?« Corr riss sich von Jimmy los, und es gelang ihm, alleine zu stehen, wenn auch auf recht wackeligen Füßen. Sein Blick fiel auf den Edelstahltisch und das Schlachtermesser. »Ihr verfluchten Makkaronis. Ihr seid nichts als ein Haufen Barbaren.«
»Sizilianer kaufen hier natürlich nicht ein«, fuhr Clemenza fort, als wäre er nicht unterbrochen worden. »Mario ist Neapolitaner. Wir mögen keine neapolitanischen Würste.« Er schaute sich um und betrachtete die funkelnden Töpfe und Pfannen, die verschiedenen Küchenutensilien, zu denen auch eine Bandsäge gehörte.
»Wo ist mein Knüttel?«, fragte Corr. Als er sah, dass sich Al darauf stützte wie Fred Astaire auf seinen Spazierstock, sagte er wehmütig: »Ach, wie gerne würde ich dir damit den Schädel einschlagen, Pete.«
»Tja, aber daraus wird nichts mehr«, sagte Clemenza und deutete auf eine Tür. »Macht ihn im Gefrierraum fertig. Da drin hört euch niemand.« Corr ging ohne sich zu wehren mit. »Bis gleich, Corr!«, rief Clemenza ihm noch hinterher.
Nachdem der Ire und die beiden Jungs die Tür hinter sich geschlossen hatten, blieb Clemenza vor der Wand stehen, an der Messer und Sägen in unterschiedlichster Form und Größe hingen. »Schaut euch das an«, sagte er und stieß einen anerkennenden Pfiff aus.
Vor sich Emilio Barzini und dicht gefolgt von Phillip Tattaglia bahnte sich Tessio zielstrebig einen Weg durch das Labyrinth aus Tischen, an denen mehr als fünfzig Gäste in Abendgarderobe über ihrem Essen saßen und sich lachend unterhielten. Das Lokal war zwar nicht ganz so angesagt wie der Stork Club, aber viel fehlte nicht. Es befand sich in einem Hotel in Midtown, und jeden Abend drängten sich hier zahlreiche Berühmtheiten, doch von den Familien wurde es für gewöhnlich nicht frequentiert. Tessio ließ den Blick über die Tische schweifen. Hatte er da nicht Joan Blondell an einem der Tische sitzen sehen, einem äußerst eleganten Mann gegenüber, den er nicht kannte? An einer Seite des Saals hatte sich auf einem schmalen weißen Podest ein kleines Orchester niedergelassen. Ein Bandleader im Frack trat an ein Mikrofon, das neben einem weißen Klavier stand, klopfte dreimal mit dem Dirigentenstab dagegen, und das Orchester spielte die ersten Takte einer schwungvollen Version von »My Blue Heaven«.
»Dieses Weibsbild hat eine Stimme wie ein Engel«, sagte Tattaglia, als sich eine junge Frau mit rauchgrauen Augen und langem schwarzen Haar dem Mikrofon näherte und zu singen begann.
»Yeah«, stimmte Tessio ihm zu, und diese einzelne Silbe klang wie ein sehnsüchtiger Seufzer.
Weiter hinten im Saal stand Little Carmine, einer von Tomasinos Jungs, vor einer Doppeltür aus Glas. Er hatte die Hände hinter dem Rücken gefaltet und schaute zu der Sängerin hinüber. Ein dünner Vorhang war vor die Glastüren gezogen, und dahinter konnte Tessio die Umrisse zweier Personen erkennen, die an einem Tisch saßen. Als Emilio die Türen erreichte, hielt Little Carmine ihm eine davon auf, und Tessio und Tattaglia folgten Emilio in einen kleinen Raum, in dem ein runder Tisch stand, andem ein Dutzend Gäste Platz gefunden hätten; allerdings war nur für fünf gedeckt. Neben dem Tisch, direkt hinter Mariposa, der einen grauen dreiteiligen Anzug mit einer hellblauen Krawatte und einer weißen Nelke trug, stand ein Kellner mit einer Flasche Wein. Rechts von Mariposa saß, in einem zerknitterten Jackett, Tomasino Cinquemani; er hatte den obersten Hemdknopf geöffnet und die Krawatte ein wenig gelockert. »Salvatore!«, rief Mariposa, als Tessio den Raum betrat. »Gut, Sie zu sehen, mein alter Freund.« Er erhob sich und streckte die Hand aus, und Tessio schüttelte sie.
»Ganz meinerseits, Joe.« Tessio nickte Tomasino kurz zu, der zwar nicht aufgestanden war, aber trotzdem froh zu sein schien, dass er hier war.
»Setzen Sie sich!« Mariposa wies auf den Platz neben sich und wandte seine Aufmerksamkeit dann dem Kellner zu, während Barzini und Tattaglia sich gemeinsam mit Tessio am Tisch niederließen.
Zu dem Kellner sagte Mariposa: »Für meine Freunde möchte ich nur das Beste. Achten Sie darauf, dass die Antipasti frisch sind«, erklärte er von oben herab. »Für die Soßen Tintenfisch, auf einer Pasta, richtig schwarz. Auf die Ravioli frische Tomaten mit genau der richtigen Menge Knoblauch. Nicht zu viel, nur weil wir Italiener sind, eh!« Er blickte lachend in die Runde. Zu Tessio sagte er: »Ich hab
Weitere Kostenlose Bücher