Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
Meinung.“
Mit verträumter Miene sah Primrose sich im Laden um. „Ach“, seufzte sie glücklich, „ich sehe im Geiste schon alles vor mir.“
„Ich auch“, bekräftigte Carolyn.
In diesem Moment bemerkte Primrose das Paket, das die Weberin enthielt, auf einem Verkaufstisch. Die Art, wie sie das Packpapier berührte, hatte etwas Zärtliches. „Ich könnte sie auf dem Heimweg bei Brody abliefern“, bot sie an.
Im Stillen bezeichnete Carolyn sich als dreifach verrückt – da hatte sie die Chance, einen Botengang von ihrem Aufgabenzettel zu streichen und Brody zu zeigen, dass sie nicht nach seiner Pfeife tanzte –, aber sie schüttelte den Kopf.
„Er ist draußen auf der Ranch, mit Davis und Conner bei der Arbeit“, erklärte sie. „Und die Weberin ist viel zu wertvoll, um sie vor seiner Haustür abzulegen.“
Daraufhin bedachte Primrose Carolyn mit einem kurzeneindringlichen Blick. Ihre Augen blitzten fröhlich auf. „Na, wenn das nicht interessant ist!“
„Das ist nur eine Vermutung“, erwiderte Carolyn lahm.
„Aber es tut meinem alten Herzen gut.“
Dann zeigte Primrose Carolyn jedes einzelne Stück, das sie mitgebracht hatte, und Carolyns Bewunderung kam aus ehrlichem Herzen.
„Wie ist das, wenn man wie du Menschen und Tiere auf Stoff oder Leinwand zum Leben erwecken kann?“, fragte sie versonnen.
„Ich stelle mir vor, dass es nicht viel anders ist, als im Handumdrehen etwas Wunderschönes zu nähen, wie du es tust. Ich habe deine Arbeiten gesehen, Carolyn. Du hast ein Auge für Formen und Farben und Bewegung – sei nicht immer so verdammt bescheiden und steh zu dir.“
Steh zu dir.
Was genau sollte das bedeuten?
Ihr Leben lang, so erschien es Carolyn, hatte sie versucht, etwas zu beweisen: Sie war ein Pflegekind, aber … sie hatte nie das College besucht, aber … sie hatte sich damals Hals über Kopf in Brody verliebt, aber …
Wenn nun alles, was sie sich je gewünscht hatte, zum Greifen nah für sie war … und sie weiter nichts dafür zu tun hatte, als zu sich zu stehen?
16. KAPITEL
D er Samstag ließ sich nach Brodys Meinung alle Zeit der Welt, und sich in der Zwischenzeit von Carolyn fernzuhalten war ihm nur möglich, weil er auf der Ranch mit Davis und Conner Zwölf-Stunden-Tage hatte. Zäune mussten repariert, verirrtes Vieh eingefangen, kranke Kühe mit Medizin versorgt, Ställe ausgemistet und Pferde beschlagen, entwurmt und bewegt werden.
Ein Rancher hatte buchstäblich nie Feierabend.
Da er, Kim und die Minihunde am Sonntagmorgen nach Stone Creek aufbrachen, pfiff Davis dauernd, und sein Gang war beschwingt. Er war der geborene Großvater, und Brody wusste, dass er die Geburt von Tricias und Conners Kleinem kaum erwarten konnte.
Auch Conner war einigermaßen guter Laune, nachdem Tricia nun zugestimmt hatte, zu Hause zu bleiben, Carolyn das Kommando über den Laden zu überlassen und sich zu schonen, bis das Baby auf der Welt war.
Was Brody selbst betraf, war er nervös wie ein Primaner vor seiner ersten Verabredung. Seine Stimmungen durchliefen das gesamte Spektrum von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt, und er wusste selbst nie, wann eine Laune die andere ablösen würde.
Am Samstag arbeitete er nur den halben Tag, organisierte einen Anhänger, um Moonshine von der Ranch zurück in den neuen Stall zu transportieren, und brachte den Wallach mit Barneys fragwürdiger Hilfe in seiner Box unter.
In Brodys Augen machte Moonshine einen etwas einsamen Eindruck, so ganz allein in dem großen Stall, sosehr Letzterer auch Formen annahm. Die Boxen waren fertig, und Wasser und Strom waren angeschlossen, was man vom Haus nicht behaupten konnte. Auch der Koppelzaun stand bereits.
„Vielleicht sollten wir zwei bei Moonshine einziehen“,sagte er nur halb im Scherz zu Barney. Es war noch nicht einmal Juni, und das Haus würde nach den Worten des Bauunternehmers erst Mitte August bezugsfertig sein.
Barney trottete zufrieden hechelnd an seiner Seite, als sie zum Blockhaus gingen.
Brody hasste den Platzmangel, den Tresen, der sich mitten durchs Haus zog, das notdürftige Badezimmer, das geborgte Bett und die Tatsache, dass er sich mit einem kniehohen Kühlschrank und einer Mikrowelle von der Größe eines Schuhkartons begnügen musste.
Am meisten hasste er es jedoch, dass er im Blockhaus immer allein war. Das war wirklich Mist.
Aber, halleluja, endlich war Samstag.
Seit ein paar Tagen hatte er einen Teil der Belegschaft des Bauunternehmens beim Bluebird-Kino
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