Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
schnarchte.
Brody beschloss, dass er noch ein drittes Bier brauchte.
Tricia stand auf, und Conner folgte ihrem Beispiel.
Während seine Frau barfuß zurück ins Schlafzimmer tappte, legte Conner eine Hand auf Brodys Schulter. „Trink nicht so viel“, riet er ihm. „Morgen früh hast du genug Probleme, da brauchst du nicht obendrein noch mit einem Kater aufzuwachen.“
Brody seufzte, zu starrsinnig, um zu antworten. „GuteNacht“, wünschte er brummig.
Conner lachte, schüttelte den Kopf und folgte Tricia in den Flur.
Carolyn fand in dieser Nacht ein bisschen Schlaf, aber es war nicht der Rede wert.
Nicht dass sie jemanden zum Reden gehabt hätte.
„Ach hör auf“, ermahnte sie sich selbst, als sie im Bad hoch aufgerichtet vor dem Spiegel über dem Waschbecken stand. „Ich habe dein Gejammer satt, Carolyn Simmons.“
Ausnahmsweise erhielt sie keine bissige Antwort.
Carolyn hob das Kinn, straffte die Schultern und betrachtete kritisch ihr Gesicht.
Ihre von verschmierter Wimperntusche gerahmten Augen erinnerten an einen Waschbären. Und außerdem waren sie auch noch verquollen.
Von ihrem Lippenstift war nur ein rosa Fleck auf ihrer rechten Wange geblieben.
Und entwickelte sich da ein Fieberbläschen am Nasenloch?
Energisch ließ sie Wasser ins Waschbecken laufen, schrubbte die Reste ihres Cinderella-Make-ups fort und schöpfte sich mehrere Hände Wasser ins Gesicht.
Als sie fertig war, sah sie immer noch schlimm aus, aber sie war wenigstens sauber.
Sie tupfte Salbe auf das knospende Fieberbläschen und marschierte zurück in die Küche, wo der Zigeunerrock über einer Stuhllehne hing.
Es war kein hoffnungsloser Fall, wie sie am Vorabend geglaubt hatte, doch der Rock benötigte ziemlich umfangreiche Reparaturmaßnahmen. Zusätzlich zu Winston und einem Wochenvorrat an Sardinen würde sie den Rock, mehrere Schnittmuster und ihre treue Maschine einpacken und mit zu Kim und Davis nehmen. Stich für Stich würde sie den Rock – und ihre eigentliche Persönlichkeit – wieder zusammenfügen.
Carolyn beschäftigte sich in Gedanken mit ihrer Aufgabenliste, während sie Kaffee kochte – sie benötigte irgendetwas, um in Gang zu kommen –, und beschloss, Winston zum Frühstück mit seiner Lieblingsmahlzeit zu beglücken.
Als sie den Deckel von der Sardinenbüchse rollte, wurde ihr jedoch übel.
Sie stürzte ins Bad, hielt mit einer Hand ihr Haar zurück und übergab sich heftig.
Und dabei fiel es ihr ein.
Sie gestern Abend Wein getrunken – mehrere Gläser Wein –, und geblendet von allem, was Brody unternommen hatte, um den Abend zu etwas Besonderem zu machen, hatte sie keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass sie Alkohol nicht vertrug.
Ich bin nicht verrückt, dachte sie jubilierend, noch während sie unter einem erneuten Würgereiz vor der Toilette in die Knie ging.
Es lag am Wein.
Als Erstes fuhr Brody am nächsten Morgen Kims und Davis’ Auto zurück zur Ranch, um es gegen seinen Pick-up auszutauschen. Dort würde er die Pferde füttern und sich den Vollblüter noch einmal ansehen. Mit Glück konnte er bei Kim ein Frühstück schnorren oder wenigstens eine anständige Tasse Kaffee.
Um Tricias und Conners verdammte Kaffeemaschine zu bedienen, benötigte man ja ein Ingenieursdiplom. Durch die Ehe und die bevorstehende Vaterschaft war sein Zwillingsbruder, wie es Brody schien, ein bisschen sonderbar geworden.
Vor allem aber quälte Brody, dass die Gedanken an Carolyn ständig dicht unter der Oberfläche lauerten und sich in jedem unbedachten Moment Bahn brachen.
Selbst jetzt noch fand er, dass ein Abendessen und die privatePräsentation eines Erstaufführungsfilms ihn in die Oberliga beförderten, was kreative Organisation von Verabredungen betraf. Er hatte den staunenden Ausdruck in Carolyns Augen bemerkt, als sie die für ein romantisches Essen zu zweit hergerichtete Snackbar gesehen hatte. Sie war entzückt, vielleicht sogar ein bisschen bezaubert gewesen, genauso wie er es beabsichtigt hatte.
Gut, er hätte bei der Wahl des Films mehr Feingefühl walten lassen können. Aber er hatte sich entschuldigt, oder? Jedenfalls spätestens, als er begriffen hatte, worüber sie sich so aufregte.
Seufzend rückte er seinen Hut zurecht.
Na ja, eigentlich war es Conners Hut, wie auch alles andere, was er an diesem Morgen trug.
Die Frage war, wie etwas so Schönes plötzlich dermaßen den Bach runtergehen konnte wie der vorige Abend.
„Guten Morgen“, rief Davis von der Hintertür,
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