Die Crock-Expedition
irgendwo einzuschließen und dort zu bleiben.«
»Glauben Sie, daß wir hier in Sicherheit sind?«
Blake trat erneut ans Fenster. Zuerst hatte sich eine Menschenmenge über den Platz gewälzt. Dann waren die Atonier gefolgt, die riesigste Ansammlung, die er jemals gesehen hatte, eine größere Zahl von Crock-Eingeborenen, als sie jemals jemand für denkbar gehalten hatte. Und nun schwärmten die Lybiden – weit mehr als tausend – über den Platz.
Ein Lybide vermochte einen menschlichen Körper nicht zu heben und fortzutragen. Aber er konnte ihn fortzerren. Und die vom Blut berauschten Lybiden, obschon sich gelegentlich Streit um eine Leiche ergab, waren nicht in solchem Maße vom Blutrausch umnebelt, daß sie auf leichte Beute, sollte sie ihnen über den Weg laufen, verzichtet hätten, obwohl es für jeden Lybiden viele tote Menschen und viele tote Atonier gab (der Unterschied bedeutete ihnen nichts). Das Problem – Blake sprach es nicht aus – lag darin, daß die Lybiden zwar, ihrem hundeähnlichen Instinkt zufolge, ihre Mahlzeiten fortzerrten, um sie in einem ruhigen Winkel zu verzehren, aber das Blutvergießen war bei weitem zu groß gewesen, um sich zu der Hoffnung versteigen zu können, sie würden anschließend fortbleiben. Wären die Opfer alle säuberlich erwürgt worden, hätten sie nicht das leiseste Interesse der Lybiden gefunden. Doch zahlreiche Körper waren zu blutigen Klumpen zermalmt, andere wiesen Bißwunden von den Zähnen der Atonier auf. In allen Straßen der Stadt war Blut geflossen, das meiste jedoch auf dem Platz. Die Folge mußte sein, daß es hier für Tage, vielleicht sogar für Wochen, von blutgierigen Lybiden wimmelte.
Blake überlegte, wie viele der ungefähr fünftausend Einwohner überlebt haben mochten. Hundert? Wahrscheinlich kaum mehr. Jetzt konnten nur jene noch leben, die sich irgendwo eingeschlossen oder verbarrikadiert hatten. Blake vermochte sich keine andere Rettungsmethode vorzustellen, außer vielleicht, jemand hatte versucht, in einem Transporter die Stadt zu verlassen und ein Gebiet zu erreichen, in dem sich keine rasenden Atonier und keine blutgierigen Lybiden aufhielten. Aber eine größere Anzahl von Atoniern konnten auch einen schweren Transporter aufhalten, indem sie sich ihm einfach in den Weg warfen, ihn beschädigten, während sie überfahren und niedergewalzt wurden, ihn umkippten, ihn vielleicht nur ins Schleudern brachten, damit er gegen ein Hindernis prallte.
Ein Dutzend Männer mit Schußwaffen konnte ein Dutzend Atonier samt einigen Lybiden mit Leichtigkeit niedermachen. Hundert Atonier und hundert Lybiden genügten für das Gegenteil. Jene, die den Atoniern entkamen, mußten den Lybiden zum Opfer fallen.
Dennoch mußte es in der Stadt eine Handvoll von Überlebenden geben, mit denen es Verbindung aufzunehmen galt. Lybiden gerieten nur durch Blut, das sich auflecken ließ, oder durch frisches Blut in Erregung. Verbranntes Blut interessierte sie nicht, nachdem der erste Gestank verflogen war. Ein Dutzend Männer würde den Platz mit Flammenwerfern sterilisieren können, dann die umliegenden Straßen, und womöglich würde die Stadt wieder bewohnbar sein.
Und während Blake solchen Überlegungen nachging, roch er plötzlich Rauch …
Wie das Feuer ausbrechen konnte, ließ sich nie ermitteln. Menschen, die sich in Häuser gerettet hatten, würden diese, ihren einzigen Schutz bis zur Ankunft des nächsten Raumschiffs in drei Wochen, nicht angezündet haben. Die Atonier kannten keine Verwendung von Feuer, und die Lybiden fürchteten es, obwohl es sie in ihrem gegenwärtigen Blutrausch nicht abgeschreckt hätte.
Gleich darauf sah er die Flammen auf der anderen Seite des Platzes auflodern.
Blake begann unterdrückt zu fluchen; das Unglück, das über Boston gekommen war, nahm einen immer endgültigeren Verlauf. Doch falls die Attacke der Atonier auf einem Plan beruhte konnte man wohl kaum von einem Unglück sprechen, und Blake begann Zweifel zu hegen. Die Atonier hatten ausgerechnet an einem Tag zugeschlagen, an dem nahezu die gesamte Einwohnerschaft Bostons sich unter freiem Himmel zusammengefunden hatte, als alle Läden und öffentlichen Gebäude geschlossen und verrammelt waren, als es unmöglich war, den Festplatz schnellstens zu räumen.
Die Panik und das Gedränge hatten vielen hundert Menschen das Leben gekostet, vielleicht Tausenden. Es hatte keine Arbeitsbrigade, kein Verein, keine Formation von Männern und Frauen zur Verfügung gestanden,
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