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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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Macht, sondern wegen der Gestaltungsmöglichkeiten, die ich mir vom Vorstandsvorsitz versprach. Ich habe mich dann auch voll reingehängt. Doch im Nachhinein merke ich: Ich war in eine Struktur hineingeraten, die sehr schnell Besitz von mir ergriff.
    Fühlten Sie sich trotz der Zwänge souverän?
    Im Grunde schon. Doch manchmal war die Struktur auch übermächtig. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße brennt immer irgendwo etwas. Oder man weiß nur noch nicht, dass irgendwo etwas brennt.
    Hat Sie das bedrängt?
    Ich empfand es als sehr unangenehm. Weil es dem menschlichen Instinkt widerspricht, der ja Unsicherheit vermeiden will. Das zu überwinden ist ein gutes Training für den Rest des Lebens. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Diese Aufgabe angenommen zu haben ist eine Riesenerfahrung, ist ein Segen, wirklich ein Segen. Ein unglaubliches Glück.
    Sie denken nie: Was habe ich mir da bloß angetan?
    Nie. Es gab ja auch Situationen, in denen die Arbeit richtig Spaß gemacht hat. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich den Job relativ jung machen durfte. Und dass ich gesund wieder herausgekommen bin. Einen meiner Vorstandskollegen habe ich beerdigt. Herzinfarkt – tot umgefallen. Mit 47 . Er war einer, der sich alles zu Herzen nahm, der alles an sich herankommen ließ, der ein richtig Guter, fast ein Freund war.
    Fühlten auch Sie sich manchmal gesundheitlich angeschlagen?
    Eher ausgelaugt.
    Lag es am wenigen Schlaf oder am vielen Druck?
    Ich habe viele Probleme absorbiert, in meinen Körper hineingefressen. Als Vorstandschef ist man allem Möglichen ausgesetzt. Da muss man sich einen Mantel schneidern, damit einem die Dinge nicht so unter die Haut gehen. Man muss versuchen, seine Emotionen außen vor zu lassen, aber ohne dass das Umfeld es merkt. Denn das Umfeld will Führung, will reinkriechen in einen, will Dinge abladen. Um in solch einer Führungsaufgabe wirklich gut zu sein, brauchst du neben der Betriebswirtschaft noch einmal eine völlig andere Sicht der Dinge.
    Eine innere Distanz?
    In gewissem Sinne. Mir fällt kein anderer Ausdruck ein als Unabhängigkeit, Stärke, ja Emotionslosigkeit, die aber draußen so nicht ankommen darf.
    Eine Härte, die sich als Weichheit tarnt.
    Und umgekehrt. Emotionslos heißt ja, dass man zum Beispiel wütend ist, aber innerlich ist man ganz ruhig. Weil man weiß, es ist nicht wirklich wichtig. Es berührt nicht die eigenen Emotionen. Aber du musst jetzt mal wütend sein.
    Vielleicht darf man in so einer Position die anderen Menschen gar nicht so ernst nehmen? Nicht versuchen, jeden, mit dem man zu tun hat, in seiner ganzen komplexen Persönlichkeit zu sehen …
    Man darf die anderen, man darf nichts übertrieben ernst nehmen. Das ist wahr.
    Wird man nicht zum Zyniker, wenn man nichts mehr ernst nimmt?
    Nein, nicht wenn man Mitgefühl hat. Man muss ehrliches Mitgefühl haben, aber am Ende wissen: im übergeordneten Sinne ist nichts wichtig. Auch man selbst nicht.
    Braucht man dazu auch das Schauspieltalent, auf das Sie vorhin anspielten, als Sie sagten, Unternehmensführung sei zum Teil Show?
    Nein, es ist mehr die innere Haltung. Wenn man sein Verhalten als Schauspielkunst begreift, wird es gefährlich. Ich will keine Namen nennen, aber wenn Sie Akteure in der Politik oder auch in der Wirtschaft über längere Zeiträume beobachten, stellen Sie fest, ob einer wirklich so ist oder ob er spielt.
    Kann man ein DAX -Unternehmen wirklich führen und dabei zugleich spielen?
    Für eine gewisse Zeit funktioniert das. Irgendwann kommt heraus, dass die Substanz fehlt. Menschen haben dafür ein Gespür, gegen das man auf Dauer kein Unternehmen führen und auch kein politisches Amt bekleiden kann. Es ist nur die Frage: Dauert es fünf, zehn oder 15 Jahre, bis der große Knall kommt?
    Sind Politiker eigentlich anders als Manager? Als Telekom-Chef hatten Sie ja viel mit ihnen zu tun.
    Politiker sind noch um ein Vielfaches – und das unterschätzt man leicht – mehr getrieben durch das, was andere denken, sprich: was die Öffentlichkeit denkt.
    Wer war denn Ihr direkter Ansprechpartner in der Politik? Hatten Sie beispielsweise die direkte Nummer von Finanzminister Steinbrück?
    Natürlich. Aber man benutzt sie nicht häufig. Man will ja den Leuten nicht auf den Wecker gehen. Das macht man nur, wenn es wirklich ernst wird. Beim Thema Maut beispielsweise musste ich sehr viel mit Politikern telefonieren …
    … Telekom und Daimler haben 2003 ein System zur Erfassung der LKW -Maut

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