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Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Titel: Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meissner
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faszinierte ihn ungemein, wie Rot in der Dunkelheit zu Rost wurde. Immer noch schön, aber gealtert. Auch er selbst konnte sich vorstellen, auf Kelm – unbehelligt vom Krieg, seiner Willkür und seinen Unannehmlichkeiten – langsam zu Rost zu werden. Niemand wusste, wie alt Dämonen eigentlich werden konnten. Die Städte des Himmels vergingen nie. Aber musste nicht alles, was einem nahe war, im Sog der Zeit zu Staub werden?
    Orogontorogon schlief. Sein Bauch bewegte sich hechelnd. Vielleicht träumte er.
    Am folgenden Tag erkundete er weiter die Insel. Ersah Farne, die sich wie tausend Finger auseinanderfächerten. Winzige Vögel, die in der Luft stehend aus Pflanzenkelchen tranken. Schlangen, die ihn mit Neugier betrachteten und lispelnd gespaltene Zungen benutzten, um den weiteren Weg zu erkunden. Einen Wasserfall, der sich unten in aufsteigenden Nebel zu verwandeln schien. Bunte Bögen in der Luft, die man deutlich sehen, aber mit Händen nicht greifen konnte. Kein Tier ähnelte ihm, aber dann wiederum schienen sich auch kaum zwei der anderen Tiere zu ähneln. Selbst Weibchen und Männchen derselben Gattung unterschieden sich viel deutlicher voneinander, als das zum Beispiel bei den Menschen der Fall war. Bei seinen Kämpfen gegen Menschen hatte Orogontorogon oft nicht gewusst, ob er es nun mit einem Mann oder einer Frau zu tun hatte. Es hatte auch keine Rolle gespielt. Im Tierreich schien das anders zu sein. Beide Geschlechter verhielten sich auch unterschiedlich.
    Um besser lernen und verstehen zu können, tötete Orogontorogon einige dieser Tiere und nahm sie auseinander. So unterschiedlich sie außen auch aussahen – in ihrem Inneren fand der Dämon doch immer wieder Organe von gleichartiger Beschaffenheit. Wenn man dagegen einen Dämon durchschnitt, gab es zwar auch Blut und Eingeweide, aber Blut in Hunderten von verschiedenen Ausprägungen, von beinahe klar bis hin zu klebrig und dickflüssig. Und Eingeweide gab es bei Dämonen, die die Struktur eines Schwammes oder Pilzes hatten, oder die an eine Ansammlung von Kieselsteinen erinnerten, oder die verpufften, wenn man sie betrachtete, oder die sich gegenseitig verdauten, um ihrem Träger im Schneetreiben Kraft und Wärme zu verleihen.
    Wenn Orogontorogon die Tierleichen genügend untersucht hatte, fraß er sie auf. Es gab ja keinen Grund, gute Nahrung zu verschmähen.
    Nach dem Hereinbrechen der zweiten Nacht setzte der Dämon einen Berghang in Brand, einfach nur, um beobachten zu können, nach welchen Richtungen die Flammen sich ausbreiteten. Feuer faszinierte ihn ungemein. Es gebärdete sich wie ein lebendiges Wesen, war stets auf der Suche nach Futter und Ausbreitung. Dennoch schien es keinen echten Verstand zu besitzen. Es fraß, bis nichts mehr da war, und dann starb es. Vielleicht, dachte Orogontorogon, ist jedes Feuer Teil desselben großen Feuers, das unsichtbar in allem brennt. Aber je mehr er diesen Gedanken zu verfolgen suchte, desto mehr entglitt er ihm, in etwa, wie wenn er über den Himmel nachdachte und über die Weite, die zwischen hier und den am Nachthimmel leuchtenden Städten lag.
    Er schrak zusammen, als plötzlich jemand neben ihm stand.
    Der Rauch des Feuers wehte über alles hin und machte die Nacht fransig und schattenbewegt, aber Orogontorogon täuschte sich nicht. Ein Mensch stand neben ihm. Schmutzig, langhaarig, bärtig. Ein Mann wahrscheinlich. Der Mann sah aus, als hätte er etwas Sperriges im Mund.
    »Dir hat wahrscheinlich nie jemand beigebracht«, sagte der Mann, »dass man nicht einfach überall morden und brandschatzen kann, wie es einem gerade in den Sinn kommt.«
    Orogontorogon erhob sich lässig. Er überragte den Menschen deutlich und konnte sich ein schiefes Grinsennicht verkneifen. »Oho! Es gibt noch mehr Überraschungen! Ein Spatz piepst und hält sich für einen Drachen! Hast du denn gar keine Furcht vor einem leibhaftigen Dämon, du lustiger Waldschrat?«
    Der Mann ging gar nicht auf die Beleidigung ein. Seine Augen spiegelten den Brand. »Das ist meine Insel. So weit habe ich mich schon zurückgezogen. Warum lasst ihr mich nicht einfach in Frieden, ihr Hunde des Krieges?«
    Orogontorogon wollte einen Schritt auf ihn zu machen, um ihn zu packen, zu zerreißen, fortzuschleudern oder ins Feuer zu werfen, doch er stutzte. »Wir kennen uns doch irgendwoher, oder nicht? Nicht deine Fresse, die habe ich noch nie zuvor gesehen … Aber an deinem Geruch ist etwas. Ich täusche mich nicht. Aber das kann doch gar

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