Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
der Straße entdeckt und angeworben worden. Belodia hatte in einem Lazarett gearbeitet und Marna nach einem Reitunfall gepflegt. Und Hazmine war wirklich im Heer des Vierten Baronats gewesen und hatte dieses nur zu bereitwillig wieder verlassen. Keine dieser jungen Frauen stammte wirklich von Faur Benesand ab, aber theoretisch möglich war es immerhin, dass ihre Mütter dem hübschen jungen Helden gegenüber sich für eine einzige Nacht als schwach erwiesen hatten. Es war eine ungemein attraktive Truppe. Die Pferde waren nicht ganz so edel, wie Marna sich das erträumte, aber dafür standen Die Töchter Benesands ja noch am Anfang, waren ja auch noch keine dreißig Mädchen stark, so wie Marna sich das vorstellte.
Drei Aufträge hatten sie bislang zur vollen Zufriedenheitihrer Anwerber erfüllt. Sie hatten in der Nähe des Ersten Inneren Schlosses an einer Jagdgesellschaft teilgenommen und diese mit blitzenden Schenkelchen und gewagten Reitsprüngen bestens unterhalten. Immer zu einem Kunststück und einem Scherz aufgelegt, ganz im Sinne des großen Vorbilds. Sie hatten eine Gruppe Händler, die sich vor Banditen fürchtete, durch den Norden am Fuße des Wolkenpeinigergebirges begleitet. Und sie hatten anschließend im Norden des Vierten Baronats tatsächlich eine Gruppe solcher Verbrecher zur Strecke gebracht – acht Hehler aus Ferretwery, die ein Warenlager in einer Berghöhle unterhielten – und diese den Soldaten des Vierten Hauptschlosses übergeben. Bei diesem Auftrag hatten sie zum ersten Mal Blut vergossen, drei der Hehler waren auf der Strecke geblieben, und mit Ausnahme von Belodia hatte das keiner von ihnen etwas ausgemacht. Belodia hatte anschließend Die Töchter Benesands verlassen dürfen. Niemand wurde von Marna zu etwas gezwungen. Sie waren Söldnerinnen der Anmut, keine tumben Soldatinnen und Befehlsempfängerinnen.
Dann hatten plötzlich alle vom Krieg geredet. Aus heiterem Himmel. Ein echter Krieg.
Marna hatte nicht lange fragen und bitten müssen. Der Hunger in den Augen ihrer »Schwestern« spiegelte ihren eigenen wider. Sie hatten sich beworben, so wie ihr großes Vorbild sich auch seinerseits beworben hatte, und sie hatten nicht einmal Prüfungen bestehen müssen. Sie waren dem Heer des Fünften Baronats zugeteilt worden, Hugart Belischells eigener Truppe, die im gewaltigsten Heerwurm, den das Land Orison jemals gesehen hatte, ganz vorne mitmischte.
Die Töchter Benesands platzten beinahe vor Stolz. Sie genossen das üble Wetter, das ihre enge Kleidung klatschnass zur Geltung brachte. Sie genossen den kalten Matsch, mit dem man als Reiterin viel weniger in Berührung kam als die bemitleidenswerten Fußsoldaten dort unten. Sie genossen ihre Zusammengehörigkeit, die Tatsache, dass sie ein bereits seit Monaten aufeinander eingespielter Trupp waren, während der Rest des Heeres ziemlich bunt und hastig zusammengewürfelt war. Sie genossen die begehrlichen Blicke der Soldaten, die Eifersucht der verhältnismäßig unansehnlichen Soldatinnen, die Anerkennung der Offiziere. Sie meldeten sich gern freiwillig, wenn es um Wachehalten oder das Aufstellen von Unterkünften ging. Das Kartoffelschälen und Latrinenputzen überließen sie den Männern.
Schließlich, nach drei Tagen, in denen die Fußsoldaten bereits durch Schlamm und Kälte zu Tode erschöpft waren, Die Töchter Benesands jedoch vor Lebensfreude noch strotzten, erreichte das Heer das Innere Schloss des Sechsten Baronats, und die gewaltigste Schlacht der jüngeren orisonischen Geschichte stand bevor.
Schon von Weitem hatte man das Schloss qualmen sehen. Die Berittenen waren unter Hugart Belischells Kommando vorgeprescht, um zu retten, was noch zu retten war. Die Töchter Benesands galoppierten hier also beinahe Seite an Seite mit dem von der Königin eingesetzten Heereskoordinator ganz Orisons. Es war ein Rausch. Der Reitwind bauschte ihre herrlichen, wohlgepflegten Haare weithin sichtbar auf. Ihre Pferde waren denen der Kavalleristen leicht unterlegen, aber nur auf längere Strecken. Dies war ein Sturmangriff.
Das Schloss schwelte und ächzte in allen Fugen unter der Belastung der nichtmenschlichen Angreifer.
»Es sind nur etwa fünftausend Dämonen!«, erfasste Hugart Belischell mit wenigen Blicken. »Wir sind 30 000 Menschen! Macht sie nieder ohne Gnade!«
Dieses Macht sie nieder ohne Gnade war wie eine Zauberformel. Ein magischer Trank. Ausdruck höchster Überlegenheit. Der Sieg, der nur noch Formsache war, bereits
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