Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
später Große. Die Kleinen und die Großen sind dasselbe, nur vorher und nachher.«
»Was denn, echt? Aus dem kleinen Stummel wird mal ein kräftiger Arbeiter?«
»Eine Arbeiterin, glaube ich.«
»Na, da hast du ja was entdeckt! Ich geh’ jetzt weitertöten, ja?«
»Nur zu, Psell. Es ist genug für alle da. Da hinten kommt nämlich Verstärkung.«
»Verstärkung? Wo?«
»Außerhalb der Burg. Da oben auf den Hügeln, siehst du’s nicht? Auf Pferden sogar.«
»Das ist ja … großartig! Hurraaaahhhhhh!« Der Pressfliegenmann stürmt davon und summt dabei mit seinen viel zu kurzen Flügelchen.
Genja hat nicht so richtig verstanden, worüber die beiden gesprochen haben. Ihre Stimmen sind auch sodumpf und knurrend unter den Masken. Sie wünscht sich, sie würden das Reden ganz bleiben lassen.
Der Hund nimmt sie sicherer auf den Arm, sodass sie in seiner Armbeuge gut sitzen kann. Irgendwie mag sie sein Gesicht. »Und, was machen wir beide jetzt, meine Kleine? Wollen wir auch weitertöten gehen?«
Genja versteht nicht, was er meint. Sie schüttelt entschieden den Kopf. »Entchen«, sagt sie. »Entchen ist noch im Bett.«
»Entchen? Ist das ein Brüderlein oder ein Schwesterlein?«
»Was redest du für Quatsch?«, muss Genja lachen. »Entchen ist doch kein Mensch! Entchen ist Entchen!«
»Aha, soso, Entchen ist kein Mensch. Na, dann wollen wir doch mal sehen, was wir für Entchen tun können.«
noch neununddreißig bis zum Ende
Für den Inneren Schlossvogt des Sechsten Baronats nahm der Albtraum gar kein Ende mehr.
Ganz am Anfang des Albtraums war die eigenartige Stille gewesen.
Aus dem Äußeren Schloss war kein Brief, kein Reiter, kein Händler, kein Reisender, kein Gesuch, keine Stücklieferung mehr gekommen, dann auch aus dem Hauptschloss nicht mehr. In Richtung Orison-Stadt lief weiterhin alles reibungslos, und in die Richtungen Fünftes Inneres und Siebtes Inneres ebenso. Aber nach Süden hin war alles wie tot. Und das, wo die Königin doch regelmäßig Zehnten und Steuerstücke aus ihren Provinzen erwartete! Der Vogt des Inneren Schlosses hatte sich als im Stich gelassen empfunden, als abgeschnitten von der Unterstützung und Zuarbeit der beiden südlicheren Schlösser. Er hatte an eine Verschwörung geglaubt, an einen Streich, sogar an eine Art von Putschversuch gegen ihn. Mehrmals hatte er den Koordinator der Schlösser um Hilfe ersucht, doch dieser, im Hauptschloss weilend wie alle Baronatskoordinatoren, hatte geschwiegen. Weil der ein Teil der Verschwörung war? Ihr Anstifter gar?
Dann war es noch schlimmer gekommen.
Der Albtraum hatte sich vertieft.
Aus Orison-Stadt war ein Erlass ergangen, Truppen zusammenzuziehen und zur Hauptstadt zu schicken. Truppen? Und was war mit den beiden südlicheren Schlössern? Weshalb leisteten die nicht ihren Beitrag? Warum erging dieser Erlass nur an die Inneren Schlösser? Das war doch mitnichten gerecht!
Dann war es noch schlimmer gekommen.
Der Albtraum hatte sich in der Breite erweitert.
Der Vogt hatte um eine Erklärung gebeten. Seinen Posten mit dieser Verzögerung aufs Spiel gesetzt. Natürlich hatte er unterdessen bereits Truppen rekrutiert, um für alles gerüstet zu sein, aber dennoch wollte er doch wissen, was hier gespielt wurde. Man antwortete ihm aus der Hauptstadt in sachlich-bürokratischem Tonfall, dass aus dem Süden eine Invasionsarmee heranrücke, die bereits das Äußere und das Hauptschloss eingenommen habe, und dass man ihm dringendst rate, das Innere Schloss Richtung Hauptstadt zu evakuieren.
Das war vielleicht ein Schock gewesen. Das Schloss, sein Schloss – aufgeben? Wo doch schon seine Mutter, seine Großmutter und sein Urgroßvater hier Schlossvogt gewesen waren, durch harte Arbeit, in Tradition verfestigt?
Der Vogt zwang keinen zu bleiben. Aber zu phantastisch, unglaubwürdig geradezu, erschien ihm diese Behauptung mit der Invasionsarmee. Wer sollte das denn sein? Die Coldriner würden doch von Norden aus angreifen, gewiss nicht von Süden.
Vierhundert Rekrutierte schickte der Vogt zur Hauptstadt,weniger als jedes andere Schloss. Das war eine eigentümliche Sache. Er selbst glaubte nicht an diese Invasion und ließ deshalb sein Schloss nicht im Stich. Die Menschen jedoch ängstigten sich abergläubisch – und blieben deshalb ebenfalls. Da sie nämlich fürchten mussten, ihre Heimat, wie sie sie kannten, nur noch als Ruinen wiederzusehen, versagten sich viele der Einberufung. Sie sahen keinen Sinn darin, erst nach
Weitere Kostenlose Bücher