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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wie die Sonne. Mit jedem Schritt nimmt seine Macht zu.
    »Ich kann nicht kapieren, warum jemand ausgerechnet Sie besuchen will«, meint einer der Wachen zu ihm. »Das erste Mal, was?«
    Der Wachmann heißt Phillip Wilson und fährt einen roten Mustang mit dem personalisierten Nummernschild KEYPR.
    Keeper - Wächter dahinter ist jean-Baptist schon an seinem ersten Tag hier gekommen.
    Er antwortet den Wachmännern nicht, als sie ihn, begleitet von einem gewaltigen Hitzeschwall, durch eine weitere Tür führen.
    »Kein einziger Besucher?«, erwidert der zweite Wachmann, Ron Abrams. Er ist ein schlanker Weißer mit schütterem braunem Haar. »Sie sind echt zu bemitleiden, was, Monsieur Chandonne?«, spöttelt er.
    Beim Wachpersonal herrscht ständiger Wechsel. Officer Abrams ist neu, und Jean-Baptiste ahnt, dass er sich darum gerissen hat, den berüchtigten Wolfmann zum Besucherbereich zu begleiten. Neue Vollzugsbeamte sind immer neugierig auf Jean-Baptiste. Wenn sie sich erst einmal an ihn gewöhnt haben, ekeln sie sich nur noch vor ihm. Laut Aussage von Motte fährt Officer Abrams einen schwarzen Toyota-Geländewagen. Motte kennt jedes Auto auf dem Parkplatz, ebenso wie jede Aktualisierung des Wetterberichts.
    Die Rückseite der winzigen Besucherzelle besteht aus dickem, weiß lackiertem Maschendraht. Officer Wilson schließt auf, nimmt Jean-Baptiste die Handschellen ab und schubst ihn in die Zelle, die mit einem Stuhl, einer Ablagekonsole und einem schwarzen Telefonhörer an einem Metallkabel ausgestattet ist.
    »Ich hätte gern eine Pepsi und Schokoladeneclairs, bitte«, sagt Jean-Baptiste durch das Drahtgitter.
    »Haben Sie Geld?«»Ich habe kein Geld«, erwidert Jean-Baptiste leise.
    »Okay, diesmal tu ich Ihnen den Gefallen, weil Sie noch nie Besuch hatten. Und die Dame, die Sie besuchen will, wäre blöd, wenn sie Ihnen was kaufen würde, Arschloch.« Die unflätige Bemerkung kommt von Officer Abrains.
    Durch die Glasscheibe betrachtet Jean-Baptiste den blitzsauberen, großen Raum und glaubt, dass er keine Augen braucht, um die Verkaufsautomaten samt Inhalt und die drei Besucher, die am Telefon mit drei anderen Todestraktinsassen sprechen, zu sehen.
    Sie ist nicht hier.
    Die Kurve von Jean-Baptistes elektrischer Spannung macht vor Wut einen Ausschlag nach oben.

97
    Wie so oft in Notsituationen werden die besten Bemühungen durch die Kleinigkeiten des Alltags vereitelt.
    Für Senator Lord war es noch nie ein Problem, seine Telefonate selbst zu erledigen. Er hat es nicht nötig, sich aus Unsicherheit wichtig zu machen, und findet, dass es schneller geht, wenn man sich selbst einer Sache annimmt, als sie zuerst einem Mitarbeiter zu erklären. Sobald er in der Telefonzelle den Hörer aufgehängt hat, kehrt er zu seinem Auto zurück, fährt weiter nach Norden und telefoniert dabei per Freisprechanlage mit seinem Chefberater.
    »Jeff, ich brauche die Nummer des Gefängnisdirektors von Polunsky. Sofort.«
    Sich Notizen zu machen, während er sich durch den Berufsverkehr auf der I-95 schlängelt, ist eine besondere Fähigkeit, die sich der Senator schon Vorjahren anzueignen gezwungen war.
    Dann gerät er in ein Funkloch und kann seinen Chefberater nicht mehr verstehen.
    Obwohl der Senator noch mehrere Male anruft, bekommt er keinen Empfang. Und als es schließlich doch klappt, ist die Mailbox dran, da Jeff ihn seinerseits zu erreichen versucht.
    »Leg den Hörer auf!«, ruft der Senator. Doch niemand kann ihn hören.
    Zwanzig Minuten später befindet sich eine Sekretärin immer noch auf der Suche nach dem Gefängnisdirektor.
    Wie Senator Lord ahnt - denn das ist ihm schon öfter passiert -, glaubt sie eigentlich nicht wirklich, dass sie Senator Frank Lord, einen der mächtigsten Politiker im Land, am Apparat hat. Normalerweise beauftragen wichtige Leute nämlich weniger wichtige Leute damit, ihre Termine zu vereinbaren und Anrufe zu erledigen.
    Senator Lord, der sich auf den Verkehr und die Autofahrer konzentrieren muss, hängt nun schon minutenlang in der Warteschleife. Keine Sekretärin, die auch nur einen Funken Verstand hat - oder ahnt, mit wem sie tatsächlich spricht -, würde es wagen, ihn auf Warteschleife zu schalten. Das ist nun der Lohn für seine Bürgernähe und dafür, dass er sich selbst um seine alltäglichen Belange kümmert und zum Beispiel seine Sachen eigenhändig von der Reinigung holt, im Supermarkt einkauft und sogar höchstpersönlich Tische im Restaurant reserviert. Allerdings stößt er dabei

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