Die Dämonen
buhlte. Wahrscheinlich gefiel es ihr, daß diese ihrerseits sich vor Nikolai Wsewolodowitsch fast erniedrigte und gegen ihn von einer Liebenswürdigkeit war, wie gegen keinen andern. Ich wiederhole noch einmal: Peter Stepanowitsch hatte die ganze Zeit über ununterbrochen fortgefahren, im Hause des Gouverneurs einem Gedanken, den er schon früher in Umlauf gesetzt hatte, durch geflüsterte Mitteilungen immer festeren Glauben zu verschaffen: daß nämlich Nikolai Wsewolodowitsch ein Mensch sei, der in einer sehr geheimnisvollen Welt sehr geheimnisvolle Verbindungen habe, und daß er sich wahrscheinlich mit irgendeinem besonderen Auftrage hier aufhalte.
Es herrschte hier damals eine seltsame Stimmung der Gemüter. Besonders in der Damenwelt machte sich eine Art von Leichtsinn bemerklich, und man kann nicht sagen, daß sich das nur allmählich so entwickelt hätte. Nein, wie vom Winde herbeigetragen, wurden plötzlich mancherlei sehr freie Anschauungen laut. Es kam ein ausgelassenes, leichtes Wesen auf, von dem ich nicht sagen kann, daß es immer angenehm gewesen wäre. Eine gewisse Unordnung in den Köpfen war Mode geworden. Nachher, als alles zu Ende war, beschuldigte man deswegen Julija Michailowna, ihren Kreis und ihren Einfluß; aber schwerlich ging alles nur von ihr aus. Im Gegenteil lobten sehr viele anfangs um die Wette die neue Frau Gouverneur, weil sie es verstehe, die Gesellschaft zu vereinigen, und der Ton auf einmal ein heitrerer geworden sei. Es kamen sogar einige skandalöse Begebenheiten vor, an denen übrigens Julija Michailowna ganz und gar keine Schuld trug; aber alle lachten damals nur darüber und amüsierten sich, und niemand fand sich veranlaßt, hemmend einzugreifen. Allerdings hielt sich eine ziemlich bedeutende Gruppe von Personen abseits, die ihre besonderen Ansichten über den damaligen Lauf der Dinge hatten; aber auch diese murrten damals noch nicht, sondern lächelten nur.
Ich erinnere mich, es hatte sich damals wie von selbst ein ziemlich weiter Kreis gebildet, dessen Mittelpunkt sich wohl tatsächlich in Julija Michailownas Salon befand. In diesem intimen Kreise, der sich um sie geschart hatte, erlaubte man (das heißt natürlich die Jugend) es sich, allerlei Streiche zu begehen, ja man machte sich das sogar zur Regel, und diese Streiche waren wirklich manchmal ziemlich ausgelassen. Es gehörten zu diesem Kreise auch einige sehr hübsche Damen. Die jungen Leute veranstalteten Picknicks und kleine Abendgesellschaften und fuhren oder ritten manchmal in ganzen Kavalkaden durch die Stadt. Sie gingen auf Abenteuer aus und führten solche sogar absichtlich selbst herbei, lediglich um einen amüsanten Gesprächsstoff zu liefern. Unsere Stadt behandelten sie, als ob lauter Dummköpfe darin wohnten. Man nannte sie »die Spötter«, weil sie vor nichts Respekt hatten. So begab es sich zum Beispiel, daß die Frau eines Leutnants der Garnison, eine noch sehr jugendliche Brünette, die allerdings von ihrem Manne sehr knapp gehalten wurde, bei einer Abendgesellschaft sich aus Leichtsinn an einem hohen Whistspiel beteiligte, in der Hoffnung, das Geld zu einer Mantille zu gewinnen, und statt zu gewinnen fünfzehn Rubel verlor. Da sie sich vor ihrem Manne fürchtete und kein Geld zum Bezahlen hatte, entschloß sie sich, in Erinnerung an ihre frühere Keckheit, gleich auf dieser Abendgesellschaft den Sohn unseres Bürgermeisters insgeheim um ein Darlehn zu bitten, einen sehr widerwärtigen, trotz seines jugendlichen Alters sehr liederlichen Burschen. Dieser schlug die Bitte nicht nur ab, sondern ging auch laut lachend zu ihrem Manne hin, um es diesem zu erzählen. Der Leutnant, der wirklich von seinem bloßen Gehalte ein ärmliches Leben führte, brachte seine Gattin nach Hause und tränkte es ihr dort gehörig ein, mochte sie auch noch soviel jammern und schreien und ihn auf den Knien um Verzeihung bitten. Diese häßliche Geschichte erregte überall in der Stadt nur Gelächter, und obgleich die arme Leutnantsfrau nicht zu der Gesellschaft gehörte, die sich um Julija Michailowna geschart hatte, so fuhr doch eine exzentrische, kecke Dame aus diesem Zirkel, die mit der Leutnantsfrau einigermaßen bekannt war, zu ihr hin und brachte sie ganz einfach zu sich in ihr Haus, damit sie da wohne. Hier bemächtigten sich ihrer sogleich unsere Taugenichtse, spielten die Liebenswürdigen, beschenkten sie und hielten sie vier Tage lang fest, ohne sie zu ihrem Manne zurückzulassen. Sie wohnte bei der kecken Dame,
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