Die Dämonen
die Fenster hoch, und wer kann da etwas verstehen, selbst wenn er horchte?«
»Wir verstehen ja selbst nicht einmal, um was es sich handelt,« brummte eine Stimme.
»Ich aber sage Ihnen, daß Vorsicht immer notwendig ist. Ich möchte es für den Fall, daß Spione da sind,« wandte sie sich erklärend an Werchowenski. »Mögen sie von der Straße aus hören, daß bei uns ein Namenstag gefeiert und musiziert wird.«
»Na, hol's der Teufel!« schimpfte Ljamschin, setzte sich ans Klavier und begann nachlässig und fast mit den Fäusten auf die Tasten schlagend einen Walzer zu spielen.
»Diejenigen, die da wünschen, daß eine Sitzung stattfindet, fordere ich auf, die rechte Hand in die Höhe zu heben,« schlug Madame Wirginskaja vor.
Einige hoben die Hand in die Höhe, andere nicht. Es gab auch solche, die die Hand in die Höhe hoben und wieder sinken ließen. Sie ließen sie sinken und hoben sie wieder in die Höhe.
»Donnerwetter, ich habe nichts verstanden!« rief ein Offizier.
»Ich verstehe es auch nicht!« rief ein anderer.
»Doch, ich verstehe es!« rief ein dritter. »Wenn ›ja‹, dann die Hand in die Höhe.«
»Aber was bedeutet denn ›ja‹?«
»Das bedeutet: Sitzung.«
»Nein, es bedeutet: nicht Sitzung.«
»Ich habe für Sitzung gestimmt,« rief der Gymnasiast, sich an Madame Wirginskaja wendend.
»Warum haben Sie denn dann nicht die Hand in die Höhe gehoben?«
»Ich habe immer nach Ihnen hingesehen; Sie haben sie nicht in die Höhe gehoben; deshalb habe ich es auch nicht getan.«
»Wie dumm! Ich habe es deswegen nicht getan, weil ich die Abstimmung vorschlug. Meine Herren, ich schlage noch einmal das umgekehrte Verfahren vor: wer eine Sitzung will, möge sitzen bleiben und die Hand nicht in die Höhe heben, und wer sie nicht will, der möge die rechte Hand in die Höhe heben!«
»Wer sie nicht will?« fragte der Gymnasiast.
»Sie tun das wohl mit Absicht, wie?« rief Madame Wirginskaja zornig.
»Nein, erlauben Sie, wer will, oder wer nicht will? Denn das muß doch ganz genau bestimmt werden,« erschollen zwei, drei Stimmen.
»Wer nicht will, wer nicht will.«
»Na ja; aber was soll der tun? Die Hand in die Höhe heben oder sie nicht in die Höhe heben, wenn er nicht will?« rief der Offizier.
»Ach, wir sind an den Parlamentarismus noch nicht gewöhnt!« bemerkte der Major.
»Herr Ljamschin, tun Sie uns den Gefallen, Sie pauken so darauflos, daß niemand ein Wort verstehen kann,« sagte der lahme Lehrer.
»Es horcht wahrhaftig niemand, Arina Prochorowna!« rief Ljamschin aufspringend. »Und ich will auch nicht mehr spielen! Ich bin als Gast zu Ihnen gekommen, und nicht um auf dem Klavier herumzutrommeln!«
»Meine Herren!« fuhr Wirginski fort; »antworten Sie alle mündlich: sind wir eine Sitzung oder nicht?«
»Eine Sitzung, eine Sitzung!« ertönte es von allen Seiten.
»Wenn es so ist, dann bedarf es keiner Abstimmung; das genügt. Sind Sie damit zufrieden, meine Herren, oder soll noch abgestimmt werden?«
»Nicht nötig, nicht nötig; wir haben verstanden.«
»Vielleicht wünscht jemand keine Sitzung?«
»Nein, nein, wir wollen alle!«
»Aber was ist denn eigentlich eine Sitzung?« rief eine Stimme.
Es erfolgte keine Antwort.
»Es muß ein Präsident gewählt werden!« wurde von verschiedenen Seiten gerufen.
»Der Hausherr, selbstverständlich der Hausherr!«
»Meine Herren, wenn es so ist,« begann der zum Präsidenten gewählte Wirginski, »so wiederhole ich den von mir vorhin gemachten Vorschlag: falls jemand wünschen sollte, über etwas mehr zur Sache Gehöriges zu reden, oder falls jemand eine Mitteilung zu machen hat, so möge er ohne Zeitverlust damit beginnen.«
Allgemeines Schweigen. Die Blicke aller wandten sich von neuem nach Stawrogin und Werchowenski hin.
»Werchowenski, haben Sie nicht eine Erklärung abzugeben?« fragte ihn die Hausfrau direkt.
»Absolut nicht!« sagte er, die Silben dehnend, und rekelte sich gähnend auf seinem Stuhle. »Ich würde übrigens gern ein Glas Kognak trinken.«
»Stawrogin, wollen Sie nicht?«
»Ich danke, ich trinke nicht.«
»Ich meine, ob Sie nicht reden wollen; vom Kognak spreche ich nicht.«
»Reden? Wovon? Nein, das liegt nicht in meiner Absicht.«
»Es wird Ihnen Kognak gebracht werden,« antwortete sie Werchowenski.
Die Studentin erhob sich. Sie war schon vorher mehrmals halb aufgesprungen.
»Ich bin hergekommen, um von den Leiden der unglücklichen Studenten Mitteilung zu machen, und davon, daß sie
Weitere Kostenlose Bücher