Die Dämonenfalle
darf so nicht weitergehen, Paula, und es darf sich vor allem nicht auf den gesamten Kontinent ausbreiten.«
Paula zögerte. »Einheimische? Sie meinen die allerersten Landbesitzer dort? Die Pioniere?«
Wilson holte tief Luft, fühlte sich ganz offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. »Nein, Paula, ich meine Menards indigene Bewohner.«
»Aliens?«, fragte sie erschrocken zurück. »Es gibt vernunftbegabte Wesen dort? Wilson, was haben Sie getan?«
»Nichts«, sagte er rasch. »Die betreffenden Tiere werden Onid genannt. Stellen Sie sich fette Kängurus mit Spinnenbeinen vor, und Sie haben eine ungefähre Vorstellung von ihnen.«
Paulas e-Butler zog sich bereits eine kleine Datei über die Onid aus der xenobiologischen Enzyklopädie der Unisphäre. Das Bild passte genau zu Wilsons Beschreibung, allerdings hatte er den dunkelvioletten Pelz unerwähnt gelassen. »Ihre Xenobiologen haben sie als nicht vernunftbegabte Wesen klassifiziert«, las sie. »Die haben sich mit ihrer Einschätzung nicht gerade viel Zeit gelassen, was? Sie mussten den Planeten unbedingt für die Besiedlung durch die Lost23-Flüchtlinge freigeben. Farndales Aufsichtsrat hat Ihnen Druck gemacht, stimmt’s?«
»Nein. Ausdrücklich nein! Überprüfen Sie doch die Daten. Menard war schon zur Besiedlung freigegeben, noch bevor der Starflyer-Krieg überhaupt begann. Das Gutachten der Xenobiologen wurde vorschriftsmäßig erstellt. So oder so arbeiten diese Teams völlig unabhängig, und das müssen sie auch.«
Paula sah ihn argwöhnisch an. Sie wusste nur zu gut, wie »unabhängig« so manche Sache angegangen wurde, wenn erst einmal eine Riesenfirma wie Farndale involviert war. Die Geldsummen, die bei einer für die Besiedlung gedachten Planetenerschließung flossen, waren gigantisch. Es gab nicht viel, was das Ausstellen einer »H-kongruent-Zertifizierung« noch verhindern konnte, wenn die Maschinerie erst mal angerollt war. Und ganz gewiss kein unabhängiges Wissenschaftsteam mit einem weltfremden Anspruch auf Integrität.
»Glauben Sie mir, Paula. Farndale hat hier nichts übers Knie gebrochen. Die Zertifizierung kam völlig korrekt zustande.«
»Also gut, was ist passiert?«
»Tja, das ist die Eine-Millionen-Dollar-Frage. Es begann vor etwa drei Wochen, als die Onid einen abgelegenen Hof bei Lydian überfielen. Doch inzwischen hat sich die Lage verschärft. Jetzt greifen ganze Rudel von ihnen jeden Menschen an, den sie finden können. Niemand verlässt mehr die Stadt. Unser Gouverneur vor Ort hat den Aufsichtsrat von Farndale um eine Spezialeinheit der Polizei mit genug Feuerkraft gebeten, um jede Onidherde in dem betreffenden Gebiet auszulöschen. Und jeden Tag wird seine Forderung lauter. Bis jetzt haben wir die Sache aus den Medien raushalten können, aber lange geht das nicht mehr …« Er sah sie verzweifelt an. »Wir hatten doch gerade erst einen Krieg, der fast in einem Genozid geendet hätte. Das haben wir verhindert, Paula, Sie und ich. Von allen wissen wir doch am besten, dass eine solche Situation nie wieder eintreten darf.«
»Und was zum Teufel wollen Sie von mir?«, rief sie aus. »Bei der Sache handelt es sich doch wohl kaum um ein Verbrechen im konventionellen Sinne. Jemand hat bei der Klassifizierung Scheiße gebaut. Sie werden sich von Menard zurückziehen müssen.«
»Aber warum gerade jetzt?«, fragte Wilson. »Es sind doch schon seit fast zehn Jahren Menschen dort; zunächst Wissenschaftsteams, die Tests durchführten, dann die Baustellenmannschaften, die sich um die Infrastruktur kümmerten. Die Onid hatten uns nicht mal zur Kenntnis genommen.«
»Vielleicht reagieren sie erst jetzt, weil inzwischen zu viele von uns dort sind?«, mutmaßte Paula. »Das passiert bei Landnahmen doch immer. Wenn die Ureinwohner schließlich begreifen, was für eine allein zahlenmäßige Bedrohung die Eindringlinge wirklich darstellen, schlagen sie zurück.«
»Aber woher sollen die Onid wissen, wie viele von uns überhaupt dort sind? Wie sollen sie wissen, dass wir uns über den Kontinent ausbreiten? Das sind Tiere. Die verfügen über keinerlei Kommunikation. Sie leben in voneinander isolierten Herden.«
In einer hilflosen Geste warf Paula die Hände hoch. »Woher soll ich das wissen? Ich bin keine Xenobiologin.«
»Nein«, sagte Wilson leise. »Aber Sie sind eine Tüftlerin, eine Rätsellöserin.«
»Also bitte!«
»Selbst Sie müssen zugeben, dass es ein faszinierendes, fast paradoxes Problem ist.«
»Ich finde es halbwegs
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