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Die Daemonenseherin

Die Daemonenseherin

Titel: Die Daemonenseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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taumelnder Schritt.
    Dann sprang sie vor.
    Sie rannte auf eine Lücke zwischen den Sehern zu. Die Männer rückten näher zusammen, um ihr den Weg zu versperren, da warf sich Alessa mit Schwung zu Boden. Sie landete flach auf den Bauch und schlitterte mit ausgestreckten Armen, zwischen den Beinen der Seher hindurch, über den glatt polierten Marmor. Hände griffen nach ihr und langten ins Leere. Im Rücken der Männer angekommen sprang sie sofort wieder auf und rannte in Richtung Tür. Nur noch an der Frau vorbei, die zehn Meter vor ihr mit erhobenem Elektroschocker stand, als wolle sie Alessa durch den bloßen Anblick zur Aufgabe zwingen.
    Acht Meter.
    Hinter ihr kamen die Männer schnell näher. Einer hatte sie fast eingeholt. Alessa schlug einen Haken und lief jetzt seitlich zu ihnen. Ein heftiger Stich an ihrem Hals ließ sie zusammenfahren. Sie hob die Hand und spürte den Betäubungspfeil, der sich in ihr Fleisch bohrte. Fluchend griff sie noch im Laufen danach und wollte ihn herausziehen, doch diesmal saß er tiefer. Sie zerrte daran und spürte, wie ihre Haut aufriss. Dann hatte sie ihn in der Hand und ließ ihn fallen. Warmes Blut rann über ihren Hals, und die Wunde brannte bei jedem Herzschlag, als hätte jemand Salz hineingerieben.
    »Gib auf!«
    Sie hörte die Stimme hinter sich, doch obwohl sie kaum weiter als ein paar Meter entfernt sein konnte, klang sie weit entfernt und merkwürdig verzerrt. Alessa hastete weiter, der Tür entgegen.
    Fünf Meter.
    Darüber, wie sie die Frau umgehen sollte, würde sie sich Gedanken machen, sobald sie sie erreichte. Ihre Knie fühlten sich mit einem Mal an wie ein nasser Schwamm, wackelig und nachgiebig. Und mit jedem Schritt wurde es schlimmer.
    Verstecken … Hilfe holen.
    Es fiel ihr zunehmend schwerer, einen vernünftigen Gedanken zu fassen, und bald würde ihr Körper ihr auch nicht mehr gehorchen. Schon jetzt hatte sie Mühe, klar zu sehen. Alles war verschwommen, als läge eine Milchglasscheibe zwischen ihr und dem Rest des Raumes. Ihr war schwindlig und schließlich knickten die Beine unter ihr ein. Alessa sackte zu Boden. Sofort versuchte sie sich wieder aufzurappeln, doch ihre Arme gaben nach und ihre Beine verweigerten den Dienst. Obwohl sie sie weder sehen noch hören konnte, wusste Alessa, dass die Männer näher kamen. Sie konnte sie spüren. Mit dem Mut der Verzweiflung kroch sie vorwärts, der Tür entgegen.
    Drei Meter.
    Zentimeter um Zentimeter schob sie sich voran und doch blieb ihr Ziel in weiter Ferne. Keiner der Männer fasste sie an. Sie standen nur da und warteten, auch wenn sie nicht hätte sagen können worauf. Es hatte etwas mit ihr zu tun. Mit ihrem Zustand.
    Alessa kroch weiter.
    Ihre Schulter schmerzte, ebenso wie ihr Hals, dort, wo sie den Pfeil herausgerissen hatte. Sekunden rannen zäh dahin, als sie langsam zu begreifen begann, dass es vorbei war. Sie würde es nicht schaffen. Dunkelheit schlich heran und legte sich über sie.

24
    A ls Logan ins Krankenhaus zurückkam, ging Buckingham vor der Tür auf und ab, den Blick wachsam auf den Gang gerichtet.
    »Keine Pokerrunde heute?«, begrüßte Logan ihn.
    Buckingham schüttelte den Kopf. »Die zwei sind zu zerstreut für ein vernünftiges Spiel. Sie sind so unaufmerksam, dass ich drei Runden gewonnen habe – das macht nicht mal mir Spaß!«
    Logan hatte keine Ahnung, warum die beiden Seher so neben der Spur sein sollten, fürchtete jedoch, dass er es schnell genug herausfinden würde. Er bezweifelte, dass er für die Späße der beiden in Stimmung war. Seine Suche hatte nichts gebracht. Die Wohnung des Professors hatte er von oben bis unten auseinandergenommen, hatte Möbel verrückt, Böden von Schubladen und Rückwände von Schränken entfernt, unter Teppichen und sogar im Gefrierfach gesucht. Ohne Erfolg. Sichtlich war Professor Sparks ein konsequenter Mann gewesen, der meinte, was er sagte.
    Nach diesem frustrierenden Nachmittag freute er sich darauf, mit Alessa nach Hause zu fahren. Obwohl er die ganzen letzten Tage mit ihr allein gewesen war, hatte er das Gefühl, dass er heute viel zu lange auf sie hatte verzichten müssen. Er konnte es kaum erwarten, sie wieder in seinen Armen zu halten und sie so bald wie möglich in seinem Bett zu haben. Der Ernst des Alltags würde sie schnell genug wieder einholen – spätestens, wenn Avery ihnen sagen konnte, ob er etwas über den PC hatte erreichen können oder ob sie in das Anwesen der Gemeinschaft würden eindringen müssen. Aber das

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