Die Daemonenseherin
sein. Künftig würde er sich nicht mehr wie ein blutiger Anfänger benehmen und in jede Ecke und jeden Schrank einen Blick werfen.
»Du denkst also, der Mörder ist über die Feuertreppe entwischt?« Morgan Cassidy, Detective Inspector der für Schwerverbrechen zuständigen X-Division und Logans Freund, sah sich im Zimmer um. Wie üblich trug er einen perfekt sitzenden Anzug, heute in Dunkelgrau, und dazu passende, auf Hochglanz polierte Schuhe. Wenn er sich damit nicht lächerlich gemacht hätte, wäre er vermutlich auch zum Sport mit Anzug und Krawatte erschienen.
Es gefiel Logan nicht, Morgan an den Tatort rufen zu müssen, doch von dem Augenblick an, als er Sparks’ Leichnam gesehen hatte, war er davon überzeugt gewesen, dass der Mord in Zusammenhang mit dem Projekt Samenkorn stehen musste. Wenn er den Mörder fand – und dazu benötigte er nun einmal Morgans Team –, würde der ihn womöglich zu einem oder mehreren Dämonensehern führen. Vielleicht gehörte der Mörder sogar selbst zu ihnen.
»Durch die Tür konnte er nicht, ohne mir in die Arme zu laufen, und das Fenster vor der Feuertreppe stand offen.« Abgesehen davon hatte er jemanden im Hinterhof verschwinden sehen. Dass jemand im Schrank gewesen war, behielt er allerdings für sich. Natürlich hatte er sich gefragt, ob der Mörder sich im Schrank versteckt und dort darauf gewartet haben mochte, zu entkommen. Aber warum sollte er riskieren, bei dem Versuch erwischt zu werden, Logan einzusperren, wenn er ihn einfach hätte erschießen können? Wahrscheinlicher war es da schon, dass sich ein Zeuge im Schrank verkrochen hatte. Eine Vermutung, die der Parka auf dem Sofa untermauerte. Ihm war keine Zeit geblieben, die Taschen durchzusuchen, doch allein die Größe legte nahe, dass die Jacke einer Frau gehörte. Bevor die Spurensicherung kam, hatte Logan die Jacke rasch im Treppenhaus versteckt. Sobald er ging, würde er sie mitnehmen.
Morgan würde ihm die Hölle heißmachen, wenn er wüsste, dass er Beweismittel unterschlug. Unter normalen Umständen hätte Logan das auch nicht getan. Aber normal war seit heute früh sowieso nichts mehr.
Dieser Mord stand in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Auftrag. Als Leiter der Spezialeinheit verfügte er, wenn es um die Gemeinschaft ging, über weiter reichende Kompetenzen als der Chief Superintendent, der die X-Division leitete – und heute gedachte er, diese Kompetenzen auszunutzen. Auch wenn er das zunächst nur heimlich tat, indem er Beweise zurückhielt.
»Ich hätte sofort hierherfahren sollen.«
Morgan schüttelte den Kopf. »Es war richtig, dass du zuerst zu mir gekommen bist.«
Logan hatte sich an den Bullen gewandt, um sich über dessen Kontakt zum Stadtarchiv die Blaupausen des Hauses auf seinen Blackberry schicken zu lassen. Wenn es hart auf hart kam, wusste er gerne, wie ein Gebäude aufgebaut war und wo jemand entkommen oder sich verschanzen konnte. Die paar Minuten, die er sich im Wagen Zeit genommen hatte, um die Baupläne zu studieren, hatten dem Mörder genügt.
Morgans Blick folgte den Gehilfen des Gerichtsmediziners, die den Professor in einen Leichensack packten und zum Abtransport vorbereiteten. »Ich kann nicht behaupten, dass es mir um ihn leidtäte.« Bisher waren noch keine Lampen angeschaltet worden, sodass seine blauen Augen im schwindenden Tageslicht beinahe farblos wirkten. Logan mochte der Gemeinschaft misstrauen, doch es war Morgan, der seine Frau verloren hatte. Pamela war an jenem Abend zum Leith Walk gerufen worden. Es war ihre letzte Woche im Streifendienst gewesen, ehe sie wegen ihrer Schwangerschaft an den Schreibtisch versetzt werden sollte, doch statt ihr Kind zur Welt zu bringen, hatte Logan sie im Rinnstein gefunden, wo sie verblutet war.
»Allerdings kommt sein Tod zu einem beschissenen Zeitpunkt.« Morgan fuhr sich durch die kurzen dunkelblonden Haare. »Woher bekommst du jetzt Informationen über diese Dämonenbiester?«
Logan zuckte die Schultern. »Es wird wohl ohne gehen müssen.« Sparks war seine Chance gewesen. Der Professor hätte ihm vielleicht einen Weg aufzeigen können, wie er die Dämonenseher unter Kontrolle bringen konnte, ohne Gewalt anzuwenden. Jetzt musste es eben anders gehen. Er würde sie aufspüren – jeden einzelnen –, aber er würde seine Leute keinem unnötigen Risiko aussetzen. Wenn es sein musste, würden sie ihre Ziele ausschalten, ganz egal, ob das Devon nun gefiel oder nicht.
Das Spurensicherungsteam hatte seine Arbeit
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