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Die Daemonenseherin

Die Daemonenseherin

Titel: Die Daemonenseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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anzuknipsen.
    Geblendet kniff Alessa die Augen zusammen. Statt eines Weges zum Ausgang sah sie bunte Sterne tanzen. Blinzelnd versuchte sie den Überblick zu behalten, während sie langsam zurückwich.
    »Hey«, sagte einer der beiden ruhig. Alessa sah noch zu wenig, um erkennen zu können, wer da sprach, glaubte aber, dass es die Stimme des Rotblonden war. »Du brauchst keine Angst vor uns zu haben. Wir tun dir nichts.«
    »Wäre nett, wenn du das ebenfalls in Erwägung ziehen würdest«, fügte der andere hinzu. »Ich mag dieses Haus und würde jetzt nicht so gerne renovieren müssen.«
    Die beiden hatten sie entführt, trotzdem klangen sie alles andere als bedrohlich. Eher besorgt. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an das Licht, da sah sie die gerötete Schwellung an der Stirn des Riesen, dort, wo der Briefbeschwerer ihn getroffen hatte.
    Unzählige Fragen schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf, aber keine wollte auf ihre Lippen finden, solange ihr Gehirn noch damit beschäftigt war, herauszufinden, ob sie sich in Gefahr befand und – falls ja – wie sie ihr entkommen konnte.
    »Du willst sicher wissen, was passiert ist«, sagte der Kühlschrank.
    Alessa nickte.
    »Setz dich.«
    Ihr Blick schoss zur Tür.
    Auch das entging ihm nicht. »Wir haben dich weder entführt noch werden wir dich mit Gewalt hierbehalten – allerdings hätten wir da auch die eine oder andere Frage an dich.«
    »Wer seid ihr? Was habt ihr vor? Für wen arbeitet ihr?« Plötzlich sprudelte es nur so aus Alessa heraus wie Sekt aus einer zu heftig geschüttelten Flasche. Erst das Lachen der beiden ließ sie innehalten. Mit gerunzelter Stirn sah sie von einem zum anderen. »Was ist so komisch?«
    »Fragen«, meinte der Rotblonde grinsend, »haben es so an sich, dass man demjenigen, der gefragt wird, auch Gelegenheit gibt, sie zu beantworten.«
    Der Kühlschrank seufzte. »Ich schätze, das Ganze war wohl doch ein bisschen viel und hat deine Relais etwas überlastet.«
    »Meine was?« Alessa verstand nur die Hälfte von dem, was diese Kerle quatschten. Sie klangen so gar nicht nach Mitgliedern der Gemeinschaft, schon eher nach zwei zu groß geratenen Teenagern.
    »Die Schaltkreise in deinem Kopf.« Er tippte sich an die Stirn.
    »Ich bin nicht verrückt, falls du das damit sagen willst.«
    »Mit keiner Silbe.« Er hob beschwichtigend die Hände, dann reckte er ihr eine behandschuhte Hand entgegen. »Ich bin Max Hawkins und der da drüben«, er deutete zu seinem Kumpel, »ist Josh Macalister. Aber du kannst uns Parker und Kent nennen.«
    »Er ist Kent«, rief Josh vom Sessel aus herüber.
    Sie ergriff weder die Hand von Max oder Kent oder wie immer er auch heißen mochte, noch sagte sie ihm ihren Namen. Womöglich waren die Kerle vollkommen ahnungslos und erst ihr Name würde die beiden darauf bringen, was für einen Fang sie gemacht hatten. Früher oder später würden sie es vermutlich ohnehin herausfinden, doch zumindest wollte Alessa nicht diejenige sein, die sich selbst ihr Grab schaufelte.
    Da sie nicht den Eindruck hatte, als würden die Kerle sie so einfach ziehen lassen, fragte sie: »Wieso Parker und Kent? Was ist mit Macalister und Hawkins?« Jede Frage an die beiden war besser, als wenn sie den Spieß umdrehten.
    »Ich habe deinen Namen nicht verstanden«, sagte der Kühlschrank, der nun Kent hieß.
    »Ich habe ihn nicht gesagt.«
    »Wirst du es denn tun?«
    »Eher nicht.«
    Er nickte. »Willst du was trinken? Bier? Cola? Kaffee? Hast du Hunger? Ist dir irgendwie schlecht? Das würde mich nicht wundern bei dem Chaos, das du angerichtet hast. Brauchst du ein Aspirin oder irgendwas anderes?«
    Plötzlich musste Alessa lachen. Sie wollte es nicht, doch dass Kent sie nun mit einem ähnlichen Haufen an Fragen überschüttete, wie sie es zuvor getan hatte, ohne ihr Gelegenheit zu geben, etwas zu sagen, war so komisch, dass es einfach aus ihr herausbrach.
    Das Lachen löste die Angst und die Anspannung, die sich in ihr eingenistet hatten. Mit einem Mal erschien ihr die Situation nicht mehr bedrohlich, sondern nur noch absurd – was vielleicht auch daran lag, dass sie nicht wusste, wie viel Sorge und Angst sie heute noch ertragen konnte, und alle negativen Gefühle zumindest für einen Augenblick vergessen wollte.
    »Ich verstehe.« Kent nickte. »Zu viele Fragen. Ich fange noch mal von vorne an. Hunger?«
    Sie wollte nicht hier sein, schon gar nicht in Gesellschaft zweier Fremder, über deren Absichten sie nicht das Geringste wusste.

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