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Die Daemonenseherin

Die Daemonenseherin

Titel: Die Daemonenseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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über ihre Fähigkeiten erklärte, es wäre gelogen.
    Doch irgendetwas musste sie ihm erzählen. Wenn sie all seinen Fragen auswich oder sie nur knapp beantwortete, machte sie das verdächtig. Ihr blieb gar keine andere Wahl, als etwas zu erfinden, besonders als er wissen wollte, warum sie sich vor der Gemeinschaft versteckte.
    »Es ist nicht gerade üblich, dass jemand, der kein Wilder ist, sich von der Gemeinschaft löst«, sagte er. »Ich weiß, dass sie ihresgleichen beisammenhalten – zumindest das kann man ihnen zugutehalten.«
    »Warum?«
    »Warum was?«
    »Du misstraust der Gemeinschaft, aber du findest es gut, dass sie existiert.« Alessa nippte an ihrem Tee und genoss die Wärme, die er in ihr verbreitete. »Widerspricht sich das nicht?«
    »Vermutlich tut es das – aber irgendwie auch wieder nicht.« Er zog eine Grimasse. »Ich fürchte, das ist ziemlich schwer zu erklären.«
    Zumindest, ohne dir meine Lebensgeschichte zu erzählen , schienen seine Augen zu sagen. Und das hatte er sichtlich nicht vor. Er beantwortete zwar ihre Fragen, doch Alessa konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er ebenso auswich, wie sie es tat, mit dem einzigen Unterschied, dass er – statt zu lügen – in seinen Antworten oberflächlich blieb.
    Trotzdem wollte sie mehr über sein Verhältnis zur Gemeinschaft wissen, vor allem woher dieses Misstrauen kam.
    »Ich bin für einen Erklärungsversuch offen. Vielleicht verstehe ich es ja.«
    Einen Moment saß er da und sah sie an. Seine Finger strichen über die Außenseite seines Bierglases und zeichneten Muster in das Kondenswasser, das sich daran gebildet hatte. »Die Gemeinschaft hält die Seher unter einem Dach, sodass keine Wilden durch die Städte ziehen, unkontrolliert ihren Kräften freien Lauf lassen und ihre Fähigkeiten nutzen, um Verbrechen zu verüben.«
    »Sind wir das für dich? Eine Horde potenzieller Verbrecher, die nur darauf wartet, von der Leine gelassen zu werden?« Alessa hatte Mühe, die Wut zu unterdrücken, die seine Worte in ihr entfachten. »Macht es automatisch einen schlechten Menschen aus jemandem, wenn er etwas kann, das andere nicht können?«
    Logan hob beschwichtigend die Hände. »Nein, so habe ich das nicht gemeint. Alles, was ich sagen wollte, ist, dass die Gemeinschaft Menschen zusammenhält und ausbildet, von denen einige ohne Führung womöglich auf die schiefe Bahn geraten würden.«
    Einen Moment musterte sie ihn misstrauisch, doch sie fand keine Unaufrichtigkeit in seinen Augen. Das ließ ihre Wut schwinden. »Aber wenn du das gut findest, wie kannst du die Gemeinschaft dann gleichzeitig verabscheuen?«
    »Abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, wieso sich Menschen mit derart besonderen Fähigkeiten damit zufriedengeben sollten, eine untergeordnete Rolle in unserer Gesellschaft einzunehmen, trennt die Gemeinschaft Familien«, sagte er schließlich. »Kinder wenden sich von ihren Eltern ab.«
    Kommst du aus so einer Familie? Sie wagte nicht, die Frage auszusprechen, aus Angst, ihn damit zum Schweigen zu bringen.
    »Hast du dich je gefragt, wie es für Kinder wie uns ist, in einer normalen Familie zu leben?«, gab sie zurück. »Kannst du dir vorstellen, wie schmerzhaft die Blicke von Eltern sein können, wenn man darin nicht die Liebe sieht, wie sie Eltern für ihre Kinder empfinden sollten, sondern nur Furcht? Weißt du, wie es ist, wenn Eltern ihr eigenes Kind für etwas Abartiges, Bedrohliches halten, nur weil es über Fähigkeiten verfügt, die sie nicht verstehen?« Sie schüttelte den Kopf, einerseits als Antwort auf ihre Frage und andererseits, um die aufsteigenden Erinnerungen an ihre Eltern abzuschütteln.
    Er sah sie erstaunt an. »War es so bei dir?«
    Alessa war versucht seine Frage zu verneinen, doch es gab keinen Grund, ihn zu belügen – nicht in diesem Fall. »Meine Eltern hatten Angst, mich zu berühren, aus Furcht vor dem, was ich sehen und ihnen über ihre Zukunft sagen könnte.« Davon, dass sie schon damals imstande gewesen war, Gedanken zu lesen, sagte sie nichts. Sie hatte vor vielen Jahren damit aufgehört – schon zu Beginn ihrer Ausbildung in der Gemeinschaft und lange bevor man ihr den Dämon eingepflanzt hatte. Alessa respektierte die Intimsphäre anderer und hätte es unmoralisch gefunden, uneingeladen darin herumzustochern. Abgesehen davon wollte sie sich nicht selbst widersprechen, schließlich hatte sie behauptet lediglich über geringe Fähigkeiten zu verfügen. »Ich habe die Gabe

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