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Die Daemonin des Todes

Die Daemonin des Todes

Titel: Die Daemonin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Golden , Nancy Holder
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Gesicht veränderte, und die Schreie des Gefangenen wurden noch schriller. Gereizt versetzte ihm Veronique einen Schlag, um ihn zum Schweigen zu bringen. Jede Faser ihres Körpers verlangte danach, ihn hier und jetzt auszusaugen, aber sie hämmerte sich ein, dass er einem höheren Zweck dienen würde, wenn sie nur lange genug durchhielt.
    Ein hübscher Junge, dachte Veronique, trotz seiner schlechten Verfassung. Blond, blauäugig. Vielleicht ein Fremder wie sie. Irgendein armer junger Abenteurer, der davon geträumt hatte, in der Fremde sein Glück zu machen, ohne etwas von dem Schicksal zu ahnen, das ihn nun erwartete.
    »Bitte, helft mir«, versuchte er es wieder. »Sie ist ein Ungeheuer!«
    Der einzige lebende Mensch weit und breit gönnte Veronique und ihrem Opfer nur einen flüchtigen Blick. Sein Geschlecht ließ sich nicht feststellen, da der Hunger Männer und Frauen ihrer äußeren Unterscheidungsmerkmale beraubte. Das ausgezehrte Gesicht zeigte keinerlei Regung. Der tagtägliche Überlebenskampf erforderte Konzentration und große Willenskraft. Niemand konnte wissen, welcher Herzschlag der letzte war. Die Seuche von Justinian schlug ohne Warnung zu. Sie begann mit Schüttelfrost und Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. Dann folgte Lichtempfindlichkeit, schließlich hohes Fieber. Binnen eines Tages wurde der Erkrankte von Husten gequält, um dann Blut zu spucken. Der Bauch blähte sich und unter den Armen, am Hals und den Geschlechtsorganen bildeten sich blutige Beulen, die schwarz wurden und nicht selten aufplatzten.
    Wer Glück hatte, starb als Nächstes.
    Aber viele lebten noch eine Weile weiter und litten unvorstellbare Qualen. Einige wenige überlebten wie durch ein Wunder. Aber sie waren für Veronique und ihre Art ohne Nutzen. War das Blut erst einmal von dieser heimtückischen Krankheit verseucht, konnten die Vampire es nicht mehr trinken, selbst wenn der Erkrankte wieder völlig gesund wurde… sofern man in diesen verzweifelten Zeiten des Nahrungsmangels und der katastrophalen hygienischen Verhältnisse überhaupt von Gesundheit sprechen konnte. Sie hatte noch nie zuvor von einer derartigen Krankheit gehört, und dennoch wütete sie direkt vor ihren Augen.
    Veronique, die noch immer ihr Vampirgesicht trug, wandte sich abrupt nach links und zerrte den jungen Mann in eine Gasse. Voller Abscheu wich sie herumliegenden Leichen und hoch getürmten Abfallhaufen aus und achtete darauf, dass auch ihr Gefangener nicht mit ihnen in Berührung kam. Er musste für jene, denen sie diente, so anziehend wie möglich sein.
    Nach einem sehr langen Marsch, während dem der Junge schließlich seinen Widerstand aufgab und schlaff in ihren Armen hing, erreichte sie die Tore zu ihrem Zufluchtsort. Es war eine kleine, aber luxuriöse Villa. Ihre krönende Pracht, eine ansehnliche Kuppel, war vor drei Jahren eingestürzt und hatte große Teile des Gebäudes zerstört. Sie war damals dabei gewesen, denn bei dem Haus handelte es sich um ein Bordell, und sie hatte zu seinen Attraktionen gehört - ausländisch, exotisch, talentiert.
    Vor langer Zeit, noch vor ihrer Verwandlung in eine Vampirin, hatte Veronique das Leben einer Prostituierten geführt. Später dann hatte sie entdeckt, dass dies der ideale Weg war, um an Opfer zu gelangen. Sie nippte an den Männern, die zu ihr kamen, trank nur ein wenig von ihrem Blut, oder sie folgte ihnen, wenn sie gingen, und fiel in der Dunkelheit über sie her, doch diesmal, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und nicht die der Freier.
    Beim Einsturz der Bordellkuppel waren fast alle anderen Hetären und Freier getötet worden. Eine Reihe der Kurtisanen hatte schreckliche Verstümmlungen erlitten und den Freitod gewählt, um nicht ein Leben in Schande führen zu müssen. In einigen wenigen Fällen hätte Veronique deren Schönheit mit Magie wieder herstellen können, doch sie entschied sich dagegen. Sie konnte sich keine neugierigen Fragen erlauben, nicht einmal von den klugen, amüsanten Frauen, die sie, die Fremde, herzlich in ihrer Mitte aufgenommen hatten.
    Dann, zwei Wochen nach dem Unfall, besuchte die Kaiserin Theodora heimlich die Ruine, um den Geistern der toten Prostituierten ihre Ehrerbietung zu erweisen. Theodora war früher selbst eine Kurtisane gewesen, die mit ihrer unglaublichen Sinnlichkeit das Herz des Kaisers Justinian erobert hatte.
    Als die Kaiserin Wein auf den Boden geschüttet hatte, auf das Mosaik von Leda und dem Schwan, auf dem so viele gestorben waren,

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