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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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meine Helene – ihr Auto reingestellt hat, weil das von ihrem Freund in der Werkstatt ist. Der Freund ist schon weg zur Arbeit, darum ist sie gleich hierhergerannt. Sie arbeitet nämlich in der Kostümschneiderei bei uns.«
    »In der Rosenstraße 416a sagten Sie?« kam die vergewissernde Rückfrage von der Leitstelle. »Und wer ist die Tote?«
    »Das weiß Frau Wester nicht. Sie sagt, daß sie gar nicht näher hingesehen hat und gleich losgelaufen ist – wie von der Tarantella gestochen. Sie hat vor lauter Schreck ihr Auto in der Garage stehenlassen.«
    »Danke für den Anruf«, sagte der Beamte von der Leitstelle. »Wir schicken einen Streifenwagen hin. Frau Wester bleibt am besten bei Ihnen. Unsere Leute müssen noch mit ihr sprechen.«
    Kaum eine Stunde nach dem Anruf schien der Sachverhalt einigermaßen klar zu sein. Der stellvertretende Leiter der Morduntersuchungskommission, Kriminaloberkommissar Hurler, hielt den ersten Eindruck mit seinem Taschendiktiergerät fest: »Tod einer weiblichen Person durch Einatmen von Autoabgasen. – Am Ereignisort findet MUK um 7.45 Uhr eine junge Frau zusammengesunken auf dem Fahrersitz eines weißen Honda Civic. Vom Auspuff führt ein etwa zwei bis drei Meter langer Gartenschlauch zum Fenster am Fahrersitz, das bis auf etwa drei Zentimeter hochgekurbelt worden ist, um den Schlauch festzuklemmen. Verbleibender Fensterspalt von der Innenseite mit einer leichten Strickjacke verstopft. Schlauch mit breitem, goldfarbenem Klebeband am Auspuff befestigt. Rolle mit dem restlichen Band ist nicht abgetrennt und hängt herunter. Startversuche mit dem Autoschlüssel, der in Fahrtposition im Schloß steckt, ohne Erfolg. Tank vermutlich leer.
    Unfallarzt Dr. Pertes bestätigt, daß Wiederbelebungsversuche keinen Sinn gehabt hätten, da der Tod der Frau schon vor einigen Stunden eingetreten sein muß. Genaueres erst durch die Autopsie. Vermutete Todesursache Kohlenmonoxydvergiftung.
    Nach ersten Aussagen von Hausmitbewohnern handelt es sich um die 36 Jahre alte Silke Marino, ledig, Schauspielerin, die für eine amerikanische Werbeagentur arbeiten soll. Sie ist nur selten in ihrem Kleinappartement im Haus Rosenstraße 416a, 2. Stock rechts, gesehen worden. Ihr wird ein unstetes Leben nachgesagt (Neid?).
    In der Doppelgarage steht rechts neben dem Honda ein blauer Trabant. Eigentümerin ist Frau Helene Wester, die den Vorfall gemeldet hat. Sie bestätigt, daß der Civic noch nicht in der Garage stand, als sie gegen 22 Uhr ihren Trabi abgestellt hat.
    Der Erkennungsdienst nimmt um 8.10 Uhr seine Arbeit auf. Erster Eindruck: Sorgfältig vorbereiteter Selbstmord durch Einatmen von Kohlenmonoxyd.«
    Kapitalverbrechen gehörten zu den Vorgängen, über die der Leiter Einsatz eine unverzügliche Vorabinformation erbeten hatte. Selbstmorde gehörten nicht dazu. Kriminaloberkommissar Hurler erinnerte sich, daß der Name Silke Marino im Zusammenhang mit den Vorgängen in Bonn gefallen war. Darum bat er über Funk um eine sofortige Rücksprache mit dem Chef. Schon wenige Minuten später wurde er durch die Leitstelle vom Ereignisort zum Präsidium beordert.
    »Ich habe gerade gehört, daß Silke Marino Selbstmord begangen hat«, empfing ihn Polizeidirektor Bender. »Und die Leiterin der MUK ermittelt in Bonn! – Sie haben richtig gehandelt, Hurler, daß Sie sich gleich bei mir gemeldet haben. – Warum bringt sich die Marino um? Aber erst mal zum Sachverhalt.«
    Der Oberkommissar trug vor, was er mit dem Taschendiktiergerät festgehalten hatte.
    »Tja«, überlegte Bender, »das sieht in der Tat nach Selbstmord aus.«
    »Ich möchte trotzdem die Alternative nicht außer Betracht lassen«, sagte Hurler förmlich.
    Bender sah ihn aufmerksam an. »Sie meinen Mord? – Der mußte aber schon sehr raffiniert geplant worden sein. Immerhin, ein vorgetäuschter Selbstmord in Bonn ist Tatsache. Beide Toten wohnten in Potsdam – und beide waren am Wochenende in Bonn! Hurler, das ist doch zumindest eigenartig! Wenn das zusammenhängt, sind wir einer dicken Sache auf der Spur. Übrigens hat gestern Frau Lette angerufen; die Bonner wollen wissen, ob die Marino ein Verhältnis mit Valentin Randolf gehabt hat.«
    »Wir sind knapp mit Personal«, sagte Hurler, »es wäre gut, wenn Frau Lette bald zurückkäme.«
    »Richtig, sie wird hier gebraucht. Am besten wäre, wenn sie den Kollegen Freiberg gleich mitbringen könnte. Ich kümmere mich drum. Sie stürzen sich mit allem, was verfügbar ist, auf den Fäll. Wir

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