Die Dame aus Potsdam
Godesberg; der Mann ist Filmproduzent. Wir haben den Kfz-Brief mit der entsprechenden Eintragung und seine Visitenkarte in der Wohnung der Marino gefunden.«
»Dann haben die Liebesdienste ja schon Früchte getragen«, stellte Kommissarin Lette fest. »Nur die Schlußabrechnung ist nicht aufgegangen. Mit dem Leben bezahlen ist zu teuer.«
»Woher könnte der Gartenschlauch stammen?« wollte Freiberg wissen.
»Die Plasteschläuche aus der Ex-DDR-Produktion gibt’s hier überall. – Aber Genaueres wissen wir noch nicht.« Otte verbog den Schlauch mit den Händen. »Das Stück ist noch ziemlich neu.«
Freiberg sah sich das Heck des Wagens an; der Schlauch war fest mit dem Auspuff verbunden.
»Wofür Paketklebeband nicht alles gut ist«, sagte Otte. »Offenbar Westware – klebt wie Gift.«
»Können Sie den Rest der Rolle abschneiden? Ich möchte mir das Material genauer ansehen.«
»Kein Problem; die Fingerabdrücke sind gesichert.« Mit seinem Taschenmesser schnitt Otte die vom Auspuff herunterhängende Rolle ab und gab sie Freiberg.
Hauptkommissarin Lette, ihre Mitarbeiter und der Gast aus Bonn drängten sich im Treppenhaus des Anbaus an einer Malerriege vorbei, die damit beschäftigt war, dem Beamtensilo einen neuen Anstrich zu verpassen. Das Zimmer der Leiterin der MUK wirkte nüchtern wie eine Klosterzelle.
Auch hier gab es Möbel mit Furnierimitat aus hochglänzendem Kunststoff, Stühle mit Stahlrohrbeinen und eine Schrankwand, in der sich allerhand unterbringen ließ. Der Geruch frischer Farbe legte sich auf die Schleimhäute. Man hatte die Abwesenheit der Kommissarin genutzt, den Raum gründlich zu überholen.
Angelika Lette riß das Fenster auf. »Das haut einem ja die Luft weg!« Sie zeigte mit der Hand zur gegenüberliegenden Häuserfront. »Zweiter Stock rechts – Don Carlos telefoniert.« Zu erkennen war auch, daß Ahrens im Vorzimmer mit der Sekretärin sprach.
»So ideal finde ich das nicht, wenn einem der Vorgesetzte bei der Arbeit auf den Schreibtisch schauen kann – und umgekehrt«, stellte Freiberg fest. »Die Anlage ist wohl so eine Art Großraumbüro mit Freiluftgehege.«
Angelika Lette machte eine wegwerfende Handbewegung. »Alles Gewöhnung. Nach einiger Zeit registriert man das gar nicht mehr.«
Freiberg zog einen halben Meter Klebestreifen von der Rolle ab und pappte ihn auf den Tisch. Die glatte Oberfläche schaffte eine gute Verbindung, die sich nur mit einem kräftigen Zug und einem lauten »Ratsch!« lösen ließ.
»Ich habe meine Pakete immer mit Bindfaden zugeschnürt«, sagte Otte. »Aber ich muß zugeben, verkleben geht schneller.«
Freiberg strich sich mit drei Fingern der linken Hand ein paarmal über die Stirn. »Das ist kein Paketklebeband – das sieht mir so aus.«
»Was ist es dann?« fragte die Kommissarin überrascht.
»So eine Art Dekorations- oder Zierstreifen; die gibt es in vielen Farben.«
»Und wofür?«
»Für alles mögliche! Damit lassen sich zum Beispiel Schaufenster und Möbel bekleben. Manche motzen auch ihre fahrbaren Untersätze damit auf.«
»Das in Verbindung mit einem Kriminalfall ist bestimmt neu – hier hat es so etwas jedenfalls noch nicht gegeben.«
Freiberg klopfte energisch mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. »Jetzt hab’ ich’s. ›Rallye-Band‹ nennt man das auch. Damit verpassen die Freaks ihren lahmen Schlitten ein sportliches Image; mit Pfeifen und rasanten Streifen, die den Wagen strecken oder ihn schneller aussehen lassen.«
»Und was folgern wir daraus?« überlegte die Kommissarin.
»Das Zeug muß hier entweder in einem Fachgeschäft gekauft worden sein, oder jemand hat es aus dem Westen mitgebracht.«
»Die drei oder vier in Frage kommenden Geschäfte haben wir schnell überprüft. Los, Kollege, einen Fetzen davon in die Hand und ab auf Recherche.«
17
Gleich nachdem Ahrens zur Fahrt nach Potsdam gestartet war, hatte Lupus mit UNI 81/13 den Westen von Bonn angesteuert, um sich mit Ilse Mühlberg, der Lebensgefährtin von Hartenstein, zu unterhalten – ausquetschen wollte er sie.
In der Nähe des Verteilerkreises, der durch die Städtepartnerschaft zum Potsdamer Platz geworden war, hatte die Firma Hartenstein ihr Domizil. Die neu erworbenen Gebäude der ehemaligen LATUS KG schlossen direkt an die kleine Halle des Altgeschäfts an. Alles deutete auf eine kräftige Expansion hin. Die Büros befanden sich im Erdgeschoß eines häßlichen Betonneubaus. Darüber lagen – nach den Gardinen zu
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