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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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ein riesiger Braten, der ein wunderbares Aroma verströmte.
    »Magna Bestia!«, riefen die Gäste im Chor. »Hurra! Magna Bestia!«
    »Was denn nun wieder für eine Bestie, verdammt?«, ließ Angoulême ihre Beunruhigung laut werden. »Ich werde nichts essen, wenn man mir nicht sagt, was das ist.«
    »Das ist ein Elch«, erklärte Geralt. »Ein Elchbraten.«
    »Und nicht irgendeiner«, ließ sich Milva nach einem Räuspern vernehmen. »Der Bulle hatte an die sieben Zentner.«
    »Ein Stangenelch. Sieben Zentner und vierzig Pfund«, sagte mit heiserer Stimme der neben ihr sitzende pockennarbige Baron. Es waren die ersten Worte, die er seit Beginn des Festmahls hören ließ.
    Das wäre vielleicht der Beginn einer Konversation geworden, doch die Bogenschützin errötete, heftete den Blick aufs Tischtuch und begann wieder, Brot zu zerkrümeln.
    Doch Geralt hatte sich Fringillas Worte zu Herzen genommen. »Habt womöglich Ihr, Baron«, erkundigte er sich, »diesen kapitalen Bullen erlegt?«
    »Nicht ich«, verneinte der Pockennarbige. »Mein Neffe. Ein hervorragender Schütze. Aber das ist ein Männerthema, sozusagen   … Ich bitte um Verzeihung. Ich möchte die Damen nicht langweilen   …«
    »Und mit was für einem Bogen?«, wollte Milva wissen, den Blick noch immer aufs Tischtuch geheftet. »Er war sicherlich nicht schwächer als ein Siebziger.«
    »Laminat. Schichten von Eibe, Akazie, Esche, mit Flechsen verleimt«, erwiderte langsam der Baron, sichtlich verwundert. »Ein doppelt gekrümmter Sefar. Fünfundsiebzig Pfund Zugkraft.«
    »Und die Spannweite?«
    »Neunundzwanzig Zoll.« Der Baron sprach immer langsamer, er schien die einzelnen Worte auszuspucken.
    »Wirklich ein Apparat«, sagte Milva gelassen. »Mit so einem Ding erlegt man ein Hirschkalb sogar aus hundert Schritt Entfernung. Wenn der Schütze wirklich gut ist.«
    »Ich«, krächzte der Baron, als sei er leicht gekränkt, »treffe auf ein Viertelhundert Schritt, sozusagen, einen Fasan.«
    »Auf ein Viertelhundert« – Milva hob den Kopf – »treffe ich ein Eichhörnchen.«
    Der Baron räusperte sich verwirrt und bediente die Bogenschützinrasch mit Speise und Trank. »Ein guter Bogen«, murmelte er, »ist der halbe Erfolg. Aber nicht weniger wichtig, sozusagen, ist die Qualität der Pfeile. Was meint Ihr, Fräulein, für mich ist ein Pfeil   …«
    »Auf das Wohl Ihrer Gnaden Anna Henrietta! Auf das Wohl des Vicomte Julian de Lettenhove!«
    »Ihr Wohl!
Vivant! «
    »…   und sie aber ließ ihn am Arsch vorbeigehen«, beendete Angoulême die nächste einfältige Geschichte. Die jungen Ritter brachen in wieherndes Gelächter aus.
    Die Baronessen, die Queline und Nique hießen, lauschten den Erzählungen Cahirs mit offenen Mündern, glänzenden Augen und geröteten Wangen. Am oberen Tisch hörte der ganze Hochadel den Ausführungen Regis’ zu. Zu Geralt drangen – trotz seinem Hexergehör – durch das Stimmengewirr nur einzelne Wörter, er erfasste jedoch, dass von Gespenstern, Striegen, Sukkuben und Vampiren die Rede war. Regis gestikulierte mit einer silbernen Gabel und bewies, dass das beste Mittel gegen Vampire Silber sei, ein Erz, dessen geringste Berührung für einen Vampir absolut tödlich sei. Und Knoblauch?, fragten die Damen. Knoblauch hilft auch, gab Regis zu, bereitet aber Probleme in Gesellschaft, weil er schrecklich stinkt.
    Die Kapelle auf der Galerie spielte leise auf Fiedeln und Flöten; Akrobaten, Jongleure und Feuerschlucker zeigten ihre Künste. Der Hofnarr versuchte Kurzweil zu stiften, konnte aber mit Angoulême nicht mithalten. Dann erschien ein Bärenführer mit seinem Bären, und der Bär machte zur allgemeinen Erheiterung einen Haufen auf den Fußboden. Angoulême verlor an Freude und Elan – mit dergleichen war schwer mitzuhalten.
    Die spitznäsige Fürstin geriet unversehens in Wut, für irgendein unbedachtes Wort fiel einer der Barone in Ungnade und marschierte unter Bewachung in den Turm. Außer den unmittelbarBeteiligten kümmerte sich kaum jemand um den Zwischenfall.
    »So schnell kommst du hier nicht weg, Kleingläubiger«, ließ sich Fringilla Vigo vernehmen und schwenkte den Pokal. »Ob wohl du am liebsten das Weite suchen würdest, wird nichts daraus.«
    »Lies bitte nicht meine Gedanken.«
    »Entschuldige. Sie waren so ausgeprägt, dass ich sie unwillkürlich wahrgenommen habe.«
    »Du weißt nicht, wie oft ich das schon gehört habe.«
    »Du weißt nicht, was ich alles weiß. Bitte, iss von den Artischocken,

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