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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Entwicklung des Nachwuchses auslösen. »Allerdings wäre es absurd, eine solche Aktivität als normal zu bezeichnen und sie als Teil irgendeiner Reaktion der Zelle auf die Umwelt zu betrachten.
    Weder sind sich Viren ihrer Handlungen bewusst, noch aktivieren Zellen bestimmte Viren zu irgendeinem wunderbaren Zweck. Das liegt seit mehr als hundert Jahren klar auf der Hand.«

    »Kaye? Wissen Viren, was sie tun?«, fragte Cross und drehte sich im Stuhl herum.
    »Nein. Sie sind Knoten in einem ausgedehnten Netzwerk.
    Der größere Zweck an sich liegt im Netzwerk, nicht im Knoten. Und nicht einmal das Netzwerk lässt sich als seiner selbst bewusst oder absichtsvoll handelnd beschreiben, jedenfalls nicht in dem Sinn, wie Dr. Jackson sich seiner selbst bewusst ist und absichtsvoll handelt.«
    Jackson lächelte.
    »Alle Viren scheinen unmittelbar oder mittelbar Abkömmlinge mobiler genetischer Elemente zu sein«, fuhr Kaye fort. »Sie sind nicht plötzlich von außen aufgetaucht, sondern haben sich im Innern ,frei geschaufelt’ oder so entwickelt, dass sie Gene und andere Informationen zwischen Zellen und zwischen Organismen vermitteln können.
    Retroviren, insbesondere HIV, sind offenbar eng mit den Retrotransposons und ERVs verwandt, die in den Zellen vieler Organismen auftreten. Sie alle nutzen ähnliche genetische Mechanismen.«
    »Also leitet sich ein Grippevirus mit acht Genen von einem Retrotransposon oder Retrovirus her, das nur zwei oder drei Gene besitzt?«, fragte Nilson leicht verächtlich. Er zog die Augenbrauen so zusammen, dass seine Miene Ratlosigkeit und Erregung über diesen ausgemachten Unsinn ausdrückte.
    »Letzten Endes schon«, erwiderte Kaye. »Die Aneignung zusätzlicher Gene, die Mutation und der Verlust von Genen werden von der Notwendigkeit diktiert. Es kann vorkommen, dass ein Virus, das in eine neue, unbekannte Wirtszelle eindringt, nützliche Gene, die es dort vorfindet, aufnimmt und sich einverleibt. Aber das ist ein komplizierter Prozess. Die meisten Viren schaffen einfach die Replikation nicht.«
    »Sie dringen ein und hoffen darauf, dass für sie ein Brocken vom Tisch der Gene abfällt?«, fragte Jackson. »Genau das hat Dr. Howard Urnovitz angenommen, nicht wahr? Dass Impfungen HIV, das Golfkrieg-Syndrom und jede andere der uns heute bekannten Seuchen ausgelöst haben, stimmt’s?«
    »Die Ansichten von Dr. Urnovitz scheinen eher mit Ihren als mit meinen übereinzustimmen«, gab Kaye kühl zurück.
    »Das liegt mehr als zwanzig Jahre zurück«, unterbrach Cross und gähnte. »Schnee von gestern. Fahren Sie fort.«
    »Wir wissen mittlerweile, dass viele Viren Gene der ERVs in ihr Genom einbauen können«, sagte Kaye. »Herpes ist ein Beispiel dafür.«
    »Was das impliziert, ist bislang keineswegs geklärt.« Kaye fand Jacksons Einwurf recht lahm.
    »Tut mir Leid, aber das ist schlicht und einfach nicht mehr strittig. Wir wissen, dass es genau dieser Prozess war, der zu allen Variationen von Shiver geführt hat. Und er hat auch die Mutation des Virus ausgelöst, das unseren Kindern die tödliche HFMD-Seuche beschert hat. Dieses Virus hat Gene endogener Viren aufgenommen, die bei SHEVA-Kindern gar nicht vorhanden sind. Sie treten nur bei anderen Personen auf.«
    Jackson stimmte hier sogar zu. »Es hat jedoch nur einen Teil unserer Kinder getroffen«, berichtigte er sie dann gelassen.
    »Aber ich bin bereit einzuräumen, dass Viren durchaus innere Feinde sein können und nicht von außen kommen müssen.
    Umso mehr Grund haben wir, sie auszurotten.«
    »Lediglich Feinde?« hakte Cross nach, stützte das Kinn in die Hand und bedachte Jackson mit einem Blick aus ihren von buschigen Brauen überschatteten Augen.
    »Ich habe bewusst Feinde gesagt und nicht Gehilfen oder Zulieferer«, erklärte Jackson. »Vagabundierende genetische Elemente verursachen Probleme. Sie sind keine Helfer, sondern Gangster, wie wir wissen. Wenn sie aktiv werden, erzeugen sie genetische Defekte. Sie aktivieren Onkogene, sie haben ihren Anteil an multipler Sklerose, Schizophrenie, Leukämie und allen möglichen Arten von Krebs. Sie verursachen oder verschlimmern auch
    Autoimmunerkrankungen. Sie mögen noch so lange als Schläfer in unseren Genen untertauchen: Trotzdem gehören sie zum Arsenal uralter Seuchen. Viren sind ein Fluch. Wenn einige jetzt so weit gezähmt sind, dass sie bei ihren Wirten keinen größeren Schaden mehr anrichten, dann ist das Teil des Gesamtbilds, so läuft es nun mal in der Evolutionsgeschichte

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