Die Darwin-Kinder
Böschung und hob grüßend das Kinn. Eileen winkte ihm zu.
Gleich darauf rannte Oliver Merton quer über den ausgeblichenen, zerklüfteten Boden auf sie zu.
Merton war der Wissenschaftsjournalist, der sich auf Kayes Fährte gesetzt und ihre berufliche Laufbahn und ihre Schritte während der Entdeckung von SHEVA genau verfolgt hatte.
Mitch war sich nie sicher gewesen, ob er Merton als Freund, als Opportunisten oder nur als verdammt guten Journalisten betrachten sollte. Wahrscheinlich war er alles in einer Person.
»Mitch!«, rief Merton. »Wie schön, Sie wiederzusehen!«
Als Merton die Hand ausstreckte, die warm und trocken war, schüttelte Mitch sie fest. Der Händedruck vermittelte Zuversicht. »Mein Gott, Eileen hat mir nur erzählt, dass sie jemand mit Erfahrung anheuern will. Das passt ja perfekt, verdammt noch mal. Mr. Daney wird sich freuen.«
»Sie scheinen mir immer einen Schritt voraus zu sein«, bemerkte Mitch.
Merton schirmte die Augen gegen die Sonne ab. »Drüben in den Zelten halten sie gerade ein Nachmittags-Treffen ab, falls das der richtige Begriff dafür ist. Sie wollen wohl einiges über den Haufen werfen, Eileen. Ich glaube, sie werden sich dafür entscheiden, eines der Mädchen auszugraben, um es sich direkt vor Ort anzusehen. Sie kommen gerade recht, Mitch. Ich musste Tage warten, bis ich mehr zu sehen bekam als irgendwelche Videos.«
»Und darüber entscheidet ein Ausschuss?«, fragte Mitch und wandte sich Eileen zu.
»Es war mir zuviel, all das ganz allein auf meinen Schultern zu tragen«, bekannte Eileen. »Wir haben ein wunderbares Team. Sehr streitlustig. Und Daneys Geld wirkt Wunder.
Abends gibt’s gutes Bier.«
»Ist Daney hier?«, erkundigte sich Mitch bei Merton.
»Noch nicht. Er ist ein schüchterner Mensch und hasst jegliche Strapazen.« Als eine Böe über das Senkloch hinwegfegte und Sand aufwirbelte, duckten sie sich. Merton wischte sich mit einem Taschentuch den Staub aus den Augen.
»Solche Orte mag er überhaupt nicht.«
Das riesige mit Büschen getarnte Netz flatterte so heftig in der Brise des Nachmittags, dass trockene Zweigreste und Blätter auf sie herabsegelten, als sie gebückt in die Grube stiegen.
Durch die Maschen drang Sonnenlicht und bildete an manchen Stellen helle Flecken. Der L-förmige Aushub erstreckte sich über zwölf Meter nach Norden und bog hinten im rechten Winkel nach Osten ab. Auf einer Stahlleiter kletterten sie die vier Meter bis zum Boden hinunter.
Quer über die Grube lagen im Abstand von jeweils zwei Metern Aluminiumträger. Innerhalb des Aushubs gab es Erhöhungen, die wie kleine Mesas, Tafelplateaus im Mini-Format, aussahen und mit Gitterrosten abgedeckt waren. An manchen der Aluminiumträger oberhalb der Mesas waren weiße Kästen mit Objektiven und anderen Gerätschaften befestigt, die unten daraus hervorlugten. Mitch sah zu, wie das Gerät in seiner unmittelbaren Nähe langsam ein paar Zentimeter nach rechts glitt und zu summen begann.
»Ein Scanner, der durch die Schichten dringt?«, fragte er.
Eileen nickte. »Inzwischen haben wir den meisten Schlamm abgekratzt und dringen mit dem Scanner durch die letzte Schicht fester Lavaasche. Wir können etwa sechzig Zentimeter weit hineinsehen.« Sie ging ihm voraus.
Die Nissenhütten – Wellblech und einige Lagen milchig-trüben Fiberglases auf halbrunden Holzbalken – beschirmten das gesamte L. Das Fiberglas ließ das Sonnenlicht hindurch.
Über ebenen, festen Sandboden, auf dem hier und da Flusskiesel verstreut waren, gingen sie zwischen den hohen, unregelmäßig geformten Seitenwänden hindurch. Eileen ließ Mitch den Vortritt, als sie an der linken Seite eines kleinen Tafelplateaus in die Erde geschlagene Stufen erklommen.
Auch über dieser Bodenerhöhung waren zwei Scanner installiert.
»Ich traue mich nicht, unter diesen verdammten Dingern hindurchzugehen«, sagte Eileen. »Hab schon genug blaue Flecken.«
Mitch kniete sich neben das kleine Tafelplateau, um sich die verfestigten Schichten von Schlamm und Asche anzusehen, die von Sand und Schlick überdeckt waren. Er konnte förmlich vor sich sehen, wie ein Regen von Lavaasche – Tephra –
niedergegangen war, gefolgt von einem Lahar, einem rasanten, heißen Schlammstrom aus Asche, Erde und Schmelzwasser.
Der Sand und der Schlick waren erst im Laufe der Zeit hinzugekommen. Am Boden der Mesa entdeckte er weitere, sich abwechselnde Schichten von Asche, Schlamm und Ablagerungen des Flusses. Was daran abzulesen war,
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