Die Datenfresser
wurde, halten solche Aufmerksamkeitswellen nur kurze Zeit an. Nach zwei Wochen spätestens ist etwas anderes interessanter geworden, nach vier Wochen kann sich kaum noch jemand erinnern. Der Schaden entsteht meist an der eigenen Psyche, weswegen das beste Mittel in einer solchen Situation wohl ist, für ein paar Wochen komplett offline zu gehen und sich dieser Welle der Belustigung und Schadenfreude nicht auszusetzen. Juristische Versuche, etwas, das viral geworden ist, einzudämmen oder einzugrenzen, führen in der Regel nur noch zu mehr Aufmerksamkeit und verschlimmern das Problem.
Freunde und Facebook-»Freunde«
Häufig genug treten Probleme mit kompromittierenden oder anderweitig unangenehmen Informationen oder Bildern jedoch im Kreis der Freunde, Bekannten und Kollegen auf. Besonders oft werden gerade in den USA Bilder oder Nachrichten aus sozialen Netzen für Scheidungsverfahren herangezogen. In einigen Bundesstaaten verschlechtert der Nachweis einer außerehelichen Affäre die Chancen des Betroffenen bei der Scheidung deutlich. Schon die Mitgliedschaft in Flirt-Plattformen oder die Signalisierung der Bereitschaft für Flirts im eigenen Profil hat sich in Scheidungsstreits negativ ausgewirkt.
Auch Facebook-Nachrichten über Einkäufe oder Aufenthaltsorte, die Hinweise auf finanzielle Gegebenheiten enthalten, die nicht mit den offiziell gemachten Angaben zusammenpassen, werden gern vor Gericht angeführt. Der Trend geht mittlerweile so weit, daß Ausdrucke solcher Webseiten gelegentlich auch gefälscht werden, in der Hoffnung, daß der Richter dem Prozeßgegner nicht glaubt.
Die Risiken, sein ganzes Leben online zu dokumentieren und speichern zu lassen, sind heute noch für niemanden in ihrer langfristigen Dimension überblickbar. Grundsätzlich gilt, daß man nie wissen kann, ob nicht ein einmal online publiziertes Foto – auch wenn es nur für die Freunde sichtbar war – nicht doch von jemandem gespeichert oder weiterkopiert wurde. Im Zweifel gilt der Grundsatz, daß nur die Bilder, die gar nicht gemacht, zumindest aber nicht hochgeladen werden, auch nicht mißbraucht werden können. Nicht bei jeder sich bietenden peinlichen oder intimen Gelegenheit muß man auf den Auslöser drücken, und wenn doch fotografiert wurde, sollte man sich genau überlegen, ob man den Datenschutzversprechen des Bilderdienstes vertrauen kann.
Die Auflösung des Begriffs »Freund« durch Facebook, wo viele Nutzer einfach jeden Bekannten als »Freund« in die Tiefen ihres Profils und ihre Bildersammlungen schauen lassen, trägt ein übriges zur Unsicherheit bei. Daß man nun jedem, den man mal flüchtig getroffen und daraufhin der »Freunde«-Sammlung hinzugefügt hat, alle seine Aktivitäten sehen lassen und damit auch die Möglichkeit geben will, alle im eigenen Profil abgelegten Daten für seine eigenen Zwecke zu kopieren und zu archivieren, ist wohl eher fragwürdig. Es empfiehlt sich also, die Privatsphäre-Einstellungen sorgsam vorzunehmen.
Wolkiges Gedächtnis
Immer mehr Unternehmen verlagern Teile ihrer Arbeitsumgebung ins Netz oder sammeln Nutzerdaten nicht mehr selbst, sondern beauftragen damit Firmen. Ein Trendsetter, der die Möglichkeiten dazu bietet, ist das US -amerikanische Unternehmen Salesforce.com, das damit groß wurde, ein »Software als Service« genanntes Geschäftsmodell auf den Bereich Kundenverwaltungssoftware anzuwenden.
Salesforce bietet ein komplettes Paket der Verwaltung von Kundendaten, inklusive der Aufzeichnungen aller Kontakte, dem Verfolgen von Vertriebschancen, der Berechnung von Verkaufswahrscheinlichkeiten und Provisionen für Unternehmen an. Gezahlt wird pro Benutzer, die Daten werden in den Salesforce-Rechenzentren gespeichert. Das Unternehmen sammelt diese wichtigen Daten also nicht mehr selbst, sondern delegiert die heikle Aufgabe an einen Dienstleister.
Dieses Schema wiederholt sich zunehmend. Der Betrieb von Servern und Sicherheitskopiersystemen hat seinen Preis und ist vor allem personalintensiv, darum wird er gern an externe Dienstleister delegiert. Die engagierten Dienstleister fassen ihrerseits immer mehr Kunden in ihren Rechenzentren zusammen, die Infrastruktur wird geteilt und dadurch billiger. Das, was heutzutage gern als »Cloud-Computing« bezeichnet wird, ist nichts weiter als die einfache Anmietung von Computerkapazität und Standardsoftware auf verteilten Servern, die irgendwo auf der Welt in einem großen Rechenzentrum stehen.
Das Anmieten geht schnell, mit ein
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