Die Datenfresser
Wiederholungstäter zu identifizieren und beim nächsten Mal härter bestrafen zu können.
Gerade in den Städten war vor der Einführung von Ausweisen die Chance gering, einen Karrierekriminellen oder notorischen politischen Oppositionellen wiederzuerkennen. Das war eigentlich nur dann möglich, wenn einer der Polizeioffiziere glaubte, eine bestimmte Person wiederzuerkennen und vielleicht noch Zeugenaussagen zu Verdächtigen in anderen Fällen ihr zuordnen zu können. Mit der Verbreitung der Fotografie wurde die zuvor nur auf Steckbriefen zur Ergreifung aufsehenerregender Krimineller genutzte bildliche Darstellung des Gesuchten nach und nach zur Normalität. Flächendeckend eingeführte Lichtbildausweise und Reisepässe machten sich die Fähigkeit des Gehirns zunutze, Menschen auch dann wiederzuerkennen, wenn sich ihr Äußeres leicht verändert. Größe, Augenfarbe, Geschlecht, Nationalität, Haar- und Hautfarbe wurden erfaßt und im Paß vermerkt.
Der Körper jedes Menschen ist ebenso wie seine Bewegungen so individuell wie sein Geist und sein Charakter. Erbanlagen und deren Ausprägung, Einflüsse im mütterlichen Bauch, seine Umwelt und sein Verhalten bestimmen, wie sich seine Statur, sein Gang, sein Gesicht, seine Augen, die Form seiner Ohrmuscheln, die Muster seiner Fingerabdrücke, die Iris seiner Augen, das Muster der Venen in seiner Handfläche und Hunderte andere Teile seines Körpers entwickeln. Vieles davon ist Veränderungen über längere Zeit unterworfen, aber einige dieser Merkmale sind zumindest für einige Jahre relativ stabil. Die Fingerabdrücke etwa bleiben über viele Jahrzehnte nahezu gleich, nur Hautkrankheiten und Alter verändern sie schließlich. Langzeitstabilität ist ein besonders wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, welches der zahlreichen biometrischen Merkmale man zur Identifizierung heranzieht.
Doch auch über Jahrzehnte stabile Merkmale bereiten vielen Menschen durchaus relevante Probleme hinsichtlich medizinischer Informationen, die sich daraus ersehen lassen. So können Gesichter ungewollt Auskunft über Krankheiten geben. Anhand von Irisbildern lassen sich etwa bestimmte Stoffwechselkrankheiten automatisiert erkennen – eine Information, die natürlich niemanden außer den Betroffenen und seinen Arzt etwas angeht. Das überrascht nicht, da in der Biometrie von jeher Fragestellungen der Biologie und Medizin untersucht wurden.
Die Idee, an automatisierten Systemen körperliche Merkmale zur Authentifizierung zu nutzen, ist schon einige Jahrzehnte alt. Zuerst wurden frühe technische biometrische Systeme in Hochsicherheitsbereichen eingesetzt, wie etwa beim Zugang zu Atomanlagen. In der Filmkultur regten solche Systeme schon seit langem die Phantasie der Drehbuchschreiber und Filmemacher an. Seit den 1970er Jahren finden sich immer wieder Szenen, in denen die Aktivierung von Atomwaffen per Iris-Erkennung oder der Zugang zum Geheimbunker per Stimmerkennung oder Handabdruck gezeigt werden.
Die technisch unterstützte Verwendung der Biometrie wird filmisch überwiegend als die ultimative Sicherheitsmaßnahme dargestellt – das offenbar hochsichere System, das man einsetzt, um Atomwaffen zu sichern. Nur James Bond ist in der Lage, es zu überwinden – und das gleich in mehreren Filmen. In der Realität waren allerdings gerade die frühen biometrischen Systeme eher störanfällig und viel zu teuer und die Atomwaffen über viele Jahre mit schlichten Zahlencodes gesichert.
Mit dem Fortschritt der Technik wurde es schließlich möglich, einige der Visionen in die Realität umzusetzen. Fingerabdruckleser sind beispielsweise billig zu erstehen, dadurch wird der Biometrieeinsatz für jedermann erschwinglich. Körpermerkmale wie Fingerabdrücke dienen als Paßwortersatz an Computern, sie fanden ihren Weg in Türschlösser und auch in die Reisepässe. Andere Formen der Biometrie als die Gesichts- und Fingerabdruckerkennung zur Zugangskontrolle sind immer noch esoterisch. Die Handvenen- oder die Iriserkennung kennen die meisten Menschen bisher nur aus Filmen, sie finden aber nach und nach ihren Weg in die Breitenanwendung.
Die Möglichkeit der Identifizierung von Menschen anhand des Musters der Iris des Auges ist schon lange bekannt. Bis vor kurzem war jedoch die technische Umsetzung eher problematisch. Der Eintrittswillige mußte sein Gesicht präzise positionieren und ruhig in die Kamera blicken, seine Augen dabei gut beleuchtet sein. Seit kurzer Zeit gibt es jedoch Systeme,
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