Die Dawson Brüder - Gefährliches Spiel
sicher nicht noch einmal da runtergehen. Und überhaupt setze ich nie wieder einen Fuß in dieses verdammte Schloss.«
Sie wusste, dass ihre schroffe Antwort gegenüber Eric ungerechtfertigt war, denn der konnte nun wirklich nichts für ihre Situation. Doch sie fühlte sich in diesen Mauern unwohl und wollte so schnell wie möglich von hier verschwinden.
»Darf ich wenigstens noch Ihre Stirn verarzten?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Sarah knapp. Auf seinen überraschten Gesichtsausdruck hin sagte sie. »Entschuldigung. Ich bin Ihnen für Ihre Gastfreundschaft wirklich dankbar, aber ich werde jetzt gehen.«
Sie wartete seine Antwort erst gar nicht ab, sondern machte auf dem Absatz kehrt und lief Richtung Eingangshalle. Sie hörte Erics Schritte hinter sich und lief umso schneller. Als sie um die Ecke bog, stieß sie mit Samuel zusammen. Das Erste, was ihr auffiel, war sein süßes Parfum. Es roch dem im Kerker sehr ähnlich. Das Zweite war sein unheimlicher Gesichtsausdruck. Sie wusste nicht, ob er ihr galt, aber sein Blick hatte einen beklemmenden Ausdruck. Als hege er finstere Gedanken. Langsam wich sie zurück und Samuel folgte ihr, die dunklen Augen auf sie gerichtet. Er blieb stehen, als Eric an ihrer Seite erschien.
»Samuel«, sagte Eric und vielleicht bildete sie es sich nur ein, aber seine Stimme schien einen drohenden Unterton angenommen zu haben. »Wie es aussieht, habe ich sie vor dir gefunden.«
Samuel starrte zu ihr herunter, dann rauschte er ohne ein weiteres Wort an ihnen vorbei. Sarah sah ihm verwirrt nach.
»Wir haben gewettet, wer dich zuerst findet«, erklärte Eric mit einem entschuldigenden Lächeln. »Und er verliert nicht gerne.«
Sie liefen zur Eingangshalle.
»Dann bin ich ja froh, dass Sie mich zuerst gefunden haben.«
Eric sah zu ihr herunter. »Macht er Ihnen Angst?«
»Irgendwie schon«, gab sie zu. Er schmunzelte, als habe er die Antwort schon oft gehört. Als sie die Schlosstür erreichten, sagte er: »Was heute geschehen ist, tut mir leid. Sie sollen wissen, dass Sie hier ein gern gesehener Gast sind und es Ihnen jederzeit frei steht, uns zu besuchen. Und wenn Sie etwas auf dem Herzen haben, rufen Sie mich an.«
Er drückte ihr eine Visitenkarte in die Hand und öffnete die Tür.
»Danke«, sagte Sarah und nahm das Kärtchen entgegen. Sie antwortete bewusst nicht auf seine Einladung, denn sie war nicht sicher, ob sie überhaupt jemals wieder hierher kommen würde.
»Soll ich Sie zum Hotel bringen? Es wird gleich dunkel und ich kann Sie mit dem Golfwagen mitnehmen?«
»Das ist nicht nötig. So weit ist es ja nicht«, winkte sie freundlich ab. Sie wandte sich zum Gehen, als er ihre Hand ergriff und sie mit einem Handkuss verabschiedete. Dann verbeugte er sich und ließ sie gehen.
Während Sarah durch den Wald lief, warf sie immer wieder verstohlene Blicke zum Schloss zurück. Einerseits, weil sie sich beobachtet fühlte und andererseits, weil sie nicht wusste, wie sie mit den heutigen Ereignissen umgehen sollte. Allein der Gedanke war schon völlig absurd, aber langsam glaubte sie wirklich, dass es dort spukte. Sie bekam eine Gänsehaut, als sie an das Knarren im Eingangsbereich und an den unheimlichen Atem im Kerker dachte. Sie fürchtete sich nicht im Dunkeln und sie litt auch ganz sicher nicht an Wahnvorstellungen. Was in diesem Schloss geschehen war, hatte sie sich definitiv nicht eingebildet. Und dann dieser Samuel. Warum roch er nach demselben Parfum, wie im Kerker? Was hatte er dort unten überhaupt verloren und warum benahm er sich ihr gegenüber so eigenartig?
Sarah war so sehr in ihren Gedanken vertieft, dass sie gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Als sie auf die Veranda des Hotels trat, war ihr, als wären nur Minuten vergangen. Im Apartment angekommen, stellte sie sich sofort unter die Dusche. Denn in den Kerkern hatte sie sich nicht nur blaue Flecken, sondern auch jede Menge Dreck eingefangen. Und wie kam Eric überhaupt darauf, ihr weismachen zu wollen, sie wäre länger als ein paar Minuten dort unten gewesen? Sie musste es doch am besten wissen, oder nicht? Vielleicht war sie eingeschlafen und hatte die Zeit vergessen, überlegte sie. Das wäre die einzig mögliche Erklärung. Andererseits konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb sie dort unten ein Nickerchen hätte halten sollen. Sie trocknete sich ab, zog ein Nachthemd über und ging zur Minibar. An ihrem ersten Tag hatte sie eine ganze Packung belegter Sandwiches gesehen.
Weitere Kostenlose Bücher