Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
erst einmal für heute, Marie. Aber wir haben sicher noch Fragen an dich. Wenn dir etwas einfällt, rufst du mich einfach an, ja?«
Lene schrieb ihre Telefo nnummer auf einen Notizzettel. »Oder du kommst an meinem Caravan vorbei. Jederzeit. Du darfst mich auch wecken, wenn es nachts ist.«
Irgendwie schien das Marie zu erleichtern. Sie atmete auf, faltete den Zettel sorgfä ltig und steckte ihn in ihr Portemonnaie. Da fiel Lene noch etwas ein. »Ach ja, kannst du mir noch die Handynummer von Brigitte geben? «
Draußen auf dem Flur traf sie Re naud, der gerade Philippe an einen Kollegen weiterreichte.
» Die vier sollten noch in der Erkennung ihre Fingerabdrücke hinterlassen – zum Abgleich mit denen im Caravan.« Er nickte Marie beruhigend zu. »Nur damit wir herausfiltern können, ob jemand Fremdes seine Abdrücke dort hinterlassen hat. Ihr ward doch sicher einmal im Caravan des Opfers?«
Er verabschiedete sich von Philippe, fast freundschaftlich, schien es ihr. Dann fragte er sie »Kaffee?« und als Lene nickte, steuerte er sie zu dem Kaffeeautomaten in einer etwas verborgenen Ecke. Dort standen auch zwei Kunststoffsessel im Stil der Fünfziger Jahre. Als Lene sich setzte, bemerkte sie, dass er auf eine liebenswert altmodische Art darauf gewartet hatte, bis auch er Platz nahm.
» Wie ist es bei Ihnen gelaufen?« fragte er, sie mit seinem Blick fixierend.
» Hier ist erst einmal Brigittes Handynummer. Wie es gelaufen ist? Ich glaube, es gibt da noch ein anderes Thema außer Liebe, Freundschaft und Eisverkauf. Wir werden darauf achten müssen. Meine Intuition sagt mir, dass es etwas Wichtiges sein müsste. Und Sie, was haben Sie herausgefunden?«
Renaud berichtete lebhaft und ausführlich von seinem Gespräch mit Philippe. Die Einzelheiten in Bezug auf die Freundschaft mit Brigitte, ihre vielen gemeinsamen Unternehmungen und auch der Beginn der Bekanntschaft mit Jean-Pierre – alles stimmte mit Maries Angaben überein. Ohne dass es so wörtlich war, dass man an eine Absprache hätte denken können. Bei Philippe war dies seltsame Gefühl in Bezug auf ein Geheimnis zwischen Jean-Pierre und Brigitte allerdings nicht aufgekommen. Das könnte aber auch an der männlichen Wahrnehmung liegen, dachte Lene innerlich grinsend. Sagte es aber lieber nicht laut. Männliche Kollegen hatten da nicht immer den gleichen Humor wie sie.
Sie beschlossen die Befragung von Jean-Pierre gemeinsam durchzuführen. Als sie in Renauds Zimmer traten, erhob sich der Polizist, der sich in angeregtem Gespräch mit seinem Gegenüber befunden hatte.
» Na, worüber haben Sie sich denn so temperamentvoll ausgetauscht?«, fragte der Kommissar jovial.
» Monsieur kommt aus derselben Region wie ich und kennt einige Leute aus meinem Dorf. Da hatten wir natürlich ziemlich viel Gesprächsstoff. Kann ich jetzt gehen?«
» Wo ist das denn, wo Sie herkommen?«
» Oh, aus St Martin-de-Londres.«
Vor Lenes Augen blitz te kurz das Bild eines kleinen roten Katers auf dem Dorfplatz von St Martin-de-Londres auf. Und die Erinnerung an eine Hochzeit in der Kathedrale.
Dann war da wieder Jean-Pierres Stimme. »Kennen Sie es?«
A ls der Kommissar verneinte, beschrieb er die Schönheit seines Dorfes, in etwa 30 Kilometer hinter Gignac , schon in den Bergen, gekrönt von einer beeindruckenden Kirche aus dem 11. Jahrhundert. »Sie gehörte zu der Abtei von Saint-Guilhem-le-Désert.«
Als er die Kirche b eschrieb, leuchteten seine Augen vor Enthusiasmus.
» Sie ist so dunkel, wenn man sie betritt. Es fällt kaum Licht herein durch die hoch oben sitzenden und kleinen Buntglasfenster, die die Geschichte von St Martin darstellen. Die Dunkelheit hüllt einen ein. Und dann, wenn man das Licht anmacht, die überwältigende Strenge und Eleganz der Konstruktion, das Mauerwerk aus rauem, hellen und goldenen Kalkstein.«
Jean-Pierre stockte, sein schöner Mund schloss sich abrupt.
» Entschuldigen Sie, Bauwerke wie unsere Kirche sind meine Leidenschaft. Aber deshalb bin ich ja nicht hier! Fangen Sie an«, bat er.
Der Kommissar besänftigte ihn. »Nein, nein, das interessiert uns auch. Hat diese Begeisterung etwas mit Ihrem Studium zu tun? Studieren Sie Architektur?«
» Nein, Kunstgeschichte. An der Universität von Montpellier. Ich bin nur jetzt hier unten am Meer und verdiene mir das Geld für das nächste Semester.«
Renaud nickte, sah ihn dann von unten an und schoss seine Frage ab.
»Und Brigitte Melzer? Seit wann kannten Sie sie?«
Jean-Pierre
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