Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)
Dank nicht auffiel.
Wie lang lief dieses gottverdammte Lied denn noch?
Wann konnte ich endlich aufhören, mich zum Affen zu machen?
Doch dann sah ich zu Tanja.
Und sie lächelte mich an.
Nein, sie strahlte! Sie leuchtete, funkelte, glitzerte!
Und plötzlich war es völlig wurscht, ob die anderen über mich lachten oder nicht. Ich fühlte mich gut. Hey, ich tanzte mit Tanja!
Wir tanzten gleich drei Stücke durch. Nach Crocodile Rock kam Nutbush City Limits von Ike und Tina Turner und dann irgendetwas von Status Quo . Ich hab den Titel vergessen, aber bei den Jungs klang ja eh jeder Song gleich. Erst danach kehrten Tanja und ich zu unserer Cola zurück, die mittlerweile warm geworden war.
»Mir ist heiß«, sagte Tanja und ging auf den Ausgang zu. Ich folgte ihr. Wir standen für ein paar Minuten vor der Tür, wo es angenehm kühl war. Ich wollte gern ein Gespräch beginnen, aber ich hatte Angst, etwas Falsches zu sagen.
»Ich fand’s toll, dass du mich angerufen hast«, sagte Tanja irgendwann, weil sie es wohl leid war, auf einen Einsatz von mir zu warten.
»Ich fand’s toll, dass du gekommen bist«, lächelte ich.
Wir redeten noch eine ganze Weile. Ich wusste ja gar nichts über Tanja, außer, dass ich eben in sie verliebt war. Sie hatte ein Pferd – eine schlimme Mädchenmacke –, und im Urlaub war sie deshalb immer auf dem Reiterhof. Sie hatte eine Schwester, die schon älter war und bald ausziehen würde. Sie mochte die Bücher von Marie Louise Fischer und fand David Cassidy ganz toll. In zwei Wochen würde ihr lebensgroßer Cassidy-Starschnitt aus der Bravo komplett. Ich erzählte auch ein bisschen: dass ich mal Reporter werden wollte, oder sogar Schriftsteller, dass ich alle Rick Master -Comics hatte, die je erschienen sind, dass ich sonntags immer ins Kino ging.
»Da könnte ich ja mal mitkommen«, sagte Tanja.
»Au ja«, sagte ich.
Als wir wieder in den Tanzraum kamen, lief gerade Cat Stevens’ Morning Has Broken , die Mutter aller Schmusestücke! Ich spürte eine leichte Panik aufkommen, aber Tanja zog mich einfach auf die Tanzfläche und drückte sich an mich. Wir machten Engtanz! Wow! Ich spürte ihren Busen auf meiner amerikanischen Flagge und betete, dass sie nicht spürte, was das bei mir bewirkte. Aber wenn sie es tat, dann störte es sie nicht: Sie hatte ihren Kopf auf meine Schulter gelegt und atmete mir warm und feucht auf den Hals.
Aus den Augenwinkeln sah ich plötzlich Susann vorbeilaufen, ganz schnell, sogar ein paar Leute anrempelnd, und dann Sven, der ihr aufgeregt hinterhereilte.
Als das Lied zu Ende war, sagte ich zu Tanja, dass ich mal aufs Klo gehen würde, und sah vorsichtig in den Flur: Dort saß Susann auf einer Bank und weinte. Sven hielt sie ihm Arm und tröstete sie. Ich hatte keine Ahnung, worum es da ging, beschloss aber, dass sich Sven schon um sie kümmern würde. Ich wollte zurück zu Tanja und mir auf den Hals atmen lassen!
* * *
»Er ist so gemein!«, schluchzte Susann.
Sven schüttelte den Kopf und verteidigte seinen Freund: »Piet hat doch keine Ahnung.«
Susann schluchzte. »Klar hat der ’ne Ahnung! Der ist doch nicht blöd! So wie ich ihn immer angucke!« Und dann verzog sie das Gesicht, so dass sie richtig angeekelt aussah. »Tanja! Tanja!«, quakte sie, »Immer nur Tanja! So eine blöde Kuh!«
Sven musste lächeln. Susann tat so, als ob Piet die ganze Zeit nur von Tanja geredet und geschwärmt hätte, aber das stimmte ja gar nicht. Piet wurde schon rot, wenn man ihren Namen nur erwähnte. Ganz abgesehen davon fand Sven, dass Tanja nett war. Ziemlich hübsch und recht normal. Nicht so eine Pute. Er pulte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und reichte es Susann, die sich schnäuzte.
»Ich glaube, du musst Piet etwas deutlicher zeigen, dass du ihn liebst. Der kapiert das sonst nicht. Am besten, du sagst es ihm ganz direkt.«
Susann drehte sich Sven zu und starrte ihn an: »Bist du verrückt! Mädchen sagen so was nicht! Das muss der Junge machen!«
Sven zuckte mit den Achseln. Er kapierte diesen ganzen Kram nicht. Er hatte noch kein Mädchen gesehen, das irgendetwas bei ihm hervorrief. Auch Susann nicht, die seine beste Freundin war, mit der er total gern quatschte und die er richtig lieb hatte. Aber auch Susann hätte er nicht küssen wollen. Er fand die Vorstellung absurd.
»Vielleicht solltest du ihn eifersüchtig machen«, schlug Sven vor. Er war sich nicht sicher, ob das tatsächlich eine gute Idee war, aber so machten es die Frauen
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