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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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einen langen Streif grasbewachsener Erde auf, doch so dass er an beiden Enden am Grunde hängen blieb. In der Mitte wurde durch einen untergestellten Spies der Wasen in die Höhe gehoben. Unter diesen Wasen traten sie, jeder stach oder schnitt sich in die Fusssohle oder inwendige Hand, das herauslaufende und zusammenfliessende Blut mischte sich mit der Erde. Dann fielen sie auf die Kniee nieder und riefen die Götter als Zeugen an, dass sie einer des andern Tod wie Brüder rächen wollten. Aehnlich legte sich bei Völkern der Schwörende Erde oder Rasen auf das Haupt.
    Die Uebergabe eines Gutes erfolgte, bei den Alten dadurch, dass man dem neuen Besitzer ein Stück Rasen oder eine Erdscholle überreichte und der Besiegte bot zum Zeichen seiner Unterwerfung Erde und Wasser dar. Noch in später christlicher Zeit nahm man vor dem Beginn der Schlacht oder bei unversehens nahendem Tode, wenn kein Priester da war, den Leib des Herrn zu spenden, Erdbrosamen statt der heil. Wegzehrung, ohne allen Zweifel ein altheidnischer Gebrauch, von dem die Kirche nie nur die geringste Notiz nahm. Ursprünglich gab man sich dadurch, dass man also die heilige Erde in sich aufnahm, der Mutter Erde gleichsam zu eigen. Uebersetzung der genommenen Erde in des Herren Leib lag einem eben bekehrten Volke sehr nahe, da einestheils der Augenblick, worin man die heilige Communion empfing, übereinstimmte, anderntheils man in der Erde den alten Riesenleib sah, wie im Abendmahl den Leib des menschgewordenen Gottes.

Bäume und Thiere. 85
    Balder vor dem Tode zu sichern nahm seine Mutter allen Wesen, den Thieren sowohl wie den uns leblos scheinenden Pflanzen, Steinen u. a. Eide ab, dass sie dem liebsten ihrer Söhne nicht schaden wollten; und als er der Falschheit Lokis erlegen war und Hellia verlangte, dass alle Wesen um ihn weinen sollten, da trauerten sie alle, Thiere wie Pflanzen, Wasser und Erde, Feuer und Steine. Wir sehen daraus wie das Alterthum alle Wesen nicht nur für belebt hielt, sondern ihnen auch Sinn und Empfindung zuschrieb. Besonders war dies der Fall mit den Thieren, die wir vielfach in der Fabel wie im Märchen gleich Menschen redend, denkend und handelnd erblicken, mit den Bäumen und andern Pflanzen. In beides, in Thiere und Pflanzen verwandelten sich Menschen und Götter, denn das Fluggewand z. B., welches wir Göttern, Helden und weisen Frauen zugeschrieben sehen, ist nichts, als die Verwandlung in einen Schwan; auch die Geister, die Elemente selbst nahmen häufig Thierformen an. Die Verehrung, welche man diesen Wesen zollte, galt also ursprünglich nicht ihnen selbst, sondern den höhern Wesen, von denen sie belebt oder bewohnt gedacht wurden. Später mag dieses höhere Wesen hinter der von ihm angenommenen Form verschwunden sein.
    Ausser diesen göttlich verehrten Bäumen, Pflanzen und Thieren gib es andere Wesen, die einer einfachen Art von Verehrung genossen und zwar, weil sie als den Göttern besonders angenehm galten, bei den Opfern verwendet wurden und als Attribute der Götter, in deren Geleit erschienen. Diese fallen mit jenen oft zusammen, es ist oft kaum zu unterscheiden, zu welcher Klasse man einzelne solcher Wesen zählen soll.
    Von heiligen Wäldern und Bäumen war schon mehremal die Rede, einzelne der letzten wurden bereits genannt. Die Vernichtung solcher Bäume machte den Bekehrern viel zu schaffen, denn trotz alles Eiferns gegen deren Cultus fuhr das Volk fort, denselben zu opfern, Lichter unter ihnen anzuzünden, sie zu schmücken und andern Aberglauben zu treiben, und bis heute dauern noch viele dahin gehörende Gebräuche unter uns fort.
    Einer der am höchsten verehrten Bäume war die Eiche , nächst ihr kam die Linde , die wie eine schützende Macht in jedem Dorfe, bei jeder Burg gefunden wird. Glück und Heil der Bewohner ist an sie geknüpft, wächst und schwindet mit ihr; als die Linde im Schlosshofe der Burg Schellenberg verdorrte, da stürzte das Schloss nach und nach zusammen, und als nichts mehr von diesem übrig war, warf der Sturm auch den dürren Stamm zu Boden. Die Esche war heilig, denn der Weltbaum ist eine Esche und aus zwei Eschen wurden die ersten Menschen geschaffen. Mit der Frau Hasel führen unsere Volkslieder Gespräche, und bevor man von dem Hollunder Holz schnitt, bat man ihn mit gebogenen Knieen, entblösstem Haupt und gefaltenen Händen zuvor um Erlaubnis. Dem Holzhauenden ruft aus dem Baum eine Stimme entgegen: Wer Haspelholz haut, der stirbt, und wenn einer die Erle haut, so

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